Midnight Fever: Verhängnisvolle Nähe (German Edition)
Honey.«
Claire warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Ach, Bud, du solltest dein Gesicht sehen.« Sie setzte sich auf die Waschmaschine und schlug geheimnisvoll lächelnd die Beine übereinander. Sie sah aus wie eine sündhaft schöne Elfe, als sie das erste Buch aufschlug. Das dickere, bemerkte Bud mit Unbehagen. Die dicke, dunkle, verstaubte Schwarte. »Es wird dir gefallen.« Sie blätterte hastig suchend mit einer kleinen Steilfalte zwischen den Brauen. »Nur zu, arbeite weiter«, sagte sie, ohne aufzublicken. »Betrachte mich einfach als Begleitmusik.«
Die Winkel mussten festgezogen werden. Bud seufzte und nahm den Akkuschrauber aus dem Werkzeugkasten. Gut, dass er immer einen zweiten im Kofferraum hatte. Suzanne mochte glauben, sie hätte Claire mit allem Nötigen ausgestattet, aber an Werkzeuge hatte sie nicht gedacht. Claire besaß einen niedlichen kleinen Messinghammer, mit dem man vielleicht Reflexe prüfen konnte, um zu sehen, ob jemand tot war, und einen Satz Schraubenzieher mit bunten Plastikgriffen, die bei der ersten ernsthaften Benutzung brechen würden. Mehr nicht.
»Don Juan«, las Claire. Sie hielt den Finger an die Gedichtzeile, beobachtete aber, wie Bud reagierte. »Byron.«
»Toll.« Bud versuchte, sich ein bisschen Begeisterung abzuringen. »Griechische Urnen.«
»Nein«, widersprach Claire ernst. »Das ist Keats. Byron ist Sex und Sünde, du wirst ihn mögen. Jetzt sei still und hör zu. Gedichte tun dir gut. Ich lasse den Prolog weg, in dem Byron die wichtigsten und spießigsten Dichter seiner Zeit beleidigt, und fange da an, wo Don Juan mit sechzehn die Frau des besten Freunds seines Vaters verführt.«
Claire fing an zu lesen, und Bud hörte zu, trotz seiner Voreingenommenheit gegen große Literatur. Ab und zu unterbrach sie sich, um Anspielungen zu erklären. Sie las gut, mit Gefühl und Sinn für die Dramatik, und Bud war gegen seinen Willen interessiert. Oh ja, dieser Don Juan war ein echter … Don Juan. Ein gemeiner, gerissener Scheißkerl, der eine Schwäche für die Damen hatte. Bud zählte nicht mit, wie viele der Kerl flachlegte.
Claire passte ihren Tonfall den Gefühlen im Gedicht an. Ihre helle, glasklare Stimme schien den Raum zu füllen. Sie las wirklich ausgezeichnet, und Bud ließ sich bald auf den Rhythmus der Zeilen ein. Während sie ein Canto nach dem anderen vortrug, arbeitete er unbewusst im Einklang mit dem Versmaß. Er brachte gerade das vorletzte Brett an, als sie verstummte.
Die Zeit war schnell vergangen, stellte er erschrocken fest. Er hatte alle Stützwinkel angeschraubt. Plötzlich vermisste er den Klang ihrer Stimme und die Geschichte. »Das hat Spaß gemacht«, sagte er überrascht.
Mit rätselhaftem Lächeln legte Claire das Buch beiseite und schlug das andere auf, das Taschenbuch, in dem ganz offensichtlich oft gelesen worden war. »Satirische Dichtung der Neuzeit« stand auf dem Titel. »Das wird dir noch besser gefallen. Wart’s nur ab.« Leise summend blätterte sie, bis sie das Gesuchte gefunden hatte. Voll Vorfreude holte sie Luft und las: »Ogden Nash.«
Den Namen hatte Bud schon mal gehört, konnte ihn aber nicht einordnen. Es war jemand, den er kennen sollte, also ein Langweiler. Bud wappnete sich für Langeweile und wurde sofort überrascht.
Gleich beim ersten Gedicht –
Betrachtungen über das Brechen von Eis
: »Candy is dandy but liquor is quicker – Bonbons sind prima, aber mit Schnaps geht’s schneller« – lachte er aus vollem Hals und hätte sich fast auf den Daumen geschlagen. Claire las eines nach dem anderen vor, während er vor sich hin kicherte und versuchte, sich selbst im Zaum und die Regalbretter gerade zu halten. Er hatte noch nie so lustige, schräge Gedichte gehört. Das letzte, das sie las, »Tiefere Betrachtungen über Petersilie«, bestand nur aus einer Zeile, in der der Dichter mit einem ulkigen Reim seine Abneigung gegen das Kraut äußerte – »Parsley is gharsley«. Bud konnte nicht mehr an sich halten und lachte, bis ihm die Tränen übers Gesicht liefen. Er hielt sich buchstäblich den Bauch vor Lachen. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so lang und so heftig gelacht hatte.
Erfreut blätterte Claire weiter. »Hier noch eins«, sagte sie mit leuchtenden Augen.
Bud unterbrach sie mit einer Geste, während er sich den schmerzenden Bauch hielt. »Halt«, flehte er atemlos. »Ich kann nicht mehr.«
Als der Lachreiz nachließ und er wieder klar denken konnte, blickte er Claire
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