Michael - der Beschützer
nervös, dass er sie ausdruckslos betrachtete. Wahrscheinlich war das noch ein Überbleibsel aus seiner Zeit als Polizist. Hinter ihr beschwerte sich jemand. Sie wich ein Stück zur Seite. Michael folgte ihr, als wären sie durch unsichtbare Fesseln miteinander verbunden.
“Na?” Sie verschränkte die Arme. “Sagst du gar nichts?”
“Ich dachte, du sagst etwas. Wolltest du dich nicht entschuldigen?”
Sie sah ihn gereizt an. Nur dieser Mann hatte ihr Temperament jemals so in Wallung versetzen können. Erneut wichen sie beide zur Seite und machten für ein junges Pärchen Platz, das zwei Reisetaschen vom Band nahm.
“Eric hat sich wohl geirrt.” Als er noch immer nichts sagte, biss sie die Zähne zusammen. “Er hat behauptet, du hättest zweimal beruflich mit Desiree Dupree zu tun gehabt.”
“Das stimmt auch”, bestätigte Michael. Sein letzter Fall als Detective bei der Polizei von New Orleans hatte sich um Desiree gedreht.
“Er erwähnte auch, ihr zwei würdet zusammenleben.”
“Das haben wir eine Zeit lang getan.” Michael überlegte, was er ihr erzählen sollte und ob es sie überhaupt interessierte. “Es hat nicht geklappt.”
“Oh.” Dass er nicht verheiratet war, machte diesen Mann noch gefährlicher. “Tut mir Leid.”
“Das ist schon längst vorbei.” Es schmerzte jetzt nicht, weil es auch damals nicht geschmerzt hatte. Nur eine Frau hatte ihm jemals das Herz gebrochen, und diese Frau stand leider viel zu dicht neben ihm. Er musste schnellstens auf neutralen Boden zurückfinden und wandte sich dem Gepäckband zu. “Sind das deine Sachen?”
Sie wandte den Blick von seinem verschlossenen Gesicht ab und betrachtete die Koffer. “Ja.”
Der Bann war gebrochen. Michael klemmte sich beide Koffer unter einen Arm und führte Lorelei zum Ausgang.
Die Filmmannschaft war im Fairmont abgestiegen. Michael hatte Lorelei jedoch unter falschem Namen im Whitfield Palace Hotel angemeldet.
“Nicht einmal du kannst mein Eintreffen in der Stadt geheim halten”, bemerkte sie, während sie mit dem privaten Aufzug für VIPs zur Suite unter dem Dach hinauffuhren.
“Das ist vermutlich unmöglich”, stimmte er zu. “Aber so bist du wenigstens abends nach den Dreharbeiten von den anderen Mitgliedern des Teams getrennt.”
“Willst du andeuten, ich könnte den Verfolger kennen und sogar mit ihm zusammenarbeiten?”
“Möglich. Es überrascht mich, dass Gerard noch nicht davon gesprochen hat.”
“Er hat es erwähnt”, räumte sie zögernd ein. “Ich habe ihm aber versichert, dass er sich irrt.”
“Und er kam nicht darauf zurück?”
“Er hat mich nicht informiert, was er unternimmt. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass er meinem Instinkt vertraut.”
“Das kann ich mir nicht vorstellen. Wahrscheinlich hat er so viel zu tun, dass es für ihn einfacher war, dich an mich weiterzugeben.”
“Meinen Fall an dich weiterzugeben”, verbesserte sie ihn. “Niemand gibt michweiter.”
“In Ordnung, du hast Recht.” Michael schwor, sich weder von ihrem verführerischen Duft noch von ihrer so energisch betonten Unabhängigkeit von seiner Arbeit abhalten zulassen. “Allerdings gehe ich kein Risiko ein. Mehrere Männer aus eurer Filmcrew kommen als Verdächtige in Frage.”
“Das glaube ich nicht!” Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihm kampfbereit an. “Nenne mir einen!”
“Fangen wir mit John Nelson an.”
“John?”
“Als Kameramann verfügt er über das technische Wissen, das nötig war, um die Kamera in deinem Schlafzimmer einzubauen.”
“Er mag über das Wissen verfügen, aber er würde so etwas nie tun. Außerdem interessiert John sich von allen Männer in unserer Gruppe am wenigsten für mich. Er ist nämlich schwul.”
Michael war nicht im Geringsten überrascht. “Er neigt leider auch dazu, auf Pferde zu wetten, und er ist bei den Buchmachern hoch verschuldet.”
“Was hat das mit mir zu tun, wenn er in finanziellen Schwierigkeiten steckt?”
“Wie viel würden gewisse schmierige Klatschzeitschriften oder Pornoverlage für Nacktaufnahmen von dir zahlen?”
Jetzt konnte sie eine Gänsehaut nicht mehr unterdrücken. Die Kopfschmerzen kehrten zurück, ebenso ein Brennen im Magen. Sie holte eine Rolle Magentabletten aus der Tasche und schob drei in den Mund.
“Das würde er nie tun”, behauptete sie erneut. “Wir sind Freunde. Im letzten Winter hat er mir sogar angeboten, bei ihm zu wohnen, nachdem mein Haus durch ein Gewitter unter
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