Metropolis brennt
fröstelte. „Ich muß lernen, damit zurechtzukommen.“
Er nickte anerkennend. „Alles klar?“
„Ho!“ tönte es zurück.
Tscherlan löste die Taue. Ein sanfter Ruck, und das Heim schien in die Tiefe zu fallen. Die Segel blähten sich; der Himmelsfalke nahm Fahrt auf. Mayda sah durch die Transparenthäute. Winzige Gestalten auf der Außenborke des Heims winkten ihnen grüßend nach.
„Gleich“, sagte Tscherlan und kroch an ihre Seite, „kannst du das Heim in seiner ganzen Größe sehen.“
Sie wartete gespannt, während sich die Geschwindigkeit des Hohlbootes ständig erhöhte. Die Verstrebungen knirschten; der Mast ächzte. Leta im Ausguck winkte. Der Windmacher reagierte und schwenkte das Luftknochenruder. Leises Zischen, als neues Wasserstoffgas aus den Vorratsbeuteln in die Luftknochen des Rumpfes sickerte. Sie gewannen an Höhe.
„So, jetzt kannst du es sehen.“
Es war beeindruckend. Maydas Welt hatte bisher nur aus dem Heim bestanden. Sie hatte gewußt, daß es noch mehr gab. Aber wissen und erfahren, das waren zwei verschiedene Dinge. Es glich einer buckligen, dunklen Halbkugel, deren Wölbung nach unten wies. Lange Fadengebilde reichten weit in die Tiefe.
„Nesselfaden“, erklärte Tscherlan. „Damit fächelt das Heim Mikroorganismen aus der Luft und fuhrt sie den Verdauungsbereichen zu. Weißt du, all die organischen Rückstände, die wir und auch die Innenweltler dem Heim überlassen, reichen für seine Ernährung bei weitem nicht aus.“ Er lächelte. „Wer weiß, vielleicht sind es nur Leckerbissen für unsere große Mutter.“
„Es ist … gewaltig.“
„Es ist klein und winzig im Vergleich zu der anderen Welt.“ Er deutete erst hinauf zum Himmel, dann hinunter zum Tiefen Grund. Mayda beugte sich vor. Der Grund war nur undeutlich zu erkennen. Er mußte weit, sehr weit entfernt sein: ein verschwommenes, braungelbes Etwas. Verschiedenfarbige Schlieren wehten davor und machten es unmöglich, Einzelheiten zu erkennen. Mayda wich wieder zurück. Sie keuchte. Intensivkälte kroch nun in den Rumpf des Himmelsfalken. Der Atem verwandelte sich in Tausende von winzigen Eiskristallen. „Ho, dort unten ist es noch viel, viel kälter. Nur hier oben gibt es die Warmspuren, die unser Leben ermöglichen. Und auch die Existenz der Heime.“
„Es gibt noch mehr?“
„Ich habe einmal ein anderes gesehen. Es war größer als das unsere, und es beherbergte auch mehr Menschen. Ja, es gibt noch andere. Aber wie viele, das kann ich dir nicht sagen. Nun“, er deutete hinab zum Tiefen Grund, „es heißt, dort unten sei selbst die Luft gefroren. Es ist unmöglich hinabzufliegen. Der Druck würde die Boote zerstören und deinen Körper zerquetschen. Und wenn das nicht der Fall wäre, brächte dich die Atmosphäre um. Sie ist giftig, selbst für Außenweltler. Es gibt verschiedene Schichten. Weiter oben, nur wenige hundert Meter entfernt, existiert eine Sauberschicht, die sogar ein Innenweltler atmen könnte, wenn die Intensivkälte nicht wäre. Und etwas weiter unten weht eine Strömung, vor der wir uns vorsehen müssen.“ Er deutete auf einige andere Lederbeutel. „Vorsicht ist oberstes Gebot. Darum führen wir neben Wasserstoffgas auch immer einen Vorrat an Atemluft mit.“
„Wolkenzone voraus!“ rief Leta aus dem Ausguck. Tscherlan kroch zum Bug. Mayda folgte ihm. Weit voraus schwebte eine Düsterbank.
„Hm“, machte der Jäger. „Wir könnten Glück haben. In solchen Wolkenbergen halten sich oft Himmelsrochen auf. Oder Planktonkonglomerate.“ Er wandte sich dem Contrabitter zu. „Kannst du etwas wahrnehmen?“
Der Mann schloß die Augen und streichelte die Heimtochter an seiner Seite. „Nein. Keine Gefahr.
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