Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
wahre Gefahr. Wahrscheinlich steht sie auch mit den Pantathianern in Verbindung.«
Nicholas fragte: »Könnt Ihr ihr gegenübertreten?«
Nakor lachte. »Das ist nicht schwer. Überleben ist schwer.«
Nicholas mußte ebenfalls lachen. »Was braucht Ihr?«
»Ach, einige Sachen. Und ich brauche Anthony.«
»Fragt ihn nur. Er wird sicherlich mitkommen.«
»Wahrscheinlich«, sagte Nakor. »Ich werde vor Einbruch der Dunkelheit zurück sein.«
Er verließ den Raum, und Nicholas setzte sich und dachte nach. Er ließ sich noch einmal alle Teile seines Plans durch den Kopf gehen.
Das Schiff mußte gekapert und durch den äußeren Hafen bis zur Mündung des Flusses gebracht werden, wo es auf die Flußschiffe mit den Vorräten und Passagieren warten sollte. Die Flußschiffe mußten vom Hafen zum Strand in der Nähe des abgebrannten Bauernhauses gebracht werden, wo die Gefangenen sie besteigen konnten, und dann den Fluß hinunter zum Schiff gebracht werden. Die Gefangenen mußten befreit und verteidigt werden, bis die Flußschiffe ankamen.
Er ließ sich aufs Bett fallen. In seinem linken Fuß begann das Ziehen wieder. »Das wird niemals gutgehen«, stöhnte er.
Ghuda stand auf dem Dach der Herberge, auf einer Aussichtsplattform, die als Wachtturm für den kleinen Gebäudekomplex gedacht war. Praji und Nakor kletterten die kleine Leiter zu ihm herauf.
»Was macht Ihr hier oben?« fragte Praji. »Nicholas will mit uns den Plan besprechen.«
Ghuda hob die Hand. »Einen Augenblick noch.«
Nakor sagte: »Oh.«
Ghuda zeigte auf den Sonnenuntergang. »Nakor, weißt du noch, wie du zu mir gesagt hast, es gäbe auch an anderen Meeren Sonnenuntergänge? ›Es gibt viele erhabene Anblicke und großartige Wunder zu bestaunen.‹ Erinnerst du dich noch?«
Nakor grinste. »Damit wollte ich dich nur überreden.«
Ghuda lächelte. »Hab mir in letzter Zeit keinen mehr anschauen können. Vielleicht ist das meine letzte Gelegenheit.«
Praji meinte: »Dummes Gerede.«
Ghuda zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Vorahnungen oder so, doch bei unserer Lebensart …«
Praji nickte und sagte nichts.
Die Sonne senkte sich über die Stadt. Vor ihnen breitete sich in alle Richtungen ein Meer von Dächern aus. Die Stadt zog sich auf der einen Seite an der Bucht entlang, auf der anderen lag die Flußmündung. Hinter den Häusern im Westen konnte man das Meer als schmalen blauen Streifen erkennen.
Die Sonne sank tiefer und tauchte wie ein orangefarbener Ball in den Abenddunst ein. Niedrige Wolken wurden von silbernen, goldenen und rosafarbenen Lichtsäumen umgeben, und der Himmel war mit rot-goldenen Streifen überzogen.
Die Sonne verschwand langsam, und im letzten Moment sahen sie einen grünen Blitz. Ghuda lächelte. »Das habe ich noch nie gesehen.«
Nakor sagte: »Haben die meisten Menschen noch nicht. Man muß eine ganze Menge Sonnenuntergänge über dem Wasser angucken.
Die Wolken müssen richtig stehen, und das Wetter muß das richtige sein, und selbst dann kann man es noch verpassen. Ich habe es auch erst einmal in meinem Leben gesehen.«
Praji sagte. »Lohnt sich aber.« Er lachte. »Jetzt kommt schon. Das war das letzte Vergnügen vorläufig.«
Ghuda zögerte noch einen Augenblick lang, dann sagte er:
»Wunder zu bestaunen.« Er wandte sich ab und folgte den anderen nach unten.
Flucht
Harry kam in den Raum gelaufen.
Nicholas fragte: »Was ist los?«
Atemlos meinte Harry: »Da ist eine Abteilung von Soldaten des Oberherrn im Anmarsch.«
»Hierhin?« fragte Marcus, stand auf und schob seinen Stuhl zurück.
»Vielleicht. Ich weiß es nicht. Sie durchqueren den Basar und kommen diese Straße entlang. Und sie sehen nicht besonders freundlich aus.«
Nicholas sagte: »Brisa, lauf hoch aufs Dach und gib uns Bescheid, wenn sie hierhin kommen.« Er rief den Männern aus Crydee Befehle zu, und die eilten los, um sie auszuführen. Es war Mittag, und im Gemeinschaftsraum hielt sich vielleicht ein halbes Dutzend Fremde auf. Nicholas schrie: »Jeder, der nicht plötzlich mitten in einem Kampf stehen möchte, sollte jetzt lieber gehen!«
Einige der Männer rannten zur Tür, während sich andere eher lässig bewegten. Plötzlich rief Nakor: »Nicholas! Dieser Mann da! Laß ihn nicht gehen!«
Nicholas wirbelte herum und entdeckte einen dünnen Kerl in unbeschreiblicher Arbeitskleidung, der gerade auf die Tür zueilte.
Nicholas sprang auf ihn zu und zog seinen Dolch. Der Mann zog ebenfalls seinen Dolch und stach damit
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