Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
wir erst das Bittere Meer erreicht haben, werden wir sie ohne Zweifel einholen.«
Nicholas fragte: »Wann werden wir sie frühestens sehen?«
»Jederzeit«, meinte Amos. »Wir könnten sie unterwegs sogar überall überholt haben.«
Zwei Stunden später rief der Ausguck: »Segel in Sicht!«
Nicholas ließ so viel Segel wie möglich setzen, damit das Schiff seine höchste Geschwindigkeit erreichte. Nach einer Weile rief der Ausguck: »Ich kann sie ausmachen, Käpt’n. Es ist die Königliche Möwe !«
Amos rief: »Alle Mann auf ihre Posten!«
»Nein«, sagte Nicholas.
»Nein?« fragte Amos.
»Wir werden sie jetzt noch nicht angreifen.«
»Warum nicht, um der Götter willen?«
Ghuda kam an Deck. Praji und Vaja folgten ihm. Nicholas wandte sich an sie alle. »Wir haben keine Ahnung, wie viele Männer sie an Bord haben. Und wir haben auch die Überraschung nicht auf unserer Seite. Ich werde sie nicht eher angreifen, bis wir die Straße der Finsternis durchquert haben und fast zu Hause sind.«
»Warum das?« wollte Harry wissen, der vom Hauptdeck zur Brücke hochstieg.
Nicholas erwiderte: »Weil ich keine dieser Kreaturen bis nach Krondor kommen lassen will. Falls ich muß, binde ich die Schiffe zusammen und brenne sie nieder. Und wenn wir dann schwimmen müssen, haben wir es nicht mehr so weit bis zur Küste.«
Amos fluchte. »Nun, dann müssen wir sie verfolgen und können nur hoffen, daß ihr Kapitän nicht allzu phantasievoll ist.«
Nicholas sagte: »Gebt den Befehl aus, daß wir fliehen, falls sie uns angreifen wollen.«
Amos sagte: »Das gefällt mir gar nicht –«
»So lautet mein Befehl«, sagte Nicholas. »Wir greifen sie nur an, falls sie sich den Freien Städten oder Kesh zuwenden. Ansonsten werden wir sie nach Hause verfolgen.«
»Aye, Käpt’n«, sagte Amos und salutierte. Auf seinem Gesicht spiegelten sich gleichermaßen Stolz und Zweifel wider.
Gefecht
Nicholas sah hinüber.
Der Nachbau der Königlichen Möwe trimmte die Segel und wurde langsamer. Es war eine Einladung für die Adler , ein Entermanöver zu versuchen. Amos stand auf der Brücke. In den letzten zwei Wochen war er ständig hier gewesen, doch den Befehl über das Schiff hatte er immer noch nicht von Nicholas zurückverlangt.
Nicholas hatte seine Wissenslücken, was die Seefahrt betraf, zunächst mit Pickens’ und schließlich mit Amos’ Hilfe schließen können. Amos hatte ihm im Scherz gesagt, in ein oder zwei Jahren würde er einen hervorragenden Schiffsjungen abgeben, doch das hatte nur Nicholas’ Zweifel bestärkt, ob nicht seine Glückssträhne irgendwann zu Ende sein könnte.
Amos sagte nachdenklich: »Sie fragen uns gar nicht erst, ob wir uns mit ihnen schlagen wollen.«
Nicholas stimmte zu. »Sie wissen, daß wir es jetzt noch nicht wollen. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was sie eigentlich vorhaben.«
Amos rief nach oben: »Ist achtern irgend etwas in Sicht?«
Der Ausguck rief zurück: »Nichts, Admiral!«
Sie hatten die Straße der Finsternis vor einer Woche hinter sich gelassen und hielten jetzt Kurs auf Durbin. Nicholas fragte: »Du glaubst doch nicht wirklich, daß hinter uns irgend etwas auftaucht?«
»Man kann nie wissen«, meinte Amos. Er spuckte über die Reling. »Diesen Schlangen ist es mit Magie gelungen, diese pesttragenden Kreaturen zu erschaffen. Sie hatten Jahre Zeit, dies alles zu planen; vielleicht haben sie schon in dem Moment damit angefangen, als Murmandamus in Sethanon starb.« Er lächelte.
»Genauer gesagt, würde es mich nicht wundern, falls sie irgendwo auf dem Bitteren Meer ein Schiff in Reserve hätten. Und dann würde es auch Sinn machen, daß sie langsamer werden.«
Nicholas sagte: »Dieses Risiko müssen wir wohl eingehen.«
In diesem Augenblick rief der Ausguck: »Segel in Sicht!«
»In welcher Richtung?« fragte Nicholas.
»Geradewegs Steuerbord, Käpt’n!«
Nicholas und Amos gingen zur Reling, und nach einer Weile hatten sie das Segel entdeckt. »Das Schiff kommt rasch näher«, sagte Nicholas.
Amos sagte: »Hm-hm. Es ist ein Kutter aus Kesh. Freibeuter aus Durbin. Zeit, daß wir Flagge zeigen.«
Der Nachbau des königlichen Kriegsschiffs hatte alle möglichen Flaggen und Hoheitszeichen an Bord. Nicholas rief: »Hißt die Fahne des Königreichs und das fürstliche Wappen von Krondor.«
Amos sagte: »Und laß meinen Stander dazusetzen, wenn du schon mal dabei bist.«
Nicholas ließ den Flottenstander des Admirals ebenfalls hissen, und
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