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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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dicht vor den Trans­par­ent­wän­den am Bo­den. Es wa­ren Män­ner in mitt­le­ren Jah­ren, von zar­ter, fast zer­brech­lich wir­ken­der Sta­tur, wie es bei den In­nen­welt­lern üb­lich war. Ih­re Kör­per wa­ren über hauch­zar­te Hohl­dor­ne mit den Adern, Ve­nen und Ner­ven des Heims ver­bun­den. May­da konn­te die pul­sie­ren­den Le­bens­säf­te in der Trans­par­ent­wand gut er­ken­nen. Die Exis­tenzadern wa­ren blau.
    „Ganz ru­hig“, flüs­ter­te sie der Lauf­schne­cke zu. „Du darfst sie nicht stö­ren. Sie ha­ben ei­ne schwie­ri­ge Auf­ga­be zu er­fül­len.“
    May­da hat­te es von ih­rer Zieh­mut­ter ge­hört. Vor ein paar Ta­gen hat­te das Heim auf sei­nem Lan­gen Weg ei­ne Wol­ke aus Win­zig­kris­tal­len durch­quert und sich da­bei ei­ne Ru­di­men­tä­r­in­fek­ti­on zu­ge­zo­gen. Die Heim­spre­cher wa­ren da­mit be­schäf­tigt, mit ih­ren Pro- und Bitt­stim­men die In­fek­ti­ons­her­de tief im Leib des Heims auf­zu­lö­sen und un­schäd­lich zu ma­chen. Es wür­de ih­nen na­tür­lich ge­lin­gen – es wa­ren schließ­lich sehr er­fah­re­ne und wei­se Heim­spre­cher –, aber es war den­noch schwie­rig. May­da ver­nahm das ge­dank­li­che Wis­pern ir­gend­wo hin­ter ih­rer Stirn, und sie be­dau­er­te es, daß man es ihr bis­her nicht ge­stat­tet hat­te, eben­falls mit dem Heim zu spre­chen. Sie war neu­gie­rig. Aber sie re­spek­tier­te auch das Ver­bot der Äl­te­ren. Mit ih­rem Dun­kel­sicht­fak­tor be­ob­ach­te­te sie die Trans­par­ent­wän­de des Heims. Blaue Exis­tenzadern. Bald moch­te das Blau sich in strah­len­des Weiß und dann in Rot ver­wan­deln. Ein wei­te­rer Re­ge­ne­ra­ti­ons­zy­klus. May­da war dann elf Zy­klen alt. Bald muß­te die Ent­schei­dung fal­len. Sie fürch­te­te sich da­vor.
    „May­da?“ Sie er­schrak. Sie war in Ge­dan­ken ver­sun­ken und hat­te nicht be­merkt, daß sich ei­ner der Heim­spre­cher zu ihr um­ge­dreht hat­te. „Geh bit­te. Du bist ein … Stör­fak­tor. Du machst un­se­re Ar­beit schwie­ri­ger.“
    „Ent­schul­di­gung.“ Freund zisch­te er­bost und fuhr sei­ne Au­gen ganz aus. Auch er spür­te die Ab­leh­nung, die sei­ner Freun­din ent­ge­gen­schlug. „Ich bin auf dem Weg zu mei­ner Wirk­li­chen Mut­ter. Ich woll­te euch nicht stö­ren, ehr­wür­di­ge Heim­spre­cher.“ Sie setz­te sich wie­der in Be­we­gung. Freund folg­te ihr, schenk­te den Heim­spre­chern aber noch ein zwei­tes em­pör­tes Zi­schen. Dann ku­schel­te er sich wie­der an die Bei­ne May­das.
    Du störst, hall­ten die Wor­te in ihr nach, wäh­rend sie durch wei­te­re Wölb­tun­nel mar­schier­te. Käl­te war plötz­lich in ihr. Ich ge­hö­re nicht hier­her, dach­te sie me­lan­cho­lisch. Sie leh­nen mich ab. Al­le. Oder fast al­le. Sie strei­chel­te Freund und be­eil­te sich, die Be­hand­lungs­be­rei­che des Heims zu ver­las­sen. Ern­ter und Samm­ler ka­men ih­nen ent­ge­gen, die Sam­mel­beu­tel ge­füllt mit Pro­te­in­schim­mel. Dunst aus den Zu­be­rei­tungs­zo­nen weh­te ihr ent­ge­gen. Die Zu­be­rei­ter wa­ren da­mit be­schäf­tigt, die Pro­te­i­ne zu ver­ar­bei­ten. Viel­leicht zer­leg­ten sie auch das Wild, das ih­nen von den Au­ßen­welt­lern ge­lie­fert wor­den war, im Aus­tausch ge­gen ge­kalb­te Heim­töch­ter, die das Le­ben im Drau­ßen er­leich­ter­ten. Schließ­lich er­reich­te May­da die Kal­bungs­be­rei­che selbst. Es wa­ren große Wölb­hal­len, und die Do­mes­ti­zie­rer lös­ten mit ih­ren Bitt­stim­men große, haut­lap­pen­ähn­li­che Ge­bil­de von den Heim­wän­den. Es war ei­ne schwie­ri­ge Pro­ze­dur, und viel Er­fah­rung war da­zu er­for­der­lich, aus die­sen Roh­kal­bun­gen ein­satz­fä­hi­ge Heim­töch­ter wer­den zu las­sen. May­da sah kurz zu. Sie er­kann­te meh­re­re Lauf­schne­cken, Freun­de, die das Auf­wach­sen an­de­rer In­nen­welt­jun­gen als In­tim- und Zieh­part­ner be­glei­ten moch­ten. Sie sah die Ru­di­men­tär­kör­per von Ro­chen­fang­hel­fern und an­de­ren Zweck­ge­schöp­fen. Ei­ni­ge Ganz­jun­ge spiel­ten mit zwei ge­ra­de kör­per­fer­ti­gen Lauf­schne­cken. Zwei In­nen­welter­wach­se­ne, die sie be­glei­te­ten,

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