Microsoft Word - Atlan 031 - Panik in Quinto-Center.rtf
hatte Katras gesagt.
“Keine Maschinen? Keine Roboter?” sagte Kennon, lief auf mich zu und blieb dicht vor mir stehen. Er streckte mir seine Hand entgegen; ein Skelett aus Stahl mit Kunststoffgliedern und eingearbeiteten elektromagnetischen Hebeln.
Ich zwang mich dazu, die Hand zu schütteln.
“Tek!” sagte er mit heiserer Stimme. “Du mußt mir helfen! Ich werde wahnsinnig! Ich kann es nicht mehr ertragen. Ich habe zuviel durchgemacht! Zuviel!”
Ich schüttelte den Kopf.
Tat ich das Richtige, als ich fragte?
“Es ist umgekehrt!” sagte ich. “Im Augenblick ist dein Verstand, Ken, viel besser als meiner. Ich bin es, der deine Hilfe braucht!”
Katras nickte zustimmend.
“Du brauchst Hilfe?” fragte Ken. Seine Stimme klang schon jetzt nicht mehr so aufgeregt wie vor einigen Minuten.
“Ja”, sagte ich. “Zum Beispiel habe ich dich im Moment erst kennengelernt. Ich habe fast alle meine Erinnerungen verloren. In den nächsten Tagen wirst du mir helfen müssen; ich bin schlimmer dran als ein Blinder und Taubstummer.”
Er packte mich an den Schultern und schüttelte mich leicht.
“Das ist furchtbar!” sagte er. “Wir haben gemeinsame Probleme. Wir werden sie auch gemeinsam lösen.”
Lidlose Linsen blickten mich aus einem dunkelgrauen Totenschädel an. Die Stimme kam zwischen den weißen Zähnen hervor, die in rosarotem Kunststoff eingebettet, in stählernen Kiefern steckten. Ich sah, wie sich eine Zunge aus Kunststoff mit Bioplast zwischen den Kiefern bewegte. Das sollte mein Freund Kennon sein?
“Wir werden es versuchen”, sagte ich. “Lassen Sie uns bitte allein, Doc.”
Katras nickte und ging auf das Schott zu. Im gleichen Augenblick wurde es aufgerissen, und ein schlanker, weißhaariger Mann mit einem dunkelhaarigen Mädchen kam herein. Kennon wirbelte herum und schrie:
“Der da—das ist er! Er will meinen Körper zerstören! Er will endgültig ein Scheusal aus mir machen.”
Ich hob die Hand und sagte deutlich:
“Sie müssen Atlan sein, nicht wahr?”
Der Weißhaarige nickte.
“Geraten Sie nicht in Panik, Kennon”, sagte er und kam langsam auf uns zu. “Wir werden aus diesem Problem gemeinsam eine erstklassige Lösung erarbeiten. Das verspreche ich Ihnen. Was wir uns nicht leisten können, ist Panik. Und Sie sind nahe daran, Kennon, in unbegründete Panik zu geraten.”
4.
DR. MIANE VARESE: Ich hatte das Problem von allen Seiten betrachtet, hatte mehrere Stunden lang meine SoftWare vorbereitet und dann sämtliche Daten, Schriftstücke, Karten, Diagramme und Analysen dem riesigen Eingabeelement der Biopositronik vorgelegt. Kommentarlos hatte die große Rechenmaschine alles geschluckt und gespeichert.
Jetzt wartete ich.
Schon seit einer Stunde; der Chef hatte sich angesagt und ließ auf sich warten.
Vielleicht hatte ihn die Angelegenheit Tekener-Kennon aufgehalten.
Ich drehte meinen Sessel herum, sah auf die Uhr und wartete.
Auch ich litt, obwohl ich mich erst seit eineinhalb Jahren hier im Center aufhielt,
unter dem Syndrom, das jeden befiel, der hier lebte. Eine milde Form von Klaustrophobie, trotz des Solariums, trotz der Erholungsstätten und der Parks, die überall angelegt waren und ein trügerisches Gefühl der Naturverbundenheit vermittelten. Es ist ein Unterschied, ob man im Innern oder an der Oberfläche eines Mondes oder Planeten lebt; der Homo sapiens ist nun einmal nicht zum Troglodyten geboren.
Das Sprechelement der Biopositronik sagte auffordernd:
“Sämtliches vorgelegtes Material verarbeitet. Welche Schlüsse sollen gezogen werden?”
Ich zog das Mikrophon heran und sagte halblaut:
“Mit der Auswertung bitte warten. Zielperson noch nicht eingetroffen, wird aber erwartet.”
Der riesige Raum um mich herum trug dazu bei, daß ich mich auf den Aufenthalt auf Blind Man’s World freute. Er war mit biopositronischen Elementen aller Art förmlich vollgepfropft. Dort, wo sich keine Schaltkästen und Tanks, keine Zifferblätter, Uhren oder Bildschirme befanden, sah ich die breiten Kabel, die Verbindungen und die Abzweigungen von Energieleitungen. Jeder von uns freute sich, wenn er diesen Mond verlassen und einen Außenauftrag unternehmen konnte.
Obwohl wir sehr gern für die USO arbeiteten, obwohl wir uns sogar mit allen Absichten der Organisation identifizieren konnten, bedrückte uns der Aufenthalt hier mehr, als wir zuerst geglaubt hatten.
Männer wie Tekener und Kennon und wie sie alle hießen, wurden von uns beneidet, weil sie in Quinto-Center seltene Gäste
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