Meteor
Rachel.
»Oh, tut mir Leid, Ma’am, aber man hat mir soeben die geheimen Koordinaten für Ihr Treffen mit dem Direktor der NASA übermittelt.«
»Lassen Sie mich mal raten«, sagte Rachel. »Wir fliegen nach Norden.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte der Pilot überrascht.
Rachel seufzte. Man muss diese computerabhängigen Piloten einfach lieben. »Es ist jetzt neun Uhr, mein Freund, und die Sonne steht rechts. Also fliegen wir nach Norden. So einfach ist das.«
Einen Augenblick herrschte Stille im Cockpit. »Richtig, Ma’am.
Wir werden heute Vormittag nach Norden fliegen.«
»Und wie weit nach Norden?«
Der Pilot überprüfte seine Koordinaten. »Knapp fünftausend Kilometer.«
Rachel saß augenblicklich senkrecht in ihrem Sitz. »Was?« Sie versuchte sich den Globus vorzustellen, aber sie wusste nicht, ob es so weit nördlich überhaupt noch etwas gab. »Das sind ja über vier Stunden Flug!«
»Bei unserer gegenwärtigen Geschwindigkeit schon«, sagte der Pilot. »Halten Sie sich bitte fest.«
Bevor Rachel etwas sagen konnte, fuhr der Pilot die Schwenkflügel ein. Wieder wurde Rachel in den Sitz gepresst. Die Maschine machte einen Satz nach vorne, als hätten sie bislang bewegungslos in der Luft gestanden. Binnen einer Minute war eine Geschwindigkeit von über zweitausendvierhundert Kilometern pro Stunde erreicht.
Inzwischen war es Rachel richtig übel geworden. Während sie mit atemberaubender Geschwindigkeit durch den Himmel raste, spürte Rachel, wie die Seekrankheit mit eiserner Faust nach ihr griff. Sie hörte von fern das Echo der Stimme des Präsidenten.
Rachel, ich versichere Ihnen, Sie werden es nicht bereuen, mir in dieser Angelegenheit geholfen zu haben.
Stöhnend griff Rachel nach einer Spucktüte. Traue niemals einem Politiker.
13
Senator Sedgewick Sexton fand Taxis ordinär und schmutzig, hatte aber gelernt, auf seinem Weg zum Ruhm gelegentlich auch weniger erhebende Augenblicke hinzunehmen. Das klapprige Mayflower-Taxi, das ihn auf der untersten Ebene der Tiefgarage des Purdue Hotels abgesetzt hatte, bot etwas, das Sextons Luxuslimousine nicht bieten konnte – Anonymität.
Zufrieden konstatierte Sexton die völlige Menschenleere der unteren Parkebene. In dem Wald von Betonpfeilern sammelten lediglich einige verwaiste Autos langsam Staub auf ihren Dächern. Sexton machte sich quer übers Parkdeck auf den Weg. Er schaute auf die Uhr.
11.15. Perfekt.
Der Mann, mit dem Sexton sich verabredet hatte, war in punkto Pünktlichkeit sehr pingelig. Wenn man bedachte, wen dieser Mann repräsentierte, sagte sich Sexton, konnte er sich allerdings jede erdenkliche Pingeligkeit erlauben.
Sexton sah den weißen Ford Windstar Minivan. Er war an exakt der gleichen Stelle geparkt wie bei all den Zusammenkünften zuvor – hinter einer Reihe Müllcontainer in der Ostecke des Parkdecks. Sexton wäre mit dem Mann lieber oben in einer Suite zusammengetroffen, aber er hatte durchaus Verständnis für die Vorsichtsmaßnahme. Ohne die entsprechende Vorsicht wären die Freunde dieses Mannes nicht dorthin gelangt, wo sie jetzt saßen. Während Sexton auf den Wagen zuging, packte ihn jene Nervosität, die ihm regelmäßig vor diesen Treffen zusetzte. Er zwang sich, locker zu bleiben. Mit einem Winken, das gute Laune signalisierte, schwang er sich auf den Beifahrersitz des Minivans.
Der dunkelhaarige Herr am Steuer lächelte nicht. Er war fast siebzig Jahre alt. Die ledrige Gesichtshaut verriet eine Härte und Zähigkeit, die seiner Stellung als Galionsfigur einer Armee von rücksichtslosen Visionären und rabiaten Geschäftsleuten angemessen war.
»Machen Sie die Tür zu«, sagte er.
Sexton ließ sich die Schroffheit des Mannes anstandslos gefallen. Schließlich war er der Repräsentant von Leuten, die ein enormes Kapital kontrollierten. Viel Geld aus diesen Töpfen war unlängst dazu benutzt worden, Sedgewick Sexton zum aussichtsreichen Anwärter auf das machtvollste Amt der Welt zu machen.
Diese Zusammenkünfte, das hatte Sexton längst begriffen, waren nicht so sehr strategische Einweisungen, als vielmehr die monatliche Erinnerung daran, wie tief er inzwischen in der Schuld seiner Wohltäter stand. Diese Leute erwarteten eine ordentliche Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals. Die »Verzinsung«, das musste Sexton zugeben, bestand aus einer erschreckend dreisten Forderung, die zu erfüllen allerdings durchaus im Bereich seiner Möglichkeiten lag, wenn er erst einmal im Oval Office am Schreibtisch
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