Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
…« Er ließ die Drohung unausgesprochen.
Harry stieg eilig die Kajütstreppe hinunter und holte Nicholas ein.
»Das muß aufhören«, sagte er.
»Was?« fragte Nicholas.
»Diese Rangelei mit Marcus. Dabei wird noch jemand ums Leben kommen.«
Nicholas trat zur Seite, als zwei Seeleute ein schweres Tau zwischen ihnen hindurchzogen. Amos schrie seinen Männern vom Achterdeck her Befehle zu. Nicholas sagte: »Solange Marcus nicht mit seinem Haß aufhört, oder mir zumindest ein wenig vertraut, kann ich auch nichts machen.«
Harry sagte: »Sieh mal, er ist eigentlich kein schlechter Kerl. Ich war lange genug um ihn herum, damit ich das mitbekommen konnte.
Er ist in vielerlei Hinsicht wie dein Vater.« Nicholas kniff bei dieser letzten Bemerkung die Augen zusammen. »Ich meine das ernst, Nicholas; dein Vater ist ein ziemlich harter Mann, aber er ist gerecht. Marcus hat nur ein wenig die Beherrschung verloren, deshalb ist er dir gegenüber ungerecht. Wenn du ihm die Gelegenheit gibst, das Richtige zu tun, wird er es tun.«
»Und was schlägst du vor?«
»Ich weiß es nicht, aber es muß doch einen Weg geben, ihm zu zeigen, daß du nicht sein Feind bist.« Er deutete mit dem Daumen über die Schulter hinweg Richtung Westen. »Der wirkliche Feind sitzt dort draußen.«
Wenn er an die schrecklichen Dinge dachte, die ihm sein Onkel in der Nacht zuvor erzählt hatte, blieb Nicholas nichts anderes übrig als zu nicken. »Ich denke, ich werde einen Weg finden.«
Harry sagte: »Gut, ich werde mit Marcus reden und versuchen, ihn zur Vernunft zu bringen. Wenn dir etwas einfällt, um so besser, denn wir drei werden uns gegenseitig noch brauchen, ehe diese Sache durchgestanden ist.«
Nicholas grinste: »Woher hast du auf einmal diese Weisheit, Harry von Ludland?«
Harry grinste ebenfalls. »Aus Spaß ist eben Ernst geworden.«
Nicholas nickte. »Ich werde mit Amos reden. Laß Marcus in einigen Minuten in die Kapitäns-Kabine kommen.«
Nicholas machte sich zum Achterdeck auf. Als er Amos erreichte, sagte er: »Amos, wir müssen reden.«
Amos sah Nicholas an und bemerkte den ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht. »Unter vier Augen?«
»Deine Kabine wäre nicht schlecht.«
Amos wandte sich an den Ersten Maat. »Übernehmt das Kommando, Mr. Rhodes.«
»Aye, Käpt’n!« rief der Maat.
»Haltet das Schiff auf Kurs. Ich bin in meiner Kabine.«
Sie machten sich auf den Weg zu Amos’ Kabine. Auf der Kajütstreppe konnten sie durch die offene Tür in die Kabine sehen, die Marcus sich mit Nakor, Calis, Ghuda und Anthony teilte. Die vier lagen in ihren Kojen und waren froh, daß sie sich nach den nächtlichen Vorbereitungen und vor den noch hektischeren Tagen, die auf sie zukamen, ein wenig ausruhen konnten. Nicholas winkte ihnen zu.
Amos öffnete die Tür seiner Kabine und sagte, als sie drinnen waren: »Was gibt’s, Nicky?«
»Wir müssen noch auf Marcus warten.«
Einige Minuten später klopfte es, und Nicholas machte die Tür auf. »Was gibt’s?« fragte Marcus und trat ein.
Nicholas sagte: »Setz dich.«
Marcus blickte Amos an, und der Kapitän nickte.
Nicholas sagte: »Ich weiß über Sethanon Bescheid.«
Amos sagte: »Ich habe dir doch auch alles erzählt, Nicky Was meinst du damit?«
»Ich meine, Onkel Martin hat mir alles erzählt.«
Amos nickte. »Es gibt da einige Dinge, über die wissen nur dein Vater und dein Onkel Bescheid, und selbst diejenigen, die in der Schlacht gekämpft haben, wissen nichts darüber. Ich habe nie Fragen gestellt. Wenn sie es für so wichtig halten, daß sie nicht darüber sprechen …« Er ließ den Satz unbeendet im Raum stehen.
Nicholas fragte Marcus: »Was hat dir dein Vater erzählt?«
Marcus sah Nicholas verdrießlich an. »Ich kenne die Geschichte von der Großen Erhebung der Moredhel. Ich weiß über die Schlacht Bescheid, und darüber, welche Hilfe Kesh und die Tsurani geleistet haben.«
Nicholas holte tief Luft. »Es gibt da noch ein Geheimnis, welches nur der König und seine Brüder kennen. Mein Bruder Borric kennt es ebenfalls, weil er der nächste König werden wird. Und mein Bruder Erland kennt es, weil er der nächste Prinz von Krondor sein wird. Und jetzt kenne ich es auch.«
Marcus kniff die Augen zusammen. »Welches Geheimnis würde mein Vater dir anvertrauen, das er vor mir zurückhält.«
Nicholas holte den Ring aus dem Beutel hervor und reichte ihn Marcus, der ihn eingehend betrachtete und dann an Amos weitergab.
Amos fluchte. »Diese verdammten
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