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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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schmerzverzerrtem Gesicht den blutenden Arm. Die Bewegungen des dunkel gekleideten Neuankömmlings bestätigten ihren Verdacht, den sie seit seinem Eingreifen gehabt hatte.
    »Aufhören!«, schrie Divya instinktiv, ließ den Holzklotz vorsichtig fallen und wedelte mit den Armen. Verblüfft hielten die Kämpfenden tatsächlich ein paar Herzschläge lang inne. Dann wandte sie sich an den Schatten, der sie von dem Koloss befreit hatte.
    »Tajan!«, sagte sie leise und eindringlich. »Bitte … Ich bin nicht gekommen, um jemanden hier zu verletzen. So war das alles nicht geplant!«
    Tajan zögerte und behielt seine Angreifer im Blick, ohne das Messer zu senken. Er sah Divya nicht an, aber sie hatte das Gefühl, dass er wütend war. Nicht auf die Tassari, sondern auf sie.
    Mit einer beschwichtigenden Geste musterte sie die Tassari.Noch nie hatte Divya so viele Menschen mit dunklen Haaren und dunklen Augen auf einem Fleck gesehen. Ihre Gesichter waren wettergegerbt und ihre Kleidung war einfach. Meist bestand sie aus einfachem Stoff oder Leder, dafür aber war sie mit gestickten Mustern und Bildern verziert. Eine Frau in der vordersten Reihe fesselte Divyas Interesse. Auf dem Saum ihres Rockes waren Tiere dargestellt. Tiere mit einem Höcker, die dicht hintereinanderhergingen.
    Divya fasste langsam, ohne nachzudenken, in die Tasche ihrer Vesséla. Bisher hatte sie das geschnitzte Stück Holz nur Jolissa gezeigt, und die hatte gesagt, das müsse wohl ein Fabelwesen sein, so ein Tier habe sie noch nie gesehen. Als Divya es hervorholte und gut sichtbar in die Luft hielt, senkten die Tassari ihre Waffen und absolute Stille legte sich über das Lager.
    »Naschiyn«, sagte ein Mann mit einer Narbe auf der linken Wange und er trat auf Divya zu. Ob das eine Begrüßung war?
    »Wer bist du?«, fragte er, nachdem er sie eine Weile einfach nur angestarrt hatte, scheinbar atemlos. Dann griff er nach dem Holztier und strich ihm sanft über den Kopf.
    »Wir sollten uns unterhalten«, sagte er leise. »Aber nicht vor allen anderen.«
    Divya war der Seitenblick auf Tajan dabei nicht entgangen, und als er sie durch die Menge hindurch in die Mitte des Lagers führte, war sie sich nicht sicher, ob es gut war, so weit von Tajan entfernt zu sein.
    »Mein Name ist Keiroan und ich bin das Oberhaupt der Tassari«, sagte der Mann, als sie in der Nähe des Feuers ankamen. Er deutete auf ein rotes Sitzkissen und ließ sichselbst auf einem grünen nieder. »Und ich habe dieses Dromedar vor vielen Jahren für ein Kind geschnitzt. Woher hast du es?«
    »Dro-me-dar?«, wiederholte Divya zögernd. »Es gehörte einer Freundin. Als sie starb, wollte sie, dass ich es bekomme. Aber ich habe keine Ahnung, warum sie es jahrelang versteckt hat.«
    »Weil es ein eindeutiger Hinweis auf deine Herkunft ist«, sagte Keiroan und atmete tief ein. »Vermutlich wusste sie darüber Bescheid und wollte nicht, dass du dich verrätst.«
    »Mich verraten? Ich weiß gar nichts über meine Herkunft.« Divya sah ihn mit fragendem Blick an. »Könnt Ihr mir weiterhelfen? Kennt Ihr meine Mutter?«
    Keiroan nickte und starrte ins Feuer.
    »Deine Mutter hieß Farya. Sie war meine Schwester.«
    Mutter! Ein Wort, das Divya von anderen Menschen kannte. Aber nicht im Zusammenhang mit sich selbst. Wie mochte es sein, eine Mutter zu haben?
    »War?«, fragte Divya vorsichtig.
    »Ja, sie ist schon vor vielen Jahren gestorben«, sagte Keiroan, und sie sah den Schmerz in seinem Gesicht.
    »Woher glaubt Ihr zu wissen, dass ich ihr Kind bin?«
    »Weil du das einzige Kind bist, das je ein Tassari weggegeben hat. Was auch immer dir über unser Volk erzählt wurde: Es ist bei uns nicht üblich, dass wir unsere Kinder verkaufen!«
    Keiroan hatte Divyas Gedanken erraten und sie wurde rot.
    »Farya hätte das niemals getan, wenn ihr irgendein anderer Weg geblieben wäre!«, setzte Keiroan energisch hinzu. »Sie … hatte ein Kind. Niemand außer ihr wusste, wer derVater war. Und er sollte niemals von diesem Kind erfahren. Als es geboren war, gaben meine Frau Verua und ich es als unser eigenes aus. Aber Wächter kamen und suchten es. Farya war verzweifelt. Sie erzählte ihnen immer wieder, dass das Baby bei der Geburt gestorben sei, aber sie hatte furchtbare Angst, dass der Vater dennoch dahinterkommen würde. Eines Tages stand ein prächtig gekleideter Mann vor diesem kleinen Mädchen, sah es an und fragte nach seinem Namen. Noch in derselben Nacht nahm Farya das Kind und flüchtete mit ihm durch

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