Messertänzerin
und schüttelte den Kopf, dass die halb befestigten Zöpfe nur so flogen.
»Deshalb doch nicht! Wenn ich eine Dienerin gebraucht hätte, hätte ich nach einer gerufen!« Sie sah Divya in die Augen, und Divya entdeckte darin eine Lebensfreude, um die sie sie beneidete.
»Gestern Abend war ich wieder auf der Agida. Ein letztes Mal!« Sie schaffte es, ihr Strahlen noch leuchtender werden zu lassen. »Und du errätst nicht, wen ich gesehen habe.«
»Den du immer siehst?«
Jo wehrte ab. »Ja! Aber er hatte … in der Hand … so groß, dass er es nicht verstecken konnte …« Sie drehte sich um die eigene Achse. »… ein tragbares Schränkchen!«
Sie funkelte Divya an, platzte geradezu vor Begeisterung. »Ich konnte ihn nicht ansprechen, weil er nicht allein war. Bestimmt jemand von seiner Familie. Er hat Maita mein Hochzeitsschränkchen gebracht!« Sie klatschte in die Hände. »Ich habe dich gestern Abend noch gesucht, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt.«
Divya lachte unter Tränen auf. Jos Traum erfüllte sichwirklich! Sie umarmte ihre Freundin und drückte sie so fest an sich, wie sie konnte. »Dann entschuldige ich mich für alles, was ich über diesen Mann gesagt habe! Bis gerade eben habe ich nicht glauben können, dass es so etwas gibt! Und ich wünsche dir alles Glück der Welt! Dass du bei ihm findest, was du suchst!«
Jolissa schob sie ein Stück von sich und musterte sie mit gerunzelter Stirn. »Das klingt wie ein Abschied. Was ist los? Bei allen Geistern, du siehst schlecht aus!«
Divya nickte und setzte sich auf Jolissas Bett.
»Die heutige Nacht hat alles verändert. Ich weiß jetzt, wer … oder was ich bin. Und ich hätte es schon längst wissen können, wenn ich Sada und den Mädchen genauer zugehört hätte.«
Jolissa setzte sich behutsam neben ihre Freundin, ihre Stirn in Sorgenfalten gelegt.
Divya musterte sie nachdenklich. »Du hast es gewusst?«
»Nein«, wehrte Jolissa ab. »Ich habe etwas geahnt. Weil du diese Lichter sehen konntest … Aber ich konnte doch nicht sicher sein. Und ich wollte dir nicht wehtun.« Sie legte den Arm um sie, aber Divya schüttelte ihn ab.
»Freunde können sich alles sagen, nicht wahr? Du hättest mit mir darüber reden müssen!«
Jolissa wich ihrem bohrenden Blick aus.
»Macht es dir etwas aus? Dass ich eine Tassari bin?«, musste Divya endlich fragen.
Jolissa sah erschrocken auf und ihre Augen wurden feucht.
»Wie kannst du so etwas sagen?«
Divya wehrte ab. »Entschuldige. Ich dachte nur … Maita hat mir erzählt, dass dein Mann keine Tassari in seinemHaus dulden würde. Deshalb hat sie eine Entscheidung getroffen, was meine Zukunft angeht. Ich werde noch heute die Schule verlassen.«
Jolissa sprang auf und umarmte ihre Freundin wieder, diesmal so fest, als könnte sie sie damit festhalten.
»Nein«, hauchte sie in Divyas Ohr.
»Ich werde dich besuchen. Versprochen!«, sagte Divya.
»Nein, du verstehst nicht«, protestierte Jolissa. »Ich werde mit Roc reden. Er ist der liebste, netteste Mann, den es geben kann, und ich kann nicht glauben, dass er dir die Tür weisen würde. Er wird uns verstehen!«
Divya spürte, dass sie gegen Jolissas Optimismus nicht anreden konnte, auch wenn sie ihn nicht teilte. Die Welt war anders, als Jos Träume es ihr vorgaukelten. Wie anders, hatte sie erst heute Nacht im Lager der Tassari gesehen.
»Das wäre schön. Du kannst mir sicher über Maita eine Nachricht zukommen lassen«, sagte Divya, als die Schulglocke zum ersten Mal läutete. »Und jetzt mache ich dir die Haare. Setz dich hin und halt still!«
Jolissa tat es und wischte sich mit der Hand die Tränen ab. Divya reichte ihr ein Taschentuch.
»Wenigstens du solltest heute so glücklich sein wie noch nie im ganzen Leben. Denk an das, was dich erwartet!«
Jolissa nickte und atmete tief durch.
»Erzählst du mir nun alles? Was du über deine Familie erfahren hast? Und was Maita mit dir vorhat?«
Divya konzentrierte sich auf die Haare und wich Jolissas Blick im Spiegel aus, während sie erzählte. Sie wusste, dass die Freundin ihr sonst sofort ansehen würde, wie viel sie ausließ. Sie beschränkte sich auf ihren Weg über die Dächer zu den Tassari, auf Keiroan und Maitas Plan, dasssie auf Festen tanzen solle. Der Name Tajan kam in der Geschichte nicht vor. So wie er auch sonst nicht mehr in ihrem Leben vorkommen würde.
Masken
Es war ein seltsames Gefühl, am helllichten Tag durch ein offenes Fenster in einen Palast einzusteigen. Er war
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