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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mindestens zwei Stunden unterwegs waren. Obwohl er sich auch irren konnte: Anton wurde immer schweigsamer, und in der Dunkelheit und Stille schienen die Minuten doppelt so langsam dahinzukriechen wie sonst.
    Die dritte Schlange, mindestens zehn Meter lang, markierte zugleich eine akustische Grenze. Anton verharrte reglos, ein Ohr in den Tunnel gewandt, und auch Artjom horchte. Von weit hinten drangen seltsame, stoßartige Laute heran. Erst erkannte er sie nicht, doch dann begriff er: Es war ein Singen, von dumpfen Trommelschlägen begleitet - ganz ähnlich jenem, das Artjom durch das Rohr vernommen hatte.
    Anton nickte. »Es ist nicht mehr weit.«
    Plötzlich jedoch verwandelte sich die Zeit, die ohnehin sehr langsam dahingeflossen war, in ein zähes Gelee und stockte fast. Als Artjom seinen Begleiter anblickte, wurde ihm mit erschreckender Deutlichkeit klar, dass dieser noch immer nickte - oder besser: sein Kopf zuckte krampfhaft. Und er stellte mit Verwunderung fest, dass Antons Kinn nicht mehr in die Ausgangsposition zurückkehrte. Dann, als Anton sanft wie eine komische Stoffpuppe zur Seite kippte, glaubte Artjom, er würde ihn auffangen können, doch ein leichter Stich in der Schulter hinderte ihn daran. Verblüfft musterte Artjom die schmerzende Stelle und sah, dass eine gefederte Nadel in seiner Jacke steckte. Sie wieder herauszuziehen - was er eigentlich vorgehabt hatte - ging nicht: Sein ganzer Körper war zu Stein erstarrt. Die Knie bogen sich unter der Schwere seines Rumpfs, und Artjom fiel unsanft zu Boden. Sein Bewusstsein blieb dabei nahezu ungetrübt, auch das Gehör und den Sehsinn hatte die Nadel verschont, nur das Atmen fiel ihm schwerer, aber das machte nichts, denn viel Luft brauchte er nicht mehr: Seine Gliedmaßen waren völlig unbeweglich.
    Neben sich hörte er schnelle, leichte Schritte. Das Wesen, das sich da näherte, konnte kein Mensch sein, denn menschliche Schritte hatte Artjom auf dem Posten bei der WDNCh von anderen zu unterscheiden gelernt: Das waren paarweise, schwere Schritte, oft in Kombination mit der polternden Sohle von Ersatzlederstiefeln, dem am meisten verbreiteten Schuhwerk der Metro.
    Noch immer sah er nur einen Teil der Schwellen und der zur Kiewskaja führenden Gleise. Ein scharfer, unangenehmer Geruch fuhr ihm in die Nase.
    »Ein, zwei. Fremde, liegen da«, sagte jemand über ihm.
    »Guter Schuss, weit. Hals, Schulter«, bemerkte ein anderer.
    Es waren merkwürdige Stimmen, ohne Melodie und blass. Artjom erinnerten sie eher an das monotone Pfeifen des Windes in den Tunneln. Doch sie gehörten Menschen, daran bestand kein Zweifel.
    Der Erste fuhr fort: »Ja, guter Schuss. So will Großer Wurm.« »Ja. Ein du, zwei ich, tragen Fremde heim.«
    Mit einem Schlag änderte sich das Bild vor Artjoms Augen - jemand hob ihn ruckartig auf. Einen Augenblick lang tauchte ein Gesicht vor ihm auf: schmal, mit dunklen, tief liegenden Augenhöhlen. Dann erloschen die beiden Taschenlampen, und es wurde stockfinster. Aus der Tatsache, dass ihm das Blut zu Kopf stieg, folgerte Artjom, dass man ihn wie einen Sack geschultert hatte und nun fortschleppte.
    Das seltsame Gespräch lief unterdessen weiter, auch wenn die Sätze jetzt von angestrengtem Keuchen unterbrochen wurden.
    »Taubnadel, nicht Giftnadel. Warum?«
    »Chef befiehlt. Priester befiehlt. Großer Wurm will so. Fleisch hält besser.«
    »Du klug. Du und Priester Freunde. Priester lehrt.«
    »Ja.«
    »Ein, zwei, Feinde kommen. Riecht nach Pulver, Feuer. Schlechter Feind. Wie ist gekommen?«
    »Weiß nicht. Chef und Wartan machen Verhör. Ich, du fangen. Gut, Großer Wurm freut. Ich, du nehmen Belohnung.«
    »Ist viel? Stiefel? Jacke?«
    »Ist viel. Jacke, Stiefel nein.«
    »Ich jung. Fange Feinde. Gut. Ist viel. Be-loh-nung ... Ich froh.«
    »Heute guter Tag. Wartan bringt neues Kleines. Ich, du fangen Feinde. Großer Wurm freut, Menschen singen. Feiern.«
    »Feiern. Ich froh. Tanzen? Wodka? Ich tanze Natascha.«
    »Natascha und Chef tanzen. Du nein.«
    »Ich jung, stark. Chef viele Jahre. Natascha jung. Ich fange Feinde, mutig, gut. Natascha, ich tanzen.«
    In der Nähe waren nun neue Stimmen zu hören, und der Streit brach ab. Artjom erriet, dass sie an der Station angekommen waren. Hier war es fast genauso dunkel wie in den Tunneln -auf der gesamten Station brannte nur ein kleines Feuer. Dort, unweit der Flammen, wurde er achtlos zu Boden geworfen. Stählerne Finger packten sein Kinn und drehten sein Gesicht nach oben.
    Die

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