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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sah ihm Bruder Timofej gerührt zu, nutzte aber doch die Gelegenheit, noch einmal nachzufassen. »Denke nicht, dass ich dir misstraue, Bruder, aber als ich dich nach deinem Glauben an Gott fragte, klang deine Antwort etwas unsicher. Doch wie kannst du dir eine Welt vorstellen, in der es Ihn nicht gibt? Sollte diese Welt etwa von selbst entstanden sein, nicht nach Seinem weisen Plan? Sollte etwa die unendliche Vielfalt der Lebensformen, sollten all die schönen Dinge dieser Welt ein Produkt des Zufalls sein?«
    Artjom sah sich im Waggon um, konnte darin jedoch keine anderen Lebensformen entdecken außer ihnen beiden und dem Koch. Schließlich begnügte er sich mit einem skeptischen Grunzen und beugte sich wieder über seine Schüssel.
    Bruder Timofej indes ließ nicht locker. »Das überzeugt dich nicht? Bedenke dies: Wenn in dieser Welt tatsächlich nirgends der Wille Gottes sichtbar würde, so würde das bedeuten ...« Seine Stimme stockte, als habe ihn das Grauen gepackt, und erst nach einigen Augenblicken fuhr er fort: »Es würde bedeuten, dass die Menschen sich selbst überlassen sind, dass unsere Existenz keinen Sinn hat und es keinen Grund gibt weiterzuleben. Es würde bedeuten, dass wir im Chaos versinken und es keine Hoffnung gibt auf Licht am Ende des Tunnels ... In einer solchen Welt zu leben wäre furchtbar, ja unmöglich.«
    Artjom erwiderte nichts, doch Bruder Timofejs Worte machten ihn nachdenklich. Bis zu diesem Augenblick hatte er sein Leben als reines Chaos erlebt, eine Verkettung von Zufällen ohne Sinn und Zusammenhang. Und obwohl ihn das bedrückte und die Versuchung groß war, irgendeiner simplen Wahrheit Glauben zu schenken, die seinem Leben Sinn verlieh, hätte er das als kleinmütig empfunden. Über alle Schmerzen und Zweifel hinweg gab ihm der Gedanke, dass sein Leben niemandem nützte außer ihm selbst, doch einen gewissen Halt. Jedes Lebewesen stand der Sinnlosigkeit und dem Chaos des Seins allein gegenüber ... Allerdings wollte Artjom mit dem sanften Timofej deswegen doch lieber nicht zu streiten anfangen.
    Ein sattes, tröstendes, wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus, und er empfand tiefe Dankbarkeit für diesen Menschen, der ihn aufgenommen hatte, als er müde, hungrig und abstoßend gewesen war, der sich freundlich mit ihm unterhalten, ihn frisch eingekleidet und ihm etwas zu essen gegeben hatte. Er wollte sich erkenntlich zeigen, und so sprang er, als Bruder Timofej ihm bedeutete, er wolle ihn jetzt der Versammlung der Brüder vorstellen, bereitwillig auf.
    Die Versammlung fand im nächsten, dem dritten Waggon statt. Hier hatten sich viele Menschen unterschiedlichen Aussehens versammelt, die jedoch fast alle die gleichen Gewänder trugen. In der Mitte des Waggons war ein kleines Podium. Der Mann, der darauf stand, überragte die anderen so sehr, dass er fast mit dem Kopf an die Decke stieß.
    »Höre gut zu«, ermahnte Bruder Timofej Artjom, während er ihnen mit sanften Berührungen den Weg durch die Menge bahnte.
    Der Redner war ein ziemlich alter Mann. Ein gepflegter grauer Bart fiel auf seine Brust herab, und die tief liegenden Augen, deren Farbe nicht zu bestimmen war, blickten weise und ruhig. Sein Gesicht war weder hager noch fett, und obwohl es von tiefen Furchen durchzogen war, machte es keinen greisenhaft hilflosen oder schwachen Eindruck, sondern verströmte eine seltsame Kraft.
    »Das ist Bruder Ioann, unser Ältester«, flüsterte Bruder Timofej Artjom ehrfürchtig zu. »Du hast großes Glück, Bruder Artjom. Die Predigt beginnt gerade erst. Du wirst also mehrere Lektionen auf einmal lernen.«
    Der Prediger hob die Hand. Sofort verstummte das Rascheln und Flüstern. Dann begann er mit tiefer, klangvoller Stimme zu sprechen. »Meine erste Lektion für euch, geliebte Brüder, handelt davon, wie wir herausfinden, was Gott von uns will. Beantwortet mir drei Fragen: Welche wichtigen Informationen enthält die Bibel? Wer hat sie geschrieben? Warum muss man sie studieren?«
    Seine Art zu reden unterschied sich von der Bruder Timofejs. Er sprach einfach, formulierte verständlich, bildete kurze Sätze. Zuerst wunderte sich Artjom darüber, doch dann sah er sich um und erkannte, dass die meisten Anwesenden offenbar nur diese Sprache verstanden.
    Inzwischen hatte der grauhaarige Prediger erklärt, dass in der Bibel die Wahrheit über Gott und seine Gebote stand. Dann beantwortete er die zweite Frage: Die Bibel sei im Laufe von eintausendsechshundert Jahren von ungefähr

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