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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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Geheimnis?«
    »Meines ist«, sagte Jolissa mit Verwirrung in der Stimme, »dass heute ein besonderer Tag ist. Mein achtzehnter Geburtstag.«
    »Ich weiß«, flüsterte er von unten.
    In diesem Moment knarrte eine Tür, sehr leise Schritte ertönten auf der Straße. Was folgte, war eine Stille, die schwerer wog als zuvor. Auf einmal raschelte Jolissas Vesséla. Lauter und schneller, als es in der Nacht angemessen war, rannte sie direkt auf Divya zu. Als sie ihre Freundin vor sich sah, hielt Jo inne und starrte sie mit gehetztem Blick an.
    »Maita!«, hauchte sie kaum hörbar. »Die Seitentür! Sie hat Roc gesehen! Und dann mich !«
    Panik leuchtete in ihren Augen, und Divya spürte, wie ihr Blut ebenso heiß in ihren Adern rauschte. Wenn Maita wusste, dass Jolissa so kurz vor ihrer Heirat mit einem Mann auf der Straße sprach … selbst wenn es der richtige Mann war, konnten diese gestohlenen Minuten ihren Lebenstraumvernichten. Aber wie viel hatte die Schulleiterin gesehen?
    Im Hof schlug eine Tür zu, und Divya hörte gleich darauf am leisen Knarren der Agida, dass jemand den Holzsteg betrat. Jemand, der eilig näher kam!
    »Zieh deine Vesséla aus!«, befahl Divya atemlos.
    Jolissa öffnete den Mund, aber Divya hielt ihn zu. »Wenn du ihn heiraten willst, dann tu, was ich dir sage!«
    Noch immer verblüfft bemühte sich Jolissa, so schnell wie möglich aus dem Kleidungsstück zu steigen, während Divya mit fliegenden Fingern die Knöpfe löste. Die letzten riss sie einfach ab.
    »Am Ende der Agida ist ein Loch. Zieh dich dort hoch und geh aufs Dach«, zischte Divya. Sie wusste, dass Jolissa das noch nie getan hatte, aber im Unterkleid war es gar nicht so schwer – zumindest, wenn man keine Zeit hatte darüber nachzudenken.
    Jolissa war der Ernst der Lage zum Glück klar. Hastig lief sie davon, während Divya in entgegengesetzter Richtung die Agida entlangging, wo sie prompt an der nächsten Ecke auf die Schulleiterin traf.
    »Wo ist sie?«, knurrte Maita, während sie versuchte an Divya vorbeizukommen, die sich ihr immer wieder ungeschickt in den Weg stellte.
    »Sie? Wen meint Ihr?«
    Maita stieß sie beiseite und stieg gebückt in den schmalen Mauerspalt ein, folgte dem Holzsteg nach außen und stürzte um die Ecke. Trotz des schwachen Mondlichts konnte Divya an ihrem Gesicht die Enttäuschung ablesen.
    »Wo kann sie hin sein?«, murmelte Maita auf ihrem Weg zurück.
    »Wer?«
    »Ich weiß, was ich gesehen und gehört habe«, schnauzte die Schulleiterin sie an. Auf der Agida saß ein Mädchen in Blau und hat mit diesem Mann geredet! Ein Mädchen mit blondem Haar!«
    Divya schüttelte den Kopf und atmete tief ein. »Es tut mir leid. Ich wollte das nicht! Aber er hat mich angesprochen, und ich … Ich weiß ja, dass es falsch war!«
    »Du? Du warst das nicht!« Maita funkelte sie böse an, aber Divya senkte den Kopf und duckte sich, als erwartete sie einen Schlag. Dabei hielt sie die blaue Vesséla auf ihrem Arm hoch. »Wahrscheinlich habt Ihr die hier gesehen, ich sollte ein paar Knöpfe annähen. Ich wollte nur ganz kurz auf die äußere Agida gehen, um die Stadt im Mondlicht anzusehen.«
    Maita hob Divyas Kinn mit dem Finger an. »Wenn das so ist …« Ihr Blick durchbohrte sie regelrecht, bis Divya sicher war, dass sie all ihre Geheimnisse gelesen haben musste. »… dann hast du eine echte Strafe verdient. Du weißt, was mit Mädchen geschieht, die sich von fremden Männern ansprechen lassen?«
    Divya zuckte zusammen. Bisher hatte sie geglaubt, dass die Strafe für Jolissa schlimmer sein würde als für sie selbst. Aber was, wenn Maita sie einfach verkaufte?
    »Verzeiht mir!« Sie ging vor der Schulleiterin in die Knie, denn sie wusste, dass Maita solche Gesten der Unterwerfung meistens schmeichelten. Solange jeder ihr zeigte, dass sie das Sagen hatte, blieb Maita – innerhalb ihrer engen Grenzen – gerecht.
    »Steh auf und sieh mich an!«, forderte sie nun sanft, und Divya gehorchte überrascht. Das Gesicht der Schulleiterinwar eine lächelnde Maske, hinter der gerade irgendetwas anderes geschah. Was sahen diese Augen in ihren?
    »Die Strafe wird ein Gefallen sein. Kein Bodenscheuern, keine Nachtschichten in der Wäscherei. Ein ganz einfacher Gefallen.«
    Divya runzelte die Stirn.
    »Und ich werde entscheiden, wann du mir diesen Gefallen erweisen wirst. Dir sollte klar sein, dass du ihn mir seit heute Abend schuldig bist.«
    Sie nickte, weil Maita es wohl so erwartete. Viel lieber aber hätte sie darum

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