Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende
Kämpfe, Gil Akotai, führte sie an.
Über dem Imperialen Palast manifestierte sich die
riesige fliegende Stadt Neue Hoffnung, deren Türme
aus Glas und Silber wie eine unmöglich gewaltige
Schneeflocke leuchteten. Die Menschen am Boden
jubelten ihr zu, aber die Esper bemerkten es nicht.
Sie bemühten sich darum, auch noch den letzten Rest
ihrer Kräfte durch Diana Vertue zu lenken. Es war
ein furchtbares Erlebnis, sich nach all diesen Jahren
direkt mit ihrer Urahnin konfrontiert zu sehen. Endlich hatten sie ihre Gründerin und Erschafferin gefunden, nur um zu erfahren, dass sie eine verrückte
Gottheit war und keinen anderen Wunsch hegte, als
ihre Kinder zu verschlingen. Die Überseele hatte jedoch noch ein paar Trümpfe im Ärmel. Ein paar
Tipps der Präkogs. Die Überseele schickte Krähenhannie und den Ekstatiker Freude in den Thronsaal.
Wie sie da allein vor dem letzten Thron stand,
machte Alicia im Grunde nicht viel her, war nur eine
kleine blonde Frau in einer altmodischen Raumfahreruniform, und fremdartig wirkten an ihr nur die riesengroßen dunklen Augen, die das kleine blasse Gesicht
beherrschten. Sie war die Art Frau, an der man täglich
vorbeiging, ohne noch einmal hinzusehen. Aber obgleich sie ihren Lichtschein abgeschaltet hatte, lag ihre
Präsenz noch immer schwer auf dem Thronsaal wie ein
Stiefel, der in ein Gesicht trat. Sie beherrschte den ganzen Hof allein durch ihre Existenz.
Hinter ihr betraten ein Mann und eine Frau Seite
an Seite den Thronsaal: Alessandra Duquesne, Letzte
der Wahnschlampen, und Johann Schwejksam, Letzter der alten Legendengestalten. Alessandra war vom
Himmel gestürzt und hatte ihn aus dem dicksten Getümmel gezerrt. Sie trug ihn zum Palast, und die
Worte weil wir gebraucht werden waren alles, was
sie zu sagen hatte. Schwejksam ließ es dabei bewenden. Er war plötzliche Umschwünge in seinem Leben
gewöhnt. Zunächst war Alessandra ein wenig verwirrt und glaubte, dass sich eine dritte Person in
Schwejksams Gesellschaft befand, aber sie verbannte
den Gedanken daran und konzentrierte sich lieber
darauf, so schnell wie möglich den Palast zu erreichen. Warum weint Ihr?, fragte Schwejksam sie, und
sie erzählte ihm, dass sie ihre älteste Freundin hatte
umbringen müssen. Schwejksam nickte nur verständnisvoll. Rebellionen töten deine Freunde immer
zuerst, sagte er und dachte dabei an Alexander Sturm
und andere zurück.
Er und Alessandra umgingen Alicia vorsichtig
und hielten dabei auf ordentlich Abstand zu ihr. Sie
spürten richtig die Macht, die von ihr ausstrahlte.
Sie schlossen sich Douglas und Finn und Diana vor
dem Thron an. Schon beim Betreten des Thronsaals
hatten sie Alicias seltsame Geschichte mitgehört.
Jetzt informierten sie den König und den Imperator
über den Zusammenbruch der Besessenenheere, und
Douglas nickte, erleichtert darüber, dass es wenigstens ein Problem gab, um das er sich vorläufig keine Gedanken mehr machen musste. Er nickte
Schwejksam zu.
»Ich habe gehört, dass Ihr wahrhaft der legendäre
Kapitän Johann Schwejksam seid. Warum habt Ihr
Euch die ganzen Jahre lang als Samuel Sparren getarnt? Wusste mein Vater davon?«
»Nein«, antwortete der Kapitän. »Niemand wusste
es. Darauf kam es ja an. Ich hielt es für besser, meine
wahre Identität geheimzuhalten.«
»Das erlebt man derzeit oft«, sagte Douglas.
Und da tauchte Krähenhannie direkt neben ihnen
auf, begleitet von Freude, und alle fuhren zusammen.
Krähenhannie trug ihre ramponierte Lederjacke mit
einem Waffengurt voller Wurfsterne quer über dem
Busen. Ihr spitzes Gesicht wirkte noch bleicher als
üblich, sodass sich das pechschwarze Haar, die Lippen und das dicke Augen-Make-up scharf davon abhoben. Freude, dessen Gehirn chirugisch so manipuliert worden war, dass er in einem konstanten Orgasmus lebte, lächelte alle strahlend an; er war ein
durchschnittlicher, fast unauffälliger Mann in
schlichtem weißem Kittel. Krähenhannie nickte Diana forsch zu.
»Die Überseele schickt uns. Niemand scheint so
recht zu wissen warum, aber unsere Präkogs sind
sich darin einig, dass Freude hier auftauchen müsse.
Fragt mich nicht, was er hier ausrichten soll, es sei
denn, er hätte vor, Alicia todzulächeln.«
»Ich bin hier«, verkündete Freude höflich, »weil
es so sein muss. Und wie oft kann man das mit Gewissheit sagen? Hallo Alicia!« Dann spazierte er davon, um sich ein paar Wände anzusehen.
»Ich fühle mich gleich viel sicherer«, sagte Finn
Weitere Kostenlose Bücher