Metropolis brennt
Glaube ich. Aber wir sind noch zu weit entfernt.“
Mayda betrachtete den Contrabitter. Es war seltsam. Sie spürte die Kraft der Bittstimme in seinem Innern. Aber die Probitter und Heimsprecher der Innenwelt waren sehr viel mentalstärker. Das war ein Phänomen des Draußen: Nur wenige Außenweltler waren der Bittstimme mächtig. Und die, die sie beherrschten, waren vergleichsweise schwach. Sie versuchte, den kurzen Gedankenkontakt wieder zu lösen, aber etwas hielt sie fest und drängte sie zur Seite.
Mayda stöhnte.
Tscherlan wandte sich zu ihr um. „Etwas nicht in Ordnung?“ Ihr Gesicht war blaß. Und in den gelben Augen schimmerte ein eigenartiger Glanz. Der Windmacher im Heck des Bootes zeichnete mit beiden Händen ein Segnungszeichen in die Luft. „Mayda, was hast du?“ Er umfaßte ihre Schultern. Sie reagierte nicht auf ihn. Ihre Lippen bewegten sich und formulierten tonlose Laute.
Sie sah einen Schatten. Etwas Dunkles, das sich unaufhaltsam näher schob. Sieben Leuchtscheiben, die über die Wolkenbänke kletterten und sich weit oben am Himmel vereinigten.
„Ge … fahr.“ Leise, kaum verständlich. „Ge … fahr … es kommt eine Zeit … da alles …“
„Wir berühren die äußersten Ausläufer der Düsterbank!“ rief Leta aus dem Ausguck. Sie hielt die Netze bereit. Sie hatte die Veränderung Maydas nicht bemerkt. Der Contrabitter wich zurück.
„Es war ein Fehler, Tscherlan“, stöhnte er. Die Heimtochter zitterte unruhig. „Ein Fehler, hörst du. Die Weisen haben recht. Ein böses Omen. Wir …“
Tscherlan schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht.
„Bist du ein abergläubisches Kind oder ein Mann, Contrabitter?“
Maydas Augenlider flatterten, ihr Blick klärte sich. Verwirrt sah sie sich um und bemerkte die nervösen Blicke, die auf sie gerichtet waren. „Was …? Ich …“ Tscherlan nahm sie für einen Augenblick in die Arme. Draußen huschten dunkle Schlieren vorbei. Die Sicht reichte nur noch ein knappes Dutzend Meter. „Alles in Ordnung, meine Kleine.“
„Ich habe etwas gesehen. Eine Gefahr.“ Sie riß die Augen auf. „Vielleicht war es das, wovor uns dein Bruder warnen wollte. Vielleicht hat er es auch gesehen.“
„Was?“ In Tscherlans Augen leuchtete Interesse auf. „ Was hast du gesehen?“
Der Contrabitter schrie auf, und der Amorphkörper des Planktonlokalisierers verfärbte sich. Drei Düsterschatten schnellten sich dem Himmelsfalken entgegen. Über ihnen knirschte etwas. Ein kurzer, gellender Schrei.
„Lufthaie!“ rief der Contrabitter und konzentrierte sich. Mayda blickte empor. Der Ausguck war leer. Die Schutzplanen waren zerrissen und blutbefleckt. Ihr wurde übel.
„Es hat Leta erwischt!“ rief Tscherlan und griff nach der Armbrust. Ein zweiter Schatten tauchte auf, und der Jäger betätigte sofort den Abzug. Ein Bolzen aus geschliffener Hartborke bohrte sich in den Leib des Lufthais. Zischen, als tragendes Wasserstoffgas aus dem Blähkörper entwich. Der Hai stürzte in die Tiefe. Seine Spitzzähne funkelten im Schein des Lebenslichts wie glitzernde Juwelen. Tscherlan begann am Mast emporzuklettern.
„Ich … schaffe es nicht“, stöhnte der Contrabitter im Bug. „Etwas blockiert mich.“ Er drehte sich um. Seine Augen waren vor Anstrengung gerötet. „Sie ist es! Sie saugt die Kraft zur Abwehr des Luftfeindes aus mir heraus. Die Weisen haben recht. Sie ist ein böses Omen …!“
Ein dritter Lufthai tauchte direkt vor dem Bug des Himmelsfalken auf. Eine starke Erschütterung. Spitzzähne, die Luftknochen brachen und Rochenhautplanen zerrissen, sich in den linken Arm des Contrabitters bohrten. Der Außenweltler schrie. Tscherlan lud durch und feuerte in rascher Folge mehrere Bolzen ab.
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