Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
er in den Hafenkneipen gerne mal zu tief ins Glas schaut.«
Amos taumelte ein wenig und hielt sich an der Reling fest.
Nicholas sagte: »In Ordnung. Es reicht. Ab zurück ins Bett. Ich werde dir den Befehl mit größtem Vergnügen wieder übergeben, wenn du gesund bist. Aber bis dahin wird es noch etwas dauern.«
Während Nicholas Amos zurück in seine Kabine half, sagte Amos: »Nicky, würdest du mir einen Gefallen tun?«
»Was denn?«
»Wenn wir zu Hause ankommen, erzählst du deiner Großmutter aber nichts von dieser Sache. Wir brauchen sie ja nicht unnötig aufzuregen.«
Nicholas sagte: »Ich denke, sie wird die Stichwunde in deinem Bauch so oder so bemerken, Amos.«
»Bis dahin habe ich mir eine gute Geschichte ausgedacht«, erwiderte der.
Nicholas half ihm in seine Koje, und noch ehe er die Kabine wieder verlassen hatte, war Amos bereits eingeschlafen.
Die Zeit verging. Nicholas’ Angst, was Streitigkeiten zwischen den Männern wegen der Frauen anging, hatte sich als unbegründet herausgestellt. Jedenfalls, solange die sie verfolgende Kriegsgaleere in Sicht war. Manchmal gab es stundenlang keine Zeichen von der Droman, bis sie kurz vor Sonnenuntergang oder in der Morgendämmerung wieder auftauchte.
Die befreiten Gefangenen von der Fernen Küste hatten sich inzwischen genug erholt, um an Deck spazieren zu gehen. Das Dutzend Frauen und lasha mit ihren vier Mädchen gaben sich alle Mühe, den Groll der Söldner und Flußschiffer zu zerstreuen.
Zweimal hatte Nicholas schon Streit schlichten müssen, doch diese Vorfälle beurteilte er kaum ärger als die Auseinandersetzungen zwischen Lehrjungen, wie er sie so oft in Krondor beobachtet hatte.
Die Flußschiffer lernten die Arbeiten auf Deck rasch. Die Soldaten aus Crydee übernahmen wieder die gleichen Aufgaben, wie schon auf der Hinfahrt. Nicholas, Marcus und Harry sammelten Erfahrungen, wie man ein Schiff führt.
Jeden Tag besprach Nicholas sich mit Amos, der ihm mit Hilfe seiner Karten und seines Logbuches versuchte, das Navigieren beizubringen. Sie näherten sich einer Stelle, von der Amos annahm, daß dort ein günstiger Wind wehen würde. Sie hatten Novindus bereits hinter sich gelassen, und jetzt wurde das Wasser dunkelblau, was einen Wechsel in der Strömung versprach. Nicholas wollte an diesen Wechsel noch nicht recht glauben, doch Amos tat es, und der hatte sich schließlich bereits vierzig Jahre länger auf Schiffen herumgetrieben.
Das Leben auf dem Schiff wurde zum Trott, allerdings gab es immer Spannungen. Die wenigsten Menschen können jedoch dauernd mit schlechter Laune leben; also wurde auch viel gelacht.
Harry und Brisa stritten sich zwar ständig, konnten sich allerdings auch kaum voneinander trennen.
Margaret und Anthony sah man oft am Bug, wo sie so allein wie unter diesen Umständen möglich sein konnten. Sie fielen längst nicht so auf wie Brisa und Harry, aber das tun ja auch nur die wenigsten Pärchen.
Marcus und Abigail hatten sich in stille Zufriedenheit zurückgezogen. Marcus legte jedes Mal die Stirn in tiefe Falten, wenn Abigail erwähnte, wie gern sie Krondor und Rillanon besuchen würde. Nicholas glaubte, sein Cousin würde sich in Zukunft nie wieder weiter als eine Tagesreise von Zuhause entfernen, wenn es nicht unbedingt notwendig oder er auf der Jagd wäre.
Sein eigenes Leben fand Nicholas erstaunlich befriedigend. lasha war leidenschaftlich und brachte ihm viele Dinge bei, und er war ein mehr als williger Schüler. Die Pflichten als Kapitän auf dem Schiff, die Aufsicht beim Drill der Soldaten für den bevorstehenden Kampf, die Zeit, die er mit Amos verbrachte – das alles machte ihn mehr als glücklich. Er wußte, daß es einen Kampf geben würde und daß das Schicksal seiner Heimat auf Messers Schneide stand, doch er zog es vor, diese Probleme zu verdrängen, solange es noch nicht so weit war. Und gerade der bevorstehende Kampf vergrößerte noch seine Dankbarkeit für die guten Dinge, die ihm auf dieser Reise bisher begegnet waren. Bis es soweit sein würde, gab er sich mit der Arbeit, dem Zusammensein mit seinen Freunden und der Zuneigung einer schönen Frau zufrieden.
Nicholas verliebte sich nicht in das Mädchen, auch wenn er eine tiefe Zuneigung für lasha fühlte. Sie hatte sich als gewiefte und schlaue junge Frau entpuppt, die genauso gerissen war wie Brisa.
Was Brisa bei ihrer ersten Begegnung als Kälte bezeichnet hatte, war im Grunde nichts anderes als ein starker Überlebenstrieb, lashas Mangel
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