Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition)
Spiel zu haben. Aber weil man nicht für dasselbe Verbrechen zweimal angeklagt werden durfte, würde das Arschloch nicht mehr angemessen zur Rechenschaft gezogen werden.
Bud dachte an das Foto auf dem Kaminsims. Allegra Ennis war eine zierliche Frau mit einem hübschen, herzförmigen Gesicht. Dass ein Mann es mit Fäusten traktierte … er ballte seinerseits die Fäuste und musste sich zwingen, sie wieder zu öffnen.
Darum, genau darum war er zur Navy gegangen und danach Polizist geworden. Um die Schwachen zu schützen. Seine Mutter hatte er nicht mehr schützen können, aber er hatte schon eine Menge Drecksäcke hinter Gitter gebracht. Vor allem solche, die auf hart machten und sich an Frauen und Kindern abreagierten.
Claire betrachtete ihn ängstlich. Er wusste, dass er gerade Frustration und Zorn ausstrahlte, und sie fürchtete, dieser könnte ihr gelten. Sie kannte ihn noch nicht sehr gut. Soweit sie es beurteilen konnte, war er ein gewaltbereiter Mann, der vielleicht auch Frauen schlug.
Sie war allein mit ihm, und er könnte ihr mühelos das Genick brechen. Schon früher auf der Straße war er ein guter Kämpfer gewesen. Die Navy hatte seine Fähigkeiten ausgebaut, ihn zu einer Tötungsmaschine gemacht. Er hatte die militärische Ausbildung aufgesogen wie ein Schwamm. Ob er mit einem Stein, einem Messer, einer Schusswaffe oder mit bloßen Händen töten musste, er war bei allem gleich gut. Als Polizist hatte er andere Tricks gelernt. Die Polizeiakademie hatte er mit Leichtigkeit absolviert, hatte in jedem Fach brilliert außer in Strafvollzugstheorie. Ja, er konnte ihr auf alle möglichen Arten wehtun, und sie hätte gegen ihn keine Chance.
Sie waren zusammen im Bett gewesen, klar, aber das hielt einen Mann nicht ab, eine Frau anzugreifen. Im Gegenteil, wenn Sex im Spiel war, heizte das die Dinge noch an. Claire musste damit rechnen, dass er bei der ersten Meinungsverschiedenheit zuschlug. Vielleicht sogar tödlich.
Bud hatte schon getötet, wenn natürlich auch nur in Ausübung seiner Pflicht. Zwei feindliche Soldaten während des Ersten Golfkriegs. Und als Polizist hatte er mal ein widerliches Arschloch niedergeschossen, das ein krankes kleines Mädchen aus der Klinik entführt hatte. Die Parks-Erbin. Bud hatte sich eine Kugel dabei eingefangen und später eine Belobigung erhalten.
Das bedeutete alles nichts, soweit es Claire betraf. Sie hatte nichts von ihm zu befürchten. Er würde sich eher die Kehle ausreißen, als Claire oder einer anderen Frau etwas anzutun. Doch woher sollte sie das wissen?
Jetzt war der richtige Moment. Jetzt war es Zeit, ihr zu sagen, dass er Polizist war. Dass er berufliches Interesse an Allegras Fall hatte. Er war nicht sauer auf sie, er war wütend über das Rechtssystem. Sie konnte ihm vertrauen, absolut. Er würde niemals die Hand gegen eine Frau erheben, außer er wäre im Dienst und müsste einen Schwächeren schützen.
Er machte den Mund auf, um ihr zu sagen, wer er war, aber heraus kam etwas anderes. »Was wolltest du mit den Büchern?«
Claire entspannte sich sichtlich und begann im Rhythmus der Musik die Schultern zu bewegen. Es war ein keltisches Tanzlied. »Die hier?« Ihr Lächeln war wieder da, als sie die Bücher hochhielt.
Wieso sagte er es ihr nicht? In der Unterhaltung zwischen ihnen war ein großes Loch entstanden, das darauf wartete, gestopft zu werden. Von ihm. Sie verbrachten ein aufregendes Wochenende miteinander, hatten heißen Sex gehabt, und er freute sich schon darauf, vor morgen früh mehr davon zu kriegen, denn dann würde er wieder zum Dienst müssen, und sie würde ebenfalls zur Arbeit gehen. Jetzt war der ideale Moment, um Persönliches auszutauschen, etwas von sich zu erzählen.
Eigentlich wusste er, warum er schwieg. Das Wochenende war der absolute Glücksfall, und es sollte durch nichts gestört werden. Er wollte nicht, dass alltägliche Nebensächlichkeiten die Stimmung verdarben.
»Ja, die.«
Es waren zwei dicke Schwarten, ein gebundenes Buch und ein Taschenbuch mit ausgebleichtem Rücken. Sie sahen uralt aus. »Nun, ich dachte, da du hier gerade einer männlichen Beschäftigung nachgehst, könnte ich mich mit etwas sehr Weiblichem revanchieren. Nein«, sie wich ihm geschmeidig aus und schlug ihm auf die Finger, »das meinte ich nicht. Ich werde dir Gedichte vorlesen, während du arbeitest.«
Gedichte?
Sie wollte ihm Gedichte vorlesen? Ach du lieber Gott.
Bud rang sich ein Lächeln ab. »Oh, äh, Gedichte. Das ist, äh, hübsch,
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