Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
gewiß nicht! Ihr Ägypter seid weit entfernt von euren Stützpunkten und werdet es von Tag zu Tag schwerer haben. Jeder weiß, daß ihr höchst ungern weit von eurem Lande entfernt seid und Ägypten auch nur ungern lange auf seinen Pharao verzichtet. Der Herbst wird kommen, dann der Winter, mit Kälte und Krankheiten. Auch Unmut und Überdruß werden sich einstellen. Laß dir’s gesagt sein, Bruder Ramses: Uns wird es besser gehen als euch. Und glaub auch nicht, uns könnte Wasser fehlen: Die Zisternen von Kadesch sind gefüllt, und wir haben einen Brunnen mitten in der Festung.»
Ramses trank einen Schluck Wasser, nicht, weil er Durst hatte, sondern weil er das Gespräch unterbrechen wollte, um nachzudenken. Was Muwatalli da vorbrachte, war nicht so einfach von der Hand zu weisen.
«Möchte mein Bruder nicht auch etwas trinken?»
«Nein, ich ertrage die Hitze sehr gut.»
«Fürchtest du dich etwa vor Gift, das am Hofe von Hatti ja häufig verwendet wird?»
«Dieser Brauch ist abgeschafft. Aber mir ist es dennoch lieber, wenn mein Mundschenk jedes Gericht vor mir probiert. Mein Bruder Ramses soll auch noch wissen, daß einer seiner Jugendfreunde, der junge und brillante Gesandte Acha, festgenommen wurde, als er, als Händler verkleidet, einen Spionageauftrag ausführte. Hätte ich unsere Gesetze angewandt, wäre er jetzt schon tot. Aber ich dachte, es würde dich beglücken, einen lieben Menschen zu retten.»
«Da täuschst du dich, Muwatalli. In mir hat der König den Menschen gefressen.»
«Acha ist ja nicht nur dein Freund, er ist der wahre Vorsteher der ägyptischen Gesandtschaften und darüber hinaus der bester Kenner des Nordens und Ostens. Mag der Mann in dir auch nichts mehr empfinden, der Herrscher wird seinen nützlichsten Beamten nicht opfern.»
«Was schlägst du vor?»
«Ist ein wenn auch zeitlich begrenzter Friede nicht besser als ein verheerender Kampf?»
«Friede… Unmöglich!»
«Denk nach, mein Bruder: Ich habe nicht die ganze hethitische Armee in diese Schlacht geworfen. Hilfstruppen werden nicht mehr lange auf sich warten lassen, und dann wirst du neue Kämpfe zu bestehen haben und gleichzeitig die Belagerung aufrechterhalten müssen. Derartige Anstrengungen übersteigen deine Möglichkeiten an Männern und Waffen, und dein Sieg wird sich in Untergang wandeln.»
«Du hast die Schlacht bei Kadesch verloren, Muwatalli, und du wagst von Frieden zu reden!»
«Ich bin bereit, meine Niederlage schriftlich einzugestehen. Sobald du das Schriftstück in Händen hältst, wirst du die Belagerung aufheben, und dann wird Kadesch endgültig als Grenze meines Reiches bestimmt. Niemals wird meine Armee von Ägypten Besitz ergreifen.»
SECHSUNDFÜNFZIG
DIE TÜR zu Achas Zelle ging auf. Trotz seiner Kaltblütigkeit zuckte der junge Gesandte zusammen: Das verschlossene Gesicht der beiden Wachmänner verhieß nichts Gutes. Seit er hier eingekerkert war, rechnete Acha täglich mit seiner Hinrichtung. Die Hethiter gingen nicht nachsichtig um mit Spionen.
Axt, Dolch oder ein erzwungener Sprung von einem Felsen herab? Der Ägypter wünschte sich einen schnellen Tod, er wollte kein Anlaß sein für ein grausames Schauspiel.
Acha wurde in einen kalten und düsteren Saal geführt, an den Wänden hingen zur Zierde Lanzen und Schilde. Wie immer hatte man in Hatti den Krieg vor Augen.
«Wie geht es dir?» fragte ihn die Priesterin Puducheba.
«Ich habe nicht genügend Bewegung und schätze auch euer Essen nicht sonderlich, aber ich bin noch am Leben. Ist das nicht ein Wunder?»
«In gewisser Weise schon.»
«Ich habe das Gefühl, daß dieses Glück allmählich zu Ende geht… Doch deine Anwesenheit beruhigt mich: Könnte eine Frau so unerbittlich sein?»
«Glaub nur nicht, eine Hethiterin würde Schwäche zeigen.»
«Würde mein Charme nichts ausrichten?»
Wut belebte das Gesicht der Priesterin.
«Bist du dir über deine Lage im klaren?»
«Ein ägyptischer Gesandter weiß lächelnd zu sterben, selbst wenn er an allen Gliedern zittert.»
Acha dachte an Ramses’ Zorn, selbst in der anderen Welt würde er ihm noch vorwerfen, daß es ihm nicht gelungen war, aus Hatti herauszukommen, um ihm das gewaltige Bündnis, das der Herrscher zustande gebracht hatte, zu schildern. Hatte die Bauersfrau seine kurze, aus drei Wörtern bestehende Botschaft überbringen können?
Er glaubte es kaum, aber wenn es so war, dann mußte der Pharao den Sinn eigentlich begriffen haben.
War die Mitteilung nicht
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