Metropolis brennt
angepaßt.“ In knappen Worten schilderte er die Geschichte der beiden Kontakter.
„Sie ist der Bittstimme mächtig?“ staunten die beiden Frauen, und der Weise murmelte: „Dein Bruder hat im Koma gesprochen.“ Sein Blick klebte an dem Antlitz Maydas. Sie wurde nervös. Sie fühlte sich unsicher. Und die Ausstrahlung des Weisen war … seltsam. „Er sprach von einem Andersmenschen, der auftauchen und Hilfe bringen kann. Er sprach von gelben Haaren und gelben Augen. Er sprach von einer Gefahr.“
Tscherlan wandte sich unvermittelt zu Mayda um. „Kannst du ihm helfen? Kannst du deine Bittstimme einsetzen, um ihn zu heilen?“
Sie schluckte und stellte unruhig fest, daß sie plötzlich Mittelpunkt des allgemeinen Interesses war. „Ich … ich weiß es nicht. Ich habe es nie versucht. In Innenwelt … ich durfte es nicht. Ich durfte nicht einmal zum Heim sprechen. Ich habe es nie versucht.“
„Hat er so noch eine Chance?“ fragte Tscherlan den Weisen. Der schüttelte den Kopf. „Nein, keine.“ Djuroth stöhnte. Einige der Pusteln waren aufgeplatzt. Eine eitrige Flüssigkeit sickerte heraus. Es stank.
„Mayda? Du bist seine einzige Chance …“
„Ich … ich habe es nie versucht …“
„Dann versuche es jetzt!“ Er sah sie an. Sie blickte zu Boden. „Ich brauche einen Verbinder.“
Der Weise erhob sich. „Ich werde sofort einen holen. Sie werden von unseren Contrabittern und Steuerern benutzt. Einer müßte verfügbar sein.“ Er verließ den Warmkubus. Mayda blickte auf die Geschwüre in Djuroths Gesicht. Sie nahm die Hoffnung Tscherlans als einen warmen Schatten inmitten seiner Gedanken wahr. Er hing sehr an seinem Bruder.
„Und wenn ich nicht helfen kann …?“
„Dann haben wir wenigstens alles versucht.“ Er nahm einen Weichlappen und betupfte damit Djuroths Stirn. Er stöhnte leise. Der Lebensfunke in ihm begann zu erlöschen. Sie hatten nicht mehr viel Zeit.
Der Weise kehrte mit einer Heimtochter zurück, einem amorphen Geschöpf, das er bequem mit beiden Händen umfassen konnte. Es bewegte sich leicht, und dicht unter der halbtransparenten Haut konnte man das in den Adern pulsierende Blut erkennen. Mayda nahm den Verbinder entgegen und sprach leise mit der Bittstimme auf ihn ein. Er reagierte. Winzige Auswüchse bildeten sich und bohrten sich schmerzlos in ihre Haut. Aus zwei Blutkreisläufen wurde einer.
Mayda schmeckte, hörte, fühlte, sah und roch mit anderen Sinnen. Sie bewegte sich. Ein weiterer Faktor fehlte noch. Andere Hohldorne verbanden sich mit einem dritten Stoffwechselsystem. Sie spürte Auflösung und schmeckte das Gift in einem fremden Körper.
Heim, bitte hilf mir. Allein kann ich es nicht schaffen. Ich habe keine Erfahrung.
Sie richtete ihre Gedankenstimme auf das Gift im Blutkreislauf des Außenweltlers. Sie begann aufzulösen. Aber sie zerstörte auch die elementaren Bestandteile des Blutes. Erschrocken hielt sie inne. Sie vernahm das Flüstern des Heims: als eine wispernde, allgegenwärtige Präsenz. Überraschung: Das Heim hatte Angst.
Djuroth stöhnte nicht mehr. Er riß die Augen auf, und sein Oberkörper kam langsam in die Höhe.
„Gefahr“, kam es von seinen aufgeplatzten, blutenden Lippen. „Große Gefahr …“
„Djuroth!“ Tscherlan umfaßte die Schultern seines Bruders, wich aber sofort zurück. Die Haut war heiß, als brenne sie.
Mayda stöhnte. Sie hatte die Augen geschlossen.
„Große Gefahr … sie kommt näher, es gibt nur einen Ausweg … nur einen einzigen …“ Schaum trat vor seine Lippen. Seine Augenlider flatterten, dann sank er zurück und starb lautlos.
Zwei oder drei Minuten lang herrschte Schweigen. Der Außenweltweise erhob sich stumm und löste Mayda vom Verbinder. Sie war
Weitere Kostenlose Bücher