Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
war, war er zunächst wieder von einem der Phantome
ausgegangen, die ihn ständig heimsuchten. Doch dann fing er den Duft eines Menschen
auf. Einer jungen Frau, der moschusartigen Wärme nach zu urteilen, die ihre
Haut ausstrahlte.
Mühsam
öffnete er in der Dunkelheit die Augen, und seine Nasenflügel bebten, um mehr
von ihrem Duft einzufangen und in seine Lungen zu saugen.
Das war
keine Wahnvorstellung.
Das war ein
Mensch aus Fleisch und Blut. Der erste, der auch nur in die Nähe des
verborgenen Höhleneingangs kam, seit er dort war. Die Frau leuchtete mit einem
hellen Licht in der Höhle umher, das ihn vorübergehend blendete, selbst in seinem
versteckten Winkel über ihrem Kopf. Er hörte ihre Schritte auf dem
Sandsteinboden der Höhle.
Hörte ihr
plötzliches Aufkeuchen, als sie über die Skelettreste stolperte, die der
ursprüngliche Bewohner der Höhle hinterlassen hatte.
Rio auf
seinem Felsvorsprung setzte sich auf. Er prüfte kurz seine Glieder, ob er auf
den Boden springen konnte. Der Luftzug scheuchte die Fledermäuse an der
Höhlendecke auf. Sie flogen hinaus, aber die Frau blieb. Ihr Lichtstrahl
wanderte tiefer in die Höhle hinein und kam schließlich auf dem offenen
Sarkophag zu ruhen.
Rio spürte,
wie ihre Neugier einem kalten Angstgefühl wich, als sie sich der Grabstätte
näherte. Selbst ihre menschlichen Instinkte konnten das unsagbar Böse spüren,
das einst in diesem Steinblock geschlafen hatte.
Sie sollte
nicht hier sein.
Rio konnte
nicht erlauben, dass sie noch mehr sah. Er hörte sich selbst knurren, als er
einen Satz auf den nächsthöheren Felsvorsprung machte. Die Frau hörte es auch.
Sie erstarrte. Der Lichtstrahl ihrer Taschenlampe fuhr hektisch über die Wände,
als sie panisch nach dem Höhlenausgang suchte.
Bevor Rio
seinen Gliedern befehlen konnte, sich zu bewegen, war sie schon
davongeschlüpft.
Sie war
fort.
Sie hatte zu
viel gesehen, aber schon bald würde es keinen Unterschied mehr machen.
Mit Einbruch
der Dunkelheit würde es keine Spur mehr von der Höhle und der Gruft oder von
Rio selbst geben.
2
Verborgene
Gruft enthüllt die Geheimnisse einer uralten Zivilisation!
Dylan
runzelte die Stirn und drückte die Delete-Taste auf ihrem Laptop. Sie brauchte
einen anderen Titel für den Artikel, an dem sie arbeitete - es müsste irgendwie
reißerischer klingen und weniger nach dem National Geographie. Sie zermarterte
sich das Hirn für eine Alternative. So reißerisch musste es klingen, dass es an
den Zeitungsständen die allwöchentlichen Schlagzeilen über die neueste
Entziehungskur diverser Hollywood-Sternchen übertönte.
Uraltes
Menschenopfer in Draculas Hinterhof entdeckt!
Das war
schon besser. Dracula war zwar etwas weit hergeholt, schließlich lag Tschechien
Hunderte von Kilometern von der Burg des blutgierigen Vlad Tepes in Rumänien
entfernt, aber es war immerhin ein Anfang. Dylan streckte die Beine auf ihrem
Hotelbett aus, balancierte ihren Laptop aus und tippte den ersten Entwurf ihrer
Story.
Als sie beim
zweiten Absatz angekommen war, hielt sie inne.
Drückte dann
die Löschtaste, bis die Seite wieder leer war.
Die Worte
wollten einfach nicht kommen. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Diese übersinnliche
Erscheinung in den Bergen hatte sie schon nervös gemacht, aber es war das
Telefongespräch mit ihrer Mutter gewesen, das Dylan wirklich von der Arbeit
abgelenkt hatte.
Sharon hatte
sich bemüht, fröhlich und stark zu klingen. Sie hatte ihr alles über eine
Benefizveranstaltung erzählt, die ihre Organisation in ein paar Tagen auf einem
Flussdampfer abhalten würde, auf die sie sich schon sehr freute.
Nachdem sie
erst neulich wieder ein junges Mädchen an das Leben auf der Straße verloren
hatte - eine junge Ausreißerin namens Toni, von der Sharon wirklich gedacht
hatte, dass sie es schaffen würde -, hatte sie Pläne für ein neues Programm
ausgearbeitet, die sie Mr. Fasso, dem Gründer der Stiftung für jugendliche
Ausreißer, unterbreiten wollte.
Sharon hoffte
auf eine persönliche Audienz bei ihm. Schon öfter hatte sie zugegeben, dass sie
in diesen Herrn ein wenig verknallt war, was niemanden überraschte, ihre
Tochter am wenigsten.
Während ihre
Mutter sich oft und gern verliebte, war Dylan diesbezüglich das genaue
Gegenteil. Sie hatte ein paar Beziehungen gehabt, aber nie war es etwas
wirklich Ernstes geworden. Das hatte sie nie zugelassen. Ein zynischer Teil
ihres Selbst hatte seine Zweifel an dem, Für immer'-Konzept. Dagegen
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