Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
darauf herumspazieren.«
Marcus’ Augen wurden noch größer, und er sah Calis an. Der Halbelb sagte: »Davor hat mich mein Vater auch gewarnt. Er neigt ebenfalls nicht zum Übertreiben. Also muß es so sein.«
Marcus konnte kaum flüstern. »Warum sollten diese Pantathianer solche bösen Dinge tun? Sie würden doch selbst auch sterben?«
Nicholas sagte: »Sie sind ein Kult des Todes. Sie verehren eine Valheru, die ihnen Form und Verstand gab, denn vorher waren sie nur Schlangen.« Er schüttelte ungläubig den Kopf darüber, was er selbst gerade gesagt hatte. »Ich wünschte, ich hätte diese Dinge gewußt, ehe Pug gegangen ist. Da sind noch viele Fragen offen. Auf jeden Fall macht den Schlangenmenschen der Tod keine Angst. Sie würden die Zerstörung der Welt in Kauf nehmen, wenn sie dadurch ihre ›Göttin‹ zurückholen könnten. Verstehst du jetzt, Marcus, warum wir zusammenhalten müssen, egal was kommt?«
Marcus stand auf und sagte: »Ja.« Er streckte Nicholas die Hand entgegen. Nicholas nahm sie, und plötzlich lächelte Marcus ihn genauso schief an, wie es Arutha immer tat, und der Sohn des Herzogs fügte hinzu: »Aber wenn das alles hier vorbei ist, und wenn Abigail wieder sicher in Crydee ist, dann solltest du gut auf dich aufpassen, mein lieber Prinz des Königreichs.«
Die Herausforderung kam halb im Spaß, halb ernst, und Nicholas verstand sie sehr wohl. »Wenn sie zusammen mit deiner Schwester und den anderen wieder zu Hause ist, ja.«
Sie schüttelten sich nochmals die Hände, und Marcus ging hinaus.
Calis blickte Amos an, der schwach lächelte. »Was amüsiert Euch so, Kapitän?«
Amos seufzte. »Ich habe nur gerade gesehen, wie aus zwei Jungen Männern geworden sind. Das Schicksal dieser Welt hängt vielleicht davon ab, was wir tun, und trotzdem finden sie noch die Zeit, sich wegen eines hübschen Mädchens zu streiten.« Seine Miene verdüsterte sich. »Und wenn Ihr es noch einmal wagen solltet, meine Kabine ohne Erlaubnis zu betreten, werde ich Eure Ohren als Trophäe an die Tür nageln! Verstanden?«
Calis lächelte und sagte: »Verstanden, Käpt’n.«
Als Amos Trask endlich allein in seiner Kabine war, dachte er an die dunklen Tage der Spaltkriege und die Große Erhebung zurück.
Viele Menschen, die er gekannt hatte, waren gestorben, an Bord der Sidonie , während der Belagerung von Crydee, dann später, als die Königliche Schwalbe von Goblins in Brand gesetzt wurde und er und Guy du Bas-Tyra gefangengenommen wurden. Die Jahre in Armengar waren gefolgt, und damit der ständige Krieg zwischen Brianas Volk und den Dunkelelben in den Nordlanden, der schließlich in der Schlacht um Armengar gegipfelt hatte.
Amos seufzte und sandte ein kurzes Gebet an Ruthia, die Göttin des Schicksals, dem er Nachdruck zu verleihen suchte, indem er hinterherschickte: »Laß es bloß nicht wieder so weit kommen, du launische Hexe.« Beim Gedanken an Briana wurde er traurig, und er hoffte, daß Martin durchhalten würde.
Dann, der dunklen Erinnerungen und der Gedanken an den Tod überdrüssig, erhob er sich vom Stuhl und ging hinaus. Schließlich war er auch noch der Kapitän eines Schiffes.
Frihaven
Das Mädchen weinte.
Margaret sagte: »Würdest du bitte ruhig sein?« Ihre Stimme klang weder bedrohlich noch befehlshaberisch; es war nur eine Bitte, denn ständig weinte und jammerte eins der Kinder aus der Stadt.
Die Tochter von Herzog Martin hatte sich den ganzen Weg gewehrt, als sie wie eine erlegte Jagdbeute zu einem Boot im Hafen geschleppt worden war. Der Anblick ihrer Mutter, die mit dem Gesicht nach unten auf den Steinen der brennenden Burg gelegen hatte, hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt und nährte ihren Zorn.
Die folgenden Tage waren ebenfalls ein Alptraum gewesen. Das Alter der Gefangenen ging von sieben, acht Jahren bis knapp unter die Dreißig. Die meisten waren jedoch zwischen zwölf und zweiundzwanzig, jung und stark, und würden mit Sicherheit auf dem Sklavenmarkt in Durbin einen guten Preis erzielen.
Margaret zweifelte nicht daran: diese Mörder würden bestimmt zwischen der Straße der Finsternis und Durbin von einer königlichen Flotte abgefangen werden. Ihr Vater würde ihren Onkel, Prinz Arutha, benachrichtigen, und sie selbst würde zusammen mit den anderen Gefangenen gerettet werden. Deshalb richtete sie ihre Aufmerksamkeit darauf, wie sie die anderen beschützen konnte, bis die Hilfe eintraf.
Die erste Nacht war am schlimmsten gewesen. Sie waren in die
Weitere Kostenlose Bücher