Midleifcrisis
Kopf an meine Schulter und ich bin glücklich. Nach einer Weile kuschelt sie sich mit dem Rücken voraus zwischen meinen Beinen ein und ich vergrabe mein Gesicht in ihrem Nacken, von mir aus kann das so bleiben, und zwar für immer. Als die Sonne verschwunden ist, sagt sie: »Der kleine Junge in dir ist aber wirklich noch sehr klein, oder?«
Als Laura anfängt, vor Kälte zu zittern, entern wir die Borddisco, wo Laura ausgerechnet zu »Supergirl« von Reamonn die Arme um meinen Hals schlingt und den Kopf an meinem vergräbt. Nach einer Weile küsst sie mich, sanft und scheu und zärtlich, dann zieht sie mich hinaus, hinter sich her bis in unsere Kabine, sie schält mich aus meinen Sachen, sie liegt nackt auf mir, ohne dass wir miteinander schlafen, bestimmt eine Stunde lang streichele ich ihren Rücken, ihren Nacken, ihren Hals, ihre Wangen, ich küsse sie und flüstere ihren Namen. Ich denke: »Das gibt’s doch nicht, du bist nicht von dieser Welt, oder?« Offenbar habe ich es auch ausgesprochen, denn Laura sagt: »Oh doch!« Sie übernimmt die Führung und sie schläft mit mir, das Mondlicht streicht durch die Kabine und zeichnet seltsame Muster auf den Wänden und auf unseren Körpern, und ich bin weg, einfach nur weg aus dieser Welt und es ist das unfassbarste Erlebnis meines bisherigen Lebens.
Wir reden nicht mehr in dieser Nacht, Laura schläft in meinen Armen ein und ich bleibe wach, bis es hell wird, und betrachte ihr Gesicht. Ich bin glücklich, aber ich habe auch rasende Angst, dass das alles nicht wirklich passiert, dass sie aufwacht und sagt: »Herr Andersson, was machen Sie da?«
Als die Sonne durchs Kabinenfenster scheint, mache ich mich vorsichtig von ihr los, ziehe die Vorhänge zu, schleiche mich raus und gehe rastlos an Deck spazieren. Außer mir ist noch keine Menschenseele unterwegs, ich lehne mich weit über die Reling und überlege, dass es keinen besseren Augenblick geben könnte, um aus dem Leben zu scheiden, doch plötzlich umschlingen mich zwei Arme von hinten und Laura sagt: »Du bist auf einem Schiff, du kleiner Schisser, hier entkommst du mir nicht!«
Unser London-Trip ist wie aus einem anderen Leben, auch wenn ich, als wir im Hotel wieder miteinander schlafen wollen, keinen hochbekomme, und so etwas ist mir noch nie passiert. Laura mustert mich neugierig, aber sie sagt nichts und streichelt nur mein Gesicht. Ich denke darüber nach, was da gerade passiert, und gebe mir einen Ruck. »Ich muss dir was sagen«, eröffne ich. Laura scheint sich plötzlich in sich zu verkriechen, aber ich habe das Gefühl, es muss einfach raus.
»Es ist mir ernst«, fahre ich fort. »Ernster, als mir jemals im Leben etwas war.«
Laura zieht sich die Decke über den Kopf. »Warum?«, ertönt es unter der Decke und ich denke schweigend nach. »Ich weiß nicht, warum«, sage ich, »ich weiß nur ganz genau, dass es so ist.«
Laura springt auf, zieht sich an und läuft hinaus. Ich verharre regungslos am Ende des Bettes und warte. Nach einer Stunde ist sie wieder da, und ich sehe, dass sie geheult hat.
»Warum kannst du nicht einfach der verdammte Herr Andersson sein, der mal eben die Maus aus der Internetklitsche bumst?«, fragt sie mich. »Das wär doch auch schon ziemlich schön, oder?«
»Warum?«, frage ich.
»Weil es leichter wäre«, sagt sie. »Für mich und für dich und für ihn.«
Danach schlafen wir miteinander, und es ist, wie es ein Jahr lang bleiben wird, Sex mit Laura ist, wie pure, unverdünnte Liebe zu trinken, dabei ist er äußerst scheu und sittsam und hat nichts, aber auch wirklich nichts mit den Ausschweifungen zu tun, die ich in meinem Leben schon absolviert habe.
Am nächsten Tag zeige ich Laura meine Lieblingsstadt und meinen Lieblingsort, den Hyde Park, in dem die schrägsten Menschen der Welt auf ihren Kisten stehen und predigen. Hier in Speaker’s Corner habe ich als Austauschschüler Stunden meiner Jugend verbracht und mich an den liebenswerten Irren erfreut, die einfach tun, was ihnen ihr Herz sagt, und die auf alle Konventionen scheißen.
Laura saugt auf, was ich ihr zeigen kann, und sie läuft wie ein kleines Mädchen vor mir her, manchmal hüpft sie durch die Straßen, bei der Wachablösung vorm Buckingham-Palast streckt sie allen möglicherweise irgendwo versteckten Royals die Zunge raus, sie krabbelt aufgeregt den Tower hoch und runter und erklärt mir, dass auch sie angesichts ihres sittenlosen Lebenswandels eines Tages unter einem Beil enden werde. Nur vor dem
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