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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Ab­leh­nung. Sie blick­te zu Bo­den. „Auch ich ha­be Angst.“
    „Das glau­be ich dir.“ Er blick­te die bei­den Kon­tak­ter an. „Was ge­schieht, wenn ich sie nicht mit­neh­me?“
    „Dann muß sie rück­ge­führt wer­den. Sie kam aus dem Heim und wird wie­der ein Teil des Heims.“
    „Sie ist jung.“
    „Wir kön­nen sie nicht bei uns dul­den. Wenn die Au­ßen­welt sie nicht auf­nimmt, muß sie rück­ge­führt wer­den.“
    May­da wuß­te, was das be­deu­te­te: Tod; Me­ta­mor­pho­se des or­ga­ni­schen Ma­te­ri­als; Wie­der­ver­wer­tung im Heim. Sie hat­te kei­ne Angst da­vor – nie­mand hat­te Angst da­vor, denn schließ­lich kam al­les aus dem Heim und muß­te ir­gend­wann dort­hin zu­rück­keh­ren –, aber sie war jung und hat­te noch Zeit, viel zu se­hen und viel zu er­le­ben. Und au­ßer­dem … da war noch et­was an­de­res, das sie nicht ver­stand, das ihr aber zu­flüs­ter­te: Für ei­ne Rück­füh­rung ist es noch viel zu früh. Jetzt nicht. Jetzt nicht!
    „Das Le­ben ist hart“, sag­te der Au­ßen­welt­ler. „Und es for­dert Op­fer von uns. Wir sind dank­bar für je­den, der zu uns kommt. Wir neh­men dich auf, May­da.“ Er er­griff ih­re Hand. Schüch­tern schritt sie zu ihm hin­über. Die bei­den Kon­tak­ter nick­ten zu­frie­den.
    „Es kom­men bes­se­re Zei­ten“, sag­ten sie zum Ab­schied.
    „Es kom­men bes­se­re Zei­ten“, ent­geg­ne­te Tscher­lan, wand­te sich um und schritt da­von. May­da blick­te den bei­den Kon­tak­tern nach, die in Rich­tung In­nen­welt da­v­on­schrit­ten. Dies war ein Bruch in ih­rem Le­ben. Sie muß­te Ab­schied neh­men von der In­nen­welt. Sie wür­de sie nie wie­der­se­hen.
    „Du brauchst kei­ne Angst zu ha­ben“, sag­te Tscher­lan sanft. Er lach­te, wäh­rend sie durch den Wölb­tun­nel dem Licht des Drau­ßen ent­ge­gen­schrit­ten. „Du bist wirk­lich an­ders als al­le an­de­ren In­nen­welt­ler, die ich je­mals zu Ge­sicht be­kom­men ha­be. Und ich ken­ne die In­nen­welt­ler. Sie sind ein biß­chen bor­niert, ein biß­chen dick­schäd­lig, ein biß­chen stur. Sie fürch­ten sich vor dem Neu­en. Ihr Le­ben“, er voll­führ­te ei­ne weit aus­la­den­de Ges­te, „ist ein biß­chen zu gut.“ Wie­der das La­chen. May­da faß­te all­mäh­lich Zu­trau­en zu Tscher­lan. Er war noch im­mer skep­tisch. Aber er lehn­te nicht ab. „Wir von Au­ßen­welt … nun, du wirst es selbst se­hen.“ Es wur­de im­mer hel­ler. Gleich­zei­tig da­mit in­ten­si­vier­te sich der schar­fe, bei­ßen­de Ge­ruch. Das Krat­zen in May­das Keh­le ver­stärk­te sich.
    „Der Hus­ten “, sag­te Tscher­lan nach­denk­lich. „Ich hof­fe, du bist für das Le­ben in Au­ßen­welt ge­eig­net. Wenn nicht …“ Er deu­te­te auf den End­punkt des Wölb­tun­nels, nur ei­ni­ge Me­ter vor ih­nen. „Wenn ich die Dich­tung des Heims lö­se, wirst du Au­ßen­luft at­men. Weißt du, die Drau­ßen­luft ist an­ders als das, was du bis­her ge­at­met hast. Du wirst einen kur­z­en Schmerz spü­ren. Und dann …“ Er blick­te sie an. Sie war ein we­nig blaß. „Na, am bes­ten, wir pro­bie­ren es ein­fach aus. Du hast ja kei­ne große Wahl, nicht wahr?“
    Sie schüt­tel­te stumm den Kopf. Tscher­lan trat an die Fa­ser­dich­tung, be­rühr­te ei­ne Ner­ven­knos­pe … und das haut­lap­pen­ähn­li­che Ge­bil­de fal­te­te sich zu­sam­men.
    May da hielt den Atem an. Käl­te weh­te ihr ent­ge­gen. Mit tau­send Na­deln stach sie in ih­re Haut. Sie war wie ei­ne Stim­me aus Eis, die ihr sag­te: Bis hier­her und nicht einen Schritt wei­ter.
    Tscher­lan trat hin­aus in die Au­ßen­welt, stemm­te bei­de Hän­de in die Hüf­ten und sag­te: „At­me, In­nen­welt­le­rin. Du mußt at­men.“
    May­das Lun­gen dehn­ten sich aus. Feu­er schi­en in ih­rem In­nern zu ex­plo­die­ren. Sie stöhn­te auf und sank auf die Knie. Die Käl­te war ver­schwun­den und hat­te hei­ßer Glut Platz ge­macht, die sich trä­ge durch ih­re Adern und Ner­ven er­goß. Ih­re Lun­gen zo­gen sich wie­der zu­sam­men, dehn­ten sich er­neut aus.
    Und plötz­lich war der Schmerz fort. Nur die Käl­te blieb. Aber auch sie schi­en nicht mehr so in­ten­siv zu sein wie zu­vor. Tscher­lan zog sie wie­der auf die Bei­ne.

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