Microsklaven
wirklich die Chance, »Eins-Null« zu sein. Der erste zu sein, der die erste Version von etwas macht. Die Antwort auf die Frage: »Bin ich Eins-Null?« unterscheidet die Microsklaven von den Cyberlords. Aber darüber hinaus ist da noch das, was Karla sagte - über das menschliche Dasein und den Traum der Menschheit. Ich habe so ein Gefühl, daß wir alle den Traum beschleunigen können, daß wir dort im Süden alle zusammen in Farbe träumen können und mit Ton. Wir können und werden diesen Wachtraum realisieren.
DONNERSTAG Später in derselben Woche
A ls ich Sachen für den Yardsale zusammensuchte, fand ich in der Garage einen halbpfündigen Klumpen Hackfleisch, der seit etwa vier Monaten in einem Miracle-Whip-Glas steckte - ein Experiment, das ich vergessen hatte. Das Fleisch war immer noch halbwegs rosa, und obendrauf wuchs ein grauer Flaum. »Damit wollte ich herausfinden, ob die Fleischindustrie die Rinder mit Konservierungsmitteln vollstopft«, erzählte ich Karla. Sie betrachtete das Glas. »Dein Gehirn«, sagte sie abschätzig, »während des letzten halben Jahres hier bei Microsoft.«
M om hat angerufen. Seit sie keine Geldsorgen mehr hat und Sport treibt, hört sie sich viel besser an. Nach einer kleinen Weile kam ich dazu, zu fragen, was genau Dad bei Michael macht. »Wie sieht Dads Job denn nun aus, Mom?«
»Naja, ich weiß nicht genau. Er ist nie hier. Er fährt mit Michael die Halbinsel rauf und runter... Sie holen überall Sachen zusammen. Richten das Büro ein, glaube ich.«
»Er arbeitet als Handwerker?«
Im Flüsterton: »So kann er mir nicht den ganzen Tag auf die Nerven gehen. Und er scheint glücklich zu sein, daß er gebraucht wird.« Wieder in normalem Tonfall: »Wann kommst du denn?«
»Nächste Woche.«
M ein Körper: Ich war heute den ganzen Tag lang wütend, und jetzt muß ich mich abreagieren. Ich bin zum letztenmal zu Microsoft gefahren, um mein Büro leerzuräumen. Zum aller -erstenmal, glaube ich, war ich dort ganz allein. Mir wurde bewußt, wie verkrampft, wie liebesarm und gefühlskalt meine Existenz bei Microsoft gewesen war - und ich wurde richtig sauer. Und jetzt will ich die ganze Sache nur noch vergessen und einfach weiterleben - einfach lebendig sein. Ich will vergessen, wie mein Körper ignoriert wurde, jahrein, jähraus, auf der Suche nach Codes, in dem Bemühen, die abstrakten Vorstellungen von jemand anderem zu erfüllen. Eine monolithische Technologiekultur wie bei Microsoft hat etwas an sich, was die Menschen dazu bringt, ernsthaft die fundamentalen Aspekte der Beziehung zwischen ihrem Gehirn und ihrem Körper zu überdenken - ihrer Seele und ihren Zielen, Dingen und Gedanken.
Vielleicht wäre mir das, wenn die Sache mit Karla nicht passiert wäre, niemals klargeworden - ich hätte meinen sinnenfeindlichen Lebensstil kritiklos akzeptiert. Sie hilft mir, mehr aus meinem Leben zu machen - und eine... Persönlichkeit zu haben.
I ch habe die Voice-Mail-Ansage auf meinem Büro-Anrufbeantworter gelöscht, die mir in den letzten sechs Monaten gute Dienste geleistet hat:
»Guten Tag. Sie sprechen mit dem mächtigen Underwood-Personal-Messaging-Center.
Interessieren Sie sich für Broyhill-Möbel? Dann drücken Sie die
Eins
Interessieren Sie sich für STP, das Neueste für den Rennfahrer? Dann drücken Sie die
Zwei
Interessieren Sie sich für den geräumigen, preiswerten Buick Skylark? Dann drücken Sie die
Drei
Interessieren Sie sich für Rice-A-Roni, die Spezialität aus San Francisco? Dann drücken Sie die
Vier
Interessieren Sie sich für Turtle Wax? Dann drücken Sie die
Fünf
Interessieren Sie sich für Dan? Dann drücken Sie die
Sechs
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Raute .«
A usgerechnet Shaw kam herein und hielt eine unbeholfene kleine Rede. Er sagte, er würde mich bestimmt vermissen, aber ich war einfach nicht in der richtigen Stimmung. Außerdem erzählte er - typisch Babyboomer -, er habe sich als Kind nichts aus Lego gemacht. »War mir zu 50er-Jahre-mäßig. Mit den Wolkenkratzer-Bausätzen von Kenner konnte ich mehr anfangen. ›Spielzeug von Kenner ist Spielzeug für Kenner‹ ... QUACK!«
A llerdings wies mich Shaw darauf hin, daß wir uns nun, da wir nicht mehr am Microsoft-E-Mail-System hängen, neue E-Mail-Adressen ausdenken müssen.
Ich glaube, der Internet-Name, den du dir aussuchst, verrät viel mehr über dich als dein richtiger Name. Ich werde bei der Wahl meines neuen Namens sehr
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