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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wollte. Halb liegend, blies er vorsichtig auf den Aufguss in seinem Becher und hörte dem Alten aufmerksam zu, der mit brennenden Augen erzählte.
    »Es ist gar nicht so, dass sie die ganze Linie beherrschen. Das traut sich zwar niemand zu sagen, und die Roten würden es niemals zugeben, aber die Universität entzieht sich ihrer Kontrolle, und alles, was dahinter liegt, auch! Oh ja, die Rote Linie verläuft nur bis zur Sportiwnaja. Dahinter kommt nämlich eine besonders lange Strecke, wissen Sie, vor langer Zeit gab es dort einmal eine Station mit Namen Leninskije gory, die dann irgendwann umbenannt wurde, aber ich halte mich lieber an die alten Namen. Jedenfalls, hinter den Leninbergen kommen die Gleise an die Oberfläche und führen auf einer Brücke über einen Fluss. Bei der Explosion wurde diese Brücke stark beschädigt und stürzte dann ziemlich bald ein. Also gab es zur Universität fast von Anfang an keine Verbindung ...«
    Artjom nahm einen Schluck und genoss das süße Gefühl der Erwartung. Gleich würde er etwas über das Geheimnisvolle und Außergewöhnliche erfahren, das jenseits der über den Abgrund ragenden Gleise der Roten Linie begann, weit im Südwesten der Stadt. Wanetschka kaute heftig auf seinen Fingernägeln herum, hielt dann und wann inne, um die Früchte seines Tuns zu begutachten, und setzte seine Beschäftigung sogleich fort. Artjom betrachtete ihn schon fast mit Sympathie, er merkte, dass er diesem arglosen Geschöpf dankbar war dafür, dass es schwieg.
    »Wissen Sie, wir haben an der Barrikadnaja einen kleinen Zirkel gegründet. Wir treffen uns abends, manchmal kommen noch ein paar von der Uiiza 1905 goda rüber. Von der Puschkinskaja haben sie ja alle Andersdenkenden verjagt, und so ist auch Anton Petrowitsch zu uns gezogen. Es ist natürlich nichts Besonderes, nur Gespräche über Literatur, na ja, und manchmal auch über Politik, sozusagen ... Dort an der Barrikadnaja mögen sie Gebildete auch nicht besonders, wissen Sie. Was man da alles hört: dass wir lausige Intelligenzler sind, oder eine fünfte Kolonne. Also verhalten wir uns ganz ruhig ... Jedenfalls behauptet Jakow Iossifowitsch, dass die Universität nicht untergegangen ist. Dass es dort gelungen sei, die Tunnel zu verbarrikadieren, und dass dort noch Menschen leben. Und zwar nicht nur einfach Menschen, sondern ... Sie müssen wissen, dort befand sich einmal die Moskauer Staatliche Universität, nach der die Station schließlich auch benannt ist. Angeblich soll es einem Teil der Professoren und Studenten dort gelungen sein, sich zu retten. Unter der Uni gibt es ja riesige Schutzbunker, gebaut noch zu Stalins Zeiten, und diese sind, soweit ich weiß, durch besondere Gänge mit der Metro verbunden. Angeblich hat sich dort eine Art intellektuelles Zentrum gebildet. Na, wahrscheinlich sind es bloß Legenden. Dass dort gebildete Menschen an der Macht sind, ein Rektor die drei Stationen bis zum Ende der Linie regiert und diese von jeweils einem gewählten Dekan geführt werden. Dass auch die Wissenschaft dort nicht stillsteht -immerhin sind es Studenten, Doktoranden, Dozenten. Es heißt, unser kulturelles Erbe gerät dort nicht in Vergessenheit, so wie bei uns. Anton Petrowitsch sagt sogar, ein befreundeter Ingenieur habe ihm einmal insgeheim erzählt, sie hätten dort eine Methode erfunden, wie man an die Oberfläche gehen kann. Sie hätten eigene Schutzanzüge entwickelt, und manchmal tauchten ihre Kundschafter in der Metro auf. Das klingt doch unglaublich, nicht wahr?«
    Michail Porfirjewitsch blickte Artjom in die Augen, und dieser bemerkte in seinem Blick etwas Sehnsüchtiges, eine schüchterne, müde Hoffnung. Also räusperte er sich kurz und erwiderte so überzeugt wie möglich: »Warum? Ich finde, das ist durchaus realistisch. Es gibt ja zum Beispiel auch die Polis. Wie ich gehört habe, sollen dort auch ...«
    »Oh ja, ein wunderbarer Ort, nur wie soll man dort jetzt hingelangen? Außerdem wurde mir gesagt, dass im Rat die Macht wieder den Offizieren zugefallen ist.«
    Artjom hob die Augenbrauen: »In welchem Rat?«
    »Die Polis wird von einem Rat regiert, der sich aus den einflussreichsten Leuten zusammensetzt. Und das sind dort die Bibliothekare und die Offiziere. Von der Bibliothek haben Sie sicher schon gehört, das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, aber ein anderer Eingang zur Polis befand sich früher direkt beim Gebäude des Verteidigungsministeriums, wenn ich mich recht erinnere, oder zumindest ganz in der

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