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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Wie­der er­tön­te das Zi­schen, und der Hai stürz­te ab – mit dem lin­ken Arm des Con­tra­bit­ters. May­da eil­te an sei­ne Sei­te und mach­te An­stal­ten, den Rest des Arms ab­zu­bin­den, um so die Blu­tung zu stil­len.
    „Faß mich nicht an!“ keuch­te der Con­tra­bit­ter. „Es ist dei­ne Schuld. Dei­ne Schuld! Ich hät­te sie mit der Con­trastim­me ab­weh­ren kön­nen. Du hast mich blo­ckiert.“ Er ver­lor die Be­sin­nung. May­da kroch er­schro­cken zu­rück. Sie hat­te die hef­ti­ge Ab­leh­nung ge­spürt. Ih­re Haut ver­färb­te sich. Schar­lach­rot. Ei­ne zwei­te Er­schüt­te­rung. Tscher­lan stürz­te hin­un­ter und prall­te auf den Bo­den. Der Rumpf ächz­te und knirsch­te. Der Wind­ma­cher im Heck han­tier­te ver­zwei­felt an den Gas­be­häl­tern. Der Him­mels­fal­ke nahm er­neut Fahrt auf.
    „Ich hab’ es ge­se­hen“, stöhn­te der Jä­ger und rich­te­te sich auf. „Ein gan­zer Schwärm. Weit und breit ist kein Plank­ton zu er­ken­nen. Nur Luft­haie.“ Der Wind­ma­cher zeich­ne­te er­neut das Seg­nungs­zei­chen in die Luft und warf May­da einen düs­te­ren und gleich­zei­tig ängst­li­chen Blick zu. Tscher­lan um­faß­te ih­re Schul­tern.
    „Du mußt uns hel­fen, May­da. Du bist der Bitt­stim­me mäch­tig. Un­ser Con­tra­bit­ter ist aus­ge­fal­len. Viel­leicht ge­lingt es dir, die Luft­haie zu ver­trei­ben. Es muß dir ge­lin­gen. Es sind zu vie­le …“
    „Aber ich …“ Sie fürch­te­te sich vor der Kraft, die in ih­rem In­nern wohn­te. Sie fürch­te­te sich vor ei­nem neu­en Aus­bruch. Tscher­lan schüt­tel­te sie. „Du mußt!“ rief er ihr ins Ohr. Die Zirpschreie der Luft­haie ka­men nä­her.
    „Da sind sie, da sind sie!“ rief der Wind­ma­cher. „Und wir sind nicht schnell ge­nug. Nicht schnell ge­nug!“
    „ Ver­such es“, dräng­te Tscher­lan.
    May­da nick­te zag­haft, schloß die Au­gen und kon­zen­trier­te sich. Sie fürch­te­te sich da­vor, in den men­ta­len Ozean in ih­rem In­nern ein­zut­au­chen, sei­ne Gischt und sei­ne Wel­len zu durch­pflü­gen.
    „ Ver­such es!“
    Tscher­lan war der ein­zi­ge, der ihr Ver­trau­en ent­ge­gen­brach­te, der sie nicht ab­lehn­te. Sie be­rühr­te ihr Tie­fe­nich. Sie schöpf­te Kraft. Und sie brei­te­te ih­re un­sicht­ba­ren Ar­me aus und be­rühr­te die Hir­ne der nä­her trei­ben­den Luft­haie. Sie sä­te Angst und Schre­cken in ru­di­men­tä­ren Ge­dan­ken. Sie hol­te aus, schöpf­te mehr Kraft … und hör­te wim­mern­de Schreie. Sie öff­ne­te die Au­gen. Der Wind­ma­cher wälz­te sich am Bo­den, mit Schaum vor den Lip­pen. Tscher­lans Ge­sicht war ei­ne schmerz­er­füll­te Gri­mas­se.
    „Zu stark …“ stöhn­te der Jä­ger. „Viel … zu … stark.“
    Das Hohl­boot stürz­te ab. Die Warm­spur des Heims be­fand sich längst weit über ih­nen. Die Luft­kno­chen­ver­stre­bun­gen ächz­ten un­ter dem zu­neh­men­den Au­ßen­druck. Die Pla­nen aus Ro­chen­haut flat­ter­ten.
    „Das Ru­der …“ Tscher­lan kämpf­te ge­gen die Be­wußt­lo­sig­keit an. „Das Ru­der … wir dür­fen nicht tiefer hin­ab. Der At­mo­sphä­ren­druck wird uns zer­quet­schen. Nimm das Ru­der, May­da, ich …“
    May­da woll­te sich be­we­gen, doch ih­re Mus­keln ge­horch­ten ihr nicht. Wie­der sah sie das Bild: sie­ben Leucht­schei­ben, die lang­sam am Him­mel em­por­kro­chen und sich weit oben zu ei­nem Glanz­schim­mer ver­ei­nig­ten. Sie ver­nahm ei­ne fer­ne Stim­me, einen war­men Hauch, den Schat­ten von Zärt­lich­keit und Sym­pa­thie und … Hoff­nung. Das Heim. Sie leg­te den Kopf in den Nacken. Sie konn­te das Heim nicht se­hen, aber sei­ne Prä­senz füh­len. Ru­he brei­te­te sich in ih­rem In­nern aus. Die Wel­len­ber­ge ih­res Men­ta­l­ozeans glät­te­ten sich. Stil­le. Schwei­gen. Nur das Rau­schen der Kalt­strö­mun­gen, durch die der Him­mels­fal­ke in die Tie­fe trieb.
    Sym­pa­thie. Und Zu­nei­gung. Ver­trau­en. Und Hoff­nung.
    Ih­re Sin­ne er­wei­ter­ten sich. Sie fühl­te die Warm­po­ren an den Ro­chen­haut­pla­nen. Sie tas­te­te in den or­ga­ni­schen Mi­kro­kos­mos aus Ru­di­men­tär­ner­ven und Stoff­wech­sel­sys­te­men. Sie ver­wan­del­te und be­nutz­te.

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