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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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be­wußt­los. Sie war er­schöpft.
    „Dein Bru­der sprach von ei­ner Ge­fahr“, sag­te der Wei­se lang­sam, oh­ne Tscher­lan da­bei an­zu­se­hen. „Er sprach auch von ei­nem An­ders­men­schen mit gel­ben Au­gen und gel­ben Haa­ren … jetzt ist er tot und kann uns nicht mehr sa­gen, was für ei­ne Ge­fahr er ge­meint hat.“
    Ei­ne der bei­den Frau­en at­me­te tief durch und warf der schla­fen­den May­da einen Blick zu. In ih­ren Au­gen spie­gel­te sich et­was Selt­sa­mes.
    „Was willst du da­mit sa­gen, Wei­ser?“ frag­te Tscher­lan.
    „Seit ei­ni­gen Ta­gen sind un­se­re Fän­ge im­mer klei­ner, die Ge­fah­ren aber im­mer grö­ßer ge­wor­den. Es kann ein Zu­fall sein, aber auch die An­deu­tung ei­ner Wand­lung. Jetzt ist dein Bru­der tot. Und noch im To­des­kampf ließ er uns ei­ne War­nung zu­kom­men. Das al­les … es ist kein gu­tes Omen. Nein, be­stimmt kein gu­tes Omen.“
    Er ver­ließ den Warm­ku­bus. Tscher­lan war nach­denk­lich ge­wor­den. Die bei­den Frau­en blick­ten May­da furcht­sam an und ver­lie­ßen den Ku­bus dann eben­falls.
    „Es tut mir leid“, sag­te May­da lei­se.
    „Was tut dir leid?“
    Sie blieb ste­hen und sah Tscher­lan an. Sein Atem war ei­ne wei­ße Fah­ne vor sei­nem Ge­sicht. Der Ro­chen­pelz mach­te ihn di­cker als er war. „Dein Bru­der ist tot. Ich …“ Sie frös­tel­te und zog den Man­tel en­ger um sich zu­sam­men. Ir­gend­wo wa­ren Stim­men. Das lei­se Wis­pern des all­ge­gen­wär­ti­gen Win­des trug sie da­von, kör­per­los, un­sicht­bar. „Du hast sehr an ihm ge­han­gen, nicht wahr?“
    „Er war mein Bru­der“, sag­te Tscher­lan. „Und er war noch mehr. Er war mein bes­ter Freund. Es war je­mand, mit dem man spre­chen konn­te.“
    „Ich ver­ste­he.“
    „Mach dir kei­ne Ge­dan­ken, klei­ne May­da. Es ist nicht dei­ne Schuld. Du hast ge­tan, was du konn­test. Dju­roth hat Pech ge­habt, das ist al­les. Das Le­ben im Drau­ßen ist här­ter als in In­nen­welt.“
    Sie setz­ten sich wie­der in Be­we­gung. Rechts und links von ih­nen rag­ten die Blü­ten der Kalt­tul­pen auf. Rauh­reif be­deck­te die Blü­ten­blät­ter. Au­ßen­welt­frau­en – groß, stäm­mig, ro­bust, Käl­te und Ge­fah­ren ge­wöhnt – über­prüf­ten die Sam­mel­be­häl­ter dicht un­ter den Ein­schnit­ten im wei­chen Blu­mens­ten­gel. In ei­ni­gen be­fand sich Zäh­nek­tar, an­de­re wa­ren leer. May­da spür­te die Bli­cke, die an ih­rem Rücken kleb­ten. Sie al­le wuß­ten, was mit Dju­roth ge­sche­hen war.
    „Der Au­ßen­welt­wei­se sag­te, es sei kein gu­tes Omen.“
    Tscher­lan schnauf­te und nahm sie bei der Hand. „Mach dir kei­ne Ge­dan­ken“, wie­der­hol­te er. „Die Wei­sen sind ein we­nig aber­gläu­bisch. Es liegt in ih­rer Na­tur. Na ja, und was die Frau­en an­geht … sie hat­ten schon im­mer einen Hang zum Mys­ti­schen.“
    In Mul­den und Ein­schnit­ten in der Au­ßen­bor­ke des Heims hat­te sich Nacht­schnee ver­fes­tigt. Ei­ni­ge Au­ßen­welt­ler wa­ren da­mit be­schäf­tigt, die­sen Schnee ein­zu­sam­meln. Zu­sam­men mit Him­mels­plank­ton ent­stand dar­aus der auch in In­nen­welt ge­schätz­te und be­gehr­te Au­ßen­welt­wein: süß und zart, lieb­lich und gleich­zei­tig herb. Wei­ter rechts sah May­da ein Zaun­ge­he­ge mit jun­gen Wol­ken­läu­fern. Sie wa­ren von Jagd­grup­pen ge­fan­gen wor­den, und die Zucht si­cher­te die Fleisch­ver­sor­gung und den Han­del. Heim­töch­ter ver­schie­dens­ter Ge­stalt kro­chen über die di­cke Bor­ke des Heims, lo­ka­li­sier­ten Klein­wun­den und be­han­del­ten. Ei­ni­ge von ih­nen bohr­ten auch ih­re Hohl­dor­ne durch die Pan­zer- und Horn­schich­ten und zapf­ten die Exis­tenzadern an. Ei­ne Grup­pe von Au­ßen­welt­frau­en be­ob­ach­te­te sie. Spä­ter moch­ten sie die Heim­töch­ter auf­neh­men und das Sam­mel­blut in Warm­be­häl­ter ab­las­sen, um dar­aus Heil­säf­te zu ma­chen. May­da leg­te den Kopf in den Nacken. Der Him­mel war er­schre­ckend fern. Hof­fent­lich ge­wöhn­te sie sich bald dar­an. Jen­seits des Heim­ho­ri­zonts schob sich ein glän­zen­der Ball über die Treib­wol­ken. Tscher­lan hob bei­de Ar­me.
    „Das Licht, das Le­ben und

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