Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Frachträume zweier großer Schiffe gesperrt worden, die hinter dem Horizont, von Crydee aus gerade nicht mehr sichtbar, gewartet hatten. Einige der kleineren Boote waren davongesegelt, die meisten hatte man jedoch im tiefen Wasser versenkt, und ihre Mannschaften bevölkerten jetzt die Decks der beiden großen Schiffe. Margaret war bereits oft genug auf Schiffen gewesen; sie wußte, weit konnten sie nicht fahren, denn hier gab es weder für die Mannschaft noch für die Gefangenen ausreichend Vorräte.
Abigail döste vor sich hin, wenn sie sich nicht gerade an die erlebten Schrecken erinnerte und versuchte, über ihr zukünftiges Schicksal nachzudenken. Gelegentlich war sie ansprechbar, doch meistens konnte sie ihre beklemmende Lage nicht bewältigen und brach sofort wieder in Tränen aus, bis sie erneut in Schweigen verfiel.
Nach dem ersten Tag hatte sich so etwas wie eine Ordnung eingestellt, und die Gefangenen versuchten, aus der engen Unterkunft das Beste zu machen. Niemand konnte sich irgendwohin zurückziehen, und aus diesem Grund mußten alle in eine Ecke des Frachtraums kriechen, wenn sie sich erleichtern wollten. Der Berg menschlicher Abfälle in der Bilge wuchs und wuchs. Der Gestank war zu einer unangenehmen Begleiterscheinung geworden, die Margaret kaum noch bewußt wahrnahm, genauso wie das ständige Geräusch des ächzenden Rumpfes, die weinenden oder fluchenden Leute oder die leisen Gespräche. Was sie besorgte, waren die Gefangenen mit Magenverstimmung, Schüttelfrost oder Fieber.
Eins der anderen Mädchen aus der Stadt murmelte: »Die haben echt Glück. Die werden bald sterben. Wir anderen werden Sklaven oder Huren werden. Ich glaube nicht, daß wir noch Hilfe bekommen.«
Margaret wandte sich um und schlug der Frau ins Gesicht. Mit zusammengekniffenen Augen stand sie vor der jetzt hockenden Frau:
»Wenn ich noch einmal ein solches Geschwätz von dir höre, reiß ich dir die Zunge heraus.«
Ein Mann mischte sich ein: »Lady, ich weiß, Ihr meint es gut, doch wir haben gesehen, wie der Überfall vor sich ging! Alle unsere Soldaten sind tot. Wo sollte schon Hilfe herkommen?«
»Von meinem Vater«, sagte sie mit Überzeugung. »Wenn er von seinem Jagdausflug zurückkehrt, wird er eine Nachricht nach Krondor schicken, und mein Onkel, der Prinz, wird die gesamte Kriegsflotte von Krondor losschicken. Wir müssen einfach durchhalten. Mehr nicht. Nur überleben, und, falls möglich, den anderen helfen.«
Die Frau, die ihre Zweifel kundgetan hatte, sagte: »Es tut mir leid, Mylady.«
Margaret sagte nichts, doch sie legte der Frau versöhnlich die Hand auf den Arm. Dann setzte sie sich wieder auf den engen Platz, der ihr zustand. Abigail starrte sie an.
»Glaubst du wirklich, sie werden uns finden?« flüsterte Abigail.
Margaret nickte. Leise fügte sie für sich selbst hinzu: »Ich hoffe es jedenfalls.«
Ein Kratzen weckte Margaret. Tagsüber drang Licht durch das Gitter, das die Luke oben versperrte. Nachts warf bleiches Mondlicht seinen Schimmer auf einen Teil des Frachtraums, während man in dem anderen nicht die Hand vor Augen sehen konnte. Margaret hörte das Kratzen erneut und sah, wie sich eine Gestalt an einem Seil von oben herabließ. Es war einer der Piraten, mit einem Dolch zwischen den Zähnen.
Er legte dem jungen Mädchen neben sich die Hand über den Mund. Das Mädchen riß erschrocken die Augen auf und wollte sich zur Seite schieben, doch die Körper neben ihr und das Gewicht des Mannes hinderten sie daran. Er flüsterte: »Ich hab ein Messer, Süße.
Ein Laut, und du bist tot, verstanden?« Das verschreckte Mädchen starrte ihn aus großen Augen an. Er hielt ihr die Spitze des Dolches auf den Bauch. »Entweder steche ich hiermit zu, oder mit etwas Angenehmerem. Mir ist das einerlei.«
Das Mädchen, fast noch ein Kind, konnte vor Angst nichts erwidern. Margaret stand auf und versuchte im Wellengang des Schiffes ihr Gleichgewicht zu halten. Sie flüsterte dem Mann zur
»Laß sie in Ruhe. Sie weiß noch nicht, was Männer wollen.«
Der Mann fuhr herum und zeigte mit dem Dolch in Margarets Richtung. Die Gefangenen trugen alle die gleiche Kleidung, ein einfaches Stück Stoff, welches ein Loch für den Kopf hatte und um die Taille zusammengebunden war. Margaret löste den Riemen und zog das Kleid aus. Jetzt war sie nackt. Der Mann zögerte, konnte jedoch offensichtlich ihre Bewegungen im schwachen Licht sehen.
Sie lächelte den Vergewaltiger an und trat einen Schritt nach vorn
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