Metropolis brennt
„Jetzt hat sich dein Körper umgestellt“, lächelte er. „Du atmest Luft, die ein wirklicher Innenweltler nicht verträgt. Jetzt bist du eine Außenweltlerin.“
Mayda schwankte. Der Himmel … er schwebte nicht einige Meter über ihrem Kopf, er war … weit Und er hatte kein Ende.
„Du wirst dich bald daran gewöhnt haben“, sagte Tscherlan. Er führte sie zu einem nahen Depot und reichte ihr einen dicken Mantel aus Wolkenrochenfell. Er schenkte Wärme und verdrängte die Kälte. Mayda hatte nicht viel Zeit, die neue Welt zu betrachten. Sie hatten sich kaum einige Dutzend Meter vom Eingang zu den Grenz- und Kontaktbereichen der Innenwelt entfernt, als eine andere in einen Pelz gehüllte Gestalt über Borken in der Außenhaut des Heims in ihre Richtung stürzte.
„Tscherlan! Tscherlan!“
„Ho, was willst du?“
Der Mann winkte schon aus der Ferne. „Dein Bruder, rasch. Dein Bruder …!“
Tscherlan erstarrte für einen Augenblick, dann eilte er weiter. Mayda blickte sich immer wieder um. Sie kannte alles aus Erzählungen, die in der Innenwelt kursierten, aber es mit eigenen Augen zu sehen, war eine völlig andere Sache. Der Himmel … die Schwebewolken … wie Watte, von einem Riesen ausgestreut. Manchmal bewegten sich schwarze Punkte weit über dem Heim. Vielleicht Himmelsrochen. Oder Fänger und Jäger bei der Arbeit. Ein Borkeneinschnitt beherbergte das Außenweltdorf: von den Innenweltlern gesteuerte Warmkuben, wie Geschwüre in der Haut eines Riesen. Mayda wußte, daß es den Innenwelt-Heimsprechern große Mühe kostete, das Heim zum Gesteuertwachstum solcher Warmkuben anzuregen. Der Preis für einen Warmkubus war dementsprechend hoch: viel, sehr viel Rochenfleisch und andere Dinge, die man im Innern benötigte. Sie begegneten jetzt anderen Außenweltlern. Mayda kannte die Zeichen, die sie an den Mänteln oder auf den Wangen trugen: Es waren Steuerer, Windmacher, Jäger, Fänger, Rochenreiter, Giftbanner, Contrabitter und viele andere.
„Hier entlang“, sagte Tscherlan knapp und deutete auf einen bestimmten Warmkubus. Er schlug eine Plane aus Rochenhaut beiseite und trat ein. Drinnen war leises Stöhnen.
„Djuroth?“ Vorsichtig trat Tscherlan an das Lager. Das Gesicht seines Bruders war mit braunen und grauen Pusteln bedeckt und schweißnaß. Er wälzte sich im Koma. Und manchmal formulierten seine aufgeplatzten Lippen kaum verständliche Silben. Mayda ließ sich dicht hinter Tscherlan auf dem Boden nieder. Sie schwieg. Außer Tscherlan und seinem Bruder waren noch zwei ältere Frauen und ein Außenweltweiser anwesend.
„Djuroth …“ Tscherlan wandte sich den Frauen zu. „Was ist geschehen?“
„Ein Fangunfall“, sagte eine. „Zusammen mit Drenth ist er zu einer Planktonwolke aufgestiegen. Sie haben sondiert und konnten keine Gefahren entdecken. Sie sind hineingeflogen. Doch im Innern hat sich ein Chamäleon verborgen. Sie haben die Gefahr zu spät bemerkt. Drenth ist tot. Und Djuroth ist von einer vollen Spuckladung des Chamäleons getroffen worden. Die Besatzung eines anderen Hohlbootes konnte es unschädlich machen, und sie brachte auch Djuroth hierher zurück. Wir mußten ihn gewaltsam von der Nervenverbindung mit dem Hohlboot lösen. Ich glaube nicht, daß er noch große Chancen hat.“
Tscherlan sah in das Gesicht Djuroths. Die Pusteln wuchsen weiter.
„Habt ihr es mit einem Giftbanner versucht?“
„Ja“, sagte der Weise. „Wir haben nichts unversucht gelassen. Es ist bereits zu spät.“ Er versah Mayda mit einem rätselhaften Blick. „Seltsam …“
„Was ist seltsam?“ knurrte Tscherlan.
„Dieses Mädchen …“
„Eine ehemalige Innenweltlerin, jetzt ans Draußen
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