Mias verlorene Liebe
schon ganz angebracht“, kommentierte Ethan trocken.
„Es tut mir so leid, Mr Black. Ich hatte doch keine Ahnung …“
„Kein Problem, Trish. Wenn Sie jetzt Jeff Bailey anrufen und ihm ausrichten würden, dass ich vermutlich etwas später zu dem Zehn-Uhr-Meeting erscheinen werde?“
„Selbstverständlich, Mr Black.“ Die Sekretärin eilte zur Tür.
„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht …“ Konsterniert brach Mia ab, als Ethan den Zeigefinger an die Lippen legte. Sie war von dieser Geste so überrascht, dass sie einen Moment innehielt, doch während hinter ihr die Tür ins Schloss fiel, begann sie eine neue Tirade. „Unverschämtheit! Ich lasse mir doch nicht von dir den Mund verbieten, du arroganter, anmaßender …“
„Du scheinst ja heute in Hochform zu sein!“ Entspannt lehnte Ethan sich in seinem ledernen Chefsessel zurück. Wieder trug er einen Maßanzug, diesmal anthrazitfarben, dazu ein hellgraues Hemd und eine sorgfältig geknotete Seidenkrawatte. „Irgendwie hatte ich so eine Ahnung, dir hier irgendwann heute Morgen noch zu begegnen.“
„Dann bin ich ja froh, dich nicht enttäuscht zu haben. Und stell dir vor: Wenn ich gewusst hätte, wo du wohnst, hätte ich dich schon letzte Nacht aufgesucht.“
„Ich bin vor ein paar Monaten in ein anderes Apartment gezogen.“
„Von deinem Managergehalt kannst du dir das ja wohl auch leisten.“
„Stimmt“, bestätigte er leichthin, obwohl ihm der Hohn einen Stich versetzte.
Kämpferisch hob Mia das Kinn. „Hättest du jetzt vielleicht die Güte, mir zu erklären, welcher Teufel dich geritten hat, mich beschatten und fotografieren zu lassen!“ Demonstrativ nahm sie die Fotos in die Hand, die aus dem Umschlag gerutscht waren. „Das ist ja, als würde mich ein perverser Stalker verfolgen!“
„Wie sollte ich dich denn sonst finden?“
„Solltest du ja gar nicht.“
„Zu spät“, bemerkte Ethan achselzuckend.
„Du hattest kein Recht, mich beschatten zu lassen und mein Privatleben auszuspionieren!“
„Den Aufenthaltsort der Tochter meines Stiefvaters ausfindig zu machen, betrachte ich nicht gerade als Ausspionieren. “
Bei dem Wort Stiefvater verschlug es Mia den Atem. Mochte sie die Vergangenheit auch noch so sehr verdrängen, diese Tatsache ließ sich nicht leugnen – Ethan war ihr Stiefbruder. Oh mein Gott …!
Ethan nutzte die Gesprächspause, um Mia verstohlen zu betrachten. Sein Blick glitt über den smaragdgrünen Pulli, der mit der Farbe ihrer Augen korrespondierte, die kurze schwarze Lederjacke und die hautenge Hüfthose. Die Jeans saßen perfekt und ließen keinen Zweifel daran aufkommen, wie makellos und sexy Mias Figur war.
Davon abgesehen war Ethan ohnehin bestens vertraut mit dem Körper der Frau, die ihm da so kämpferisch gegenübersaß. Er wusste genau, wie sie nackt aussah …
In den vergangenen Jahren hatte Mia stark an Gewicht verloren, aber der Schimmer ihrer Haut war noch immer so verführerisch wie damals. Ihre Brüste waren nicht mehr ganz so üppig, aber Ethan spürte förmlich, wie weich und warm sie sich anfühlen würden …
Was tue ich da! rief er sich schuldbewusst zur Ordnung. Wie konnte er sich nur diesen Fantasien hingeben?
Die Angelegenheit war kompliziert genug, da er taktisch geschickt vorgehen musste und Mia nicht einfach reinen Wein einschenken konnte. Sich jetzt Fantasien dieser Art hinzugeben, diente der Sache ganz bestimmt nicht. Außerdem hatte sie unmissverständlich klargemacht, dass sie derartige Gefühle in keiner Weise erwiderte und er sich keine falschen Hoffnungen zu machen brauchte.
Ruhelos stand Ethan auf. Ein Fehler, wie er erkennen musste, denn offensichtlich zeigten seine Gedanken bereits eine physische Wirkung … Rasch wandte er sich ab und gab vor, beschäftigt aus dem Fenster zu blicken. Gestern noch redete er sich ein, diese neue, kämpferische Mia nicht einmal leiden zu können – und nun strafte ihn sein verräterischer Körper Lügen!
Allerdings gab es auch eine sanfte, liebenswürdige Seite an dieser neuen Mia. Für den Bruchteil einer Sekunde war diese zum Vorschein gekommen, als sie sich bei der Sekretärin für ihr unfreundliches Verhalten entschuldigte. Und offensichtlich hatte dieser Moment genügt, um Ethans Gefühle für Mia neu zu entfachen.
„Von wem stammen diese Fotos, Ethan?“
Reiß dich zusammen! befahl er sich. Hör auf, dir vorzustellen, wie es mit Mia im Bett wäre! Jetzt ging es darum, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
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