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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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behalten. Wie
steht’s damit?« Er rüttelte mich am Arm.
»Entwicklung im Geheimen. Um Christi willen, die Nation mit
einem Vorrat junger Männer, die allen übrigen um zehn Jahre
voraus sind, das wäre ein verteufelter Vorteil.«
    »Was für ein Chauvinismus…«
    Aber ich war halb eingeschlafen, und er achtete klugerweise nicht
auf meine Worte. Wenn mich die Jahre des
Bevölkerungsrückgangs etwas gelehrt hatten, dann, daß
es Dinge gab, die Männer unleugbar besser konnten als Frauen.
Und diese Dinge waren nicht allesamt schlecht. Spielen, zum Beispiel.
Männer bauten die besten Drachen. Sie wußten, was
Spaß macht.
    »Also schön, das Ministerium könnte ein derartiges
Unternehmen kaum so lange unter der Decke versteckt halten. Aber
selbst ein Beginn in einem oder zwei Jahren wäre etwas wert.
Und, Harriet, wir sprechen hier von Leuten, die aus einem Sinn
für patriotische Pflichterfüllung heraus handeln.
Rechtschaffenheit. Und das zählt mehr als jede Anzahl von Annies
oder Elvisses.«
    Er hatte mich aufgeweckt. Erneut erschrocken setzte ich mich auf
und suchte nach Gründen, nicht erschrocken zu sein.
»Zunächst müßten sie ein komplettes Programm mit
schwangeren Versuchspersonen durchführen.«
    »Kein Problem. Und es liefe geheim ab, also könnten sie
Gesundheit und Sicherheit links liegenlassen. Es würde nicht an
Freiwilligen mangeln.«
    Die Sache nahm allmählich Gestalt an. »Sie haben die
Daten nicht«, protestierte ich. »Nichts über die
Einzelheiten der Therapie. Da steckt mehr hinter, als einfach eine
Pille einwerfen. Und sie haben keine Testergebnisse bei den
Primaten.«
    »Mehr haben sie nicht? Woher können wir das
wissen?«
    »Weil ich ihnen in meinem Antrag nicht mehr geliefert habe.
Der Rest ist entweder hinter Schloß und Riegel oder auf dem
Computer, und der Zugriff erfolgt nur unter meinen Augen.«
    »Schloß und Riegel? Nur unter deinen Augen? Deinen
Augen und wie vielen sonst noch? Sei ehrlich, Harriet –
Sicherheit im Zentrum ist ein Witz.«
    »Blödsinn. Ich bin kein Kind, Mark. Ich kenne mich in
Industriespionage aus. Nur Leute, denen ich vertraue, kennen Codes
und Kombinationen.«
    »Und wie viele sind das? Sechs? Sechzig?«
    Ich überlegte. »Vier. Enge Kollegen. Freunde. Die vier,
die ihre Jobs ansonsten nicht richtig erledigen könnten.«
Ich zählte sie an den Fingern ab. »Meine Projektleiterin,
der Labormanager, Karen, der die Klinik untersteht, Liesl,
die…«
    »Das waren die Leute in den guten alten Zeiten. Jetzt jedoch,
Harriet, ist alles anders geworden. Zum einen ist die Entscheidung
über die Veröffentlichung deiner Ergebnisse mehr oder
minder auf Eis gelegt, also – ob du ihnen nun vertraust oder
nicht – brauchen diese Leute sie nicht mehr. Und zum anderen
besteht jetzt die Möglichkeit, daß die Ministerin
persönlich hinter deinen Aufzeichnungen her ist.«
    Ich schob mein Oberbett zurück. Was er sagte, war sinnvoll.
»Also ändere ich die Codes.« Ich packte ihn am Arm.
»Und zwar rasch. Sieh mal, wie schnell Sergeant Milhaus ihre
Kiste durchgezogen hat.«
    »Nichts überstürzen! Wenn du zu spät kommst,
altes Haus, dann kommst du zu spät.« Er beugte sich vor und
stieß mich zurück. »Morgen früh wird’s tun.
Das Ministerium hat gewußt, wie weit fortgeschritten deine
Untersuchungen sind, seitdem du deinen Antrag auf
Veröffentlichung heruntergeschrieben hast. Und das ist Wochen
her.«
    Ich legte mich zurück und ließ mich von ihm beruhigen.
Ich mußte mir wirklich um nichts Sorgen machen. Meine
Aufzeichnungen befanden sich nicht samt und sonders im Institut. Ich
wußte selbst nicht so genau, wo sie sich alle befanden. Ich
hatte Laboranlagen unten bei Brandt gemietet, zum Beispiel, und hatte
noch was in ihren Schränken liegen. Alles von dort
zusammenzusuchen, wo es lag, wäre für sich schon eine
gewaltige Arbeit.
    Meine Gedanken schweiften allmählich wieder ab. Vielleicht
glaubten Mark und ich zu leichtfertig an das Schlechte im Menschen.
Kollegen, Freunde, Politiker – für alle fanden wir gute
Gründe, mich zu übervorteilen, zu belügen und zu
bestehlen. Und vielleicht sogar Gründe zu töten. Aber wenn
wir beispielsweise Sergeant Milhaus betrachteten, dann blieb uns doch
kaum eine Alternative? An Sergeant Milhauses würde es niemals
mangeln, auch nicht an Leuten, die sie beschäftigten.
    Dieser trostlose Gedanke erinnerte mich an etwas. »Mark?
Mark, du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    »Das Risiko für Annie? Um der Freiheit der

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