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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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Ehrengäste an. In Wellen braust der Beifall auf, als sie einer nach der anderen ihre Plätze einnehmen: Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi, der demokratische Mehrheitsführer im Senat Harry Reid, die republikanischen Minderheitenführer in Abgeordnetenhaus und Senat John Boehner und Mitch McConell, Außenministerin Hillary Clinton und die Chefinnen des Nationalkongresses schwarzer Frauen. Als Michelle erscheint, schwillt der Jubel besonders laut an. Bewundernde Blicke wie auf eine Königin richten sich auf sie. Ein Mädchen in gelbem Pullover thront auf den Schultern ihres Vaters und winkt aufgeregt in Michelles Richtung, um deren Aufmerksamkeit zu finden. Doch nun muss sie erst einmal stillhalten. Der Sprecher kündigt die Präsentation der Flaggen an. Als die Nationalhymne ertönt, bewegt Michelle die Lippen zum Text. Einen Mangel an Patriotismus kann man ihr schon lange nicht mehr vorhalten.
    Die Ehrenwache zieht ab, Bischöfin Vashti Murphy McKenzie spricht den Segen und bittet alle Anwesenden, sich an den Händen zu fassen, im Geist der Gemeinschaft. Ein vielstimmiges, lautes «Amen» ist die Antwort. Schüler der Ron Clark Academy, einer Kunstschule, die überwiegend Schwarze besuchen, tragen Sojourner Truth’ Lebensgeschichte in Gesang und Tanz vor. Da lächelt Michelle glücklich. Fühlt sie sich an ihre eigene Schulzeit an einer herausragenden High School mit Förderklassen für Ballett und Theater erinnert?
    Die Reden der Politiker preisen den Kampfgeist und Emanzipationswillen, der aus Sojourner Truth’ Lebensweg spricht, in immer neuen Variationen. Sie hieß eigentlich Izabella Baumfree, wurde «Belle» gerufen und war um 1797 als eines von 13 Kindern der Sklaven Elizabeth und James Baumfree im Staat New York geboren worden. Im Alter von neun Jahren wurde sie mit einer Herde Schafe für den Gesamtpreis von 100 Dollar an einen neuen Eigner verkauft und wechselte in den folgenden vier Jahren noch zweimal den Besitzer. Als sie 18 Jahre alt war, verliebte sie sich in Robert, der Sklave auf einer Nachbarfarm war. Doch der dortige Grundherr verbot die Beziehung, weil ihm die Kinder aus solch einer Verbindung nur gehören würden, wenn auch die Mutter sein Eigentum war. Nachdem Belle ein Kind von Robert geboren hatte, wurde sie gezwungen, einen älteren Sklaven namens Thomas zu heiraten, der ihrem Besitzer gehörte. Mit ihm hatte sie vier weitere Kinder, von denen das erste rasch starb.
    Seit 1799 hatte das Parlament des Staates New York Wege zur Abschaffung der Sklaverei diskutiert. Als Stichdatum im Gesetz war der 4. Juli 1827 vorgesehen. Belles letzter Eigentümer John Dumont wollte sie angeblich schon 1826 frei lassen, zog die Zusage aber zurück mit der Begründung, Belle habe wegen einer Handverletzung nicht die Arbeitsleistung erbracht, die für die Freilassung vereinbart war. Gegen Jahresende 1826 floh Belle mit ihrem wenige Monate alten Baby Sophia, nachdem sie, wie sie später betonte, «meinen Teil der Vereinbarung erfüllt» hatte. Die älteren drei Kinder ließ sie zu rück, da die nach dem New Yorker Gesetz über die Abschaffung der Sklaverei noch für ihren Besitzer arbeiten mussten, bis sie etwas über 20 Jahre alt waren. Sie kam bei der Familie Van Wagener unter, die Belles Rechtsstreit mit Du mont durch Zahlung von 20 Dollar beilegte. Der hatte aber zugleich ihren fünfjährigen Sohn Peter in den Südstaat Alabama weiterverkauft, was er nach dem Gesetz nicht mehr durfte. Belle zog mit Hilfe der Van Wageners vor Gericht – und gewann. Peter kam zurück. Sie zog mit ihm in die Stadt New York und arbeitete als Haushälterin für einen Pfarrer. 1843 erhielt sie, wie sie sagte, die Berufung von Gott, die Wahrheit (Truth) zu verkünden, nannte sich nun «Sojourner Truth» und zog als Wanderpredigerin umher, die die Abschaffung der Sklaverei in ganz Amerika zu ihrem Anliegen machte. Ihr wohl berühmtester Auftritt war ihre von Ironie und Witz getragene Rede auf dem Kongress für Frauenrechte 1851 in Akron, Ohio, mit dem Titel «Ain’t I a Woman?».
    Hillary Clintons Lobrede auf Sojourner Truth nimmt die erwartbaren Wendungen und wird mit höflichem Beifall bedacht. Michelle blättert derweil im Programm. Nur an der Stelle, als Clinton ruft: «Was für eine Ehre es doch ist, dass unsere großartige First Lady hier ist» und laute «Yeah-yeah-yeah!»-Chöre antworten, blickt sie auf. Während Sheila Jackson Lee spricht, eine schwarze Politikerin, die zu den Initiatoren der Ehrung zählt, hört die

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