Midnight Man (02) – Gefährliche Mission
nicht mit Fragen bedrängte, denn sie war sich nicht sicher, wie überzeugend sie klingen würde. Eine neue Seite öffnete sich, und da war es: »Frau aus Portland zu Tode geprügelt.« Suzanne deutete wieder auf eine Stelle auf dem Bildschirm. Er klickte darauf, und ein Foto von Marissa Carson erschien. Sie kannte es, denn sie hatte es in ihrer Wohnung stehen sehen.
»Ich war an dem Nachmittag bei ihr, als sie ermordet wurde. Sie war eine Kundin. Ich habe sie wahrscheinlich als Letzte lebend gesehen.« Sie griff an John vorbei, um weiterzuscrollen zu dem Foto von Peter Carson, auf dem er am Flughafen bei seiner Rückkehr aus Aruba von Reportern befragt wurde. »Abgesehen von ihm. Er war nicht in Aruba, John. Er war in Portland. Ich habe ihn an dem Nachmittag ins Haus gehen sehen, als ich von Marissa wegging.« Sie legte eine Hand auf Johns Schulter und stützte sich auf ihn. »Er hat sie umgebracht.«
Scheiße.
John starrte auf den Bildschirm. Er war es gewohnt, taktische Überlegungen anzustellen, und wusste sofort, wie er vorzugehen hatte. Er sah jeden Schritt vor sich und was dieser jeweils nach sich ziehen würde. War sich über die Konsequenzen völlig im Klaren.
Ebenso sah er, dass dies für Suzanne das Ende ihres bisherigen Lebens bedeutete. Und für ihn auch. Er lehnte sich zurück und fühlte sich alt und erschöpft.
»Peter Carson.« Er sah zu Suzanne hoch. Sie war blass. An ihrer Stirn zeigten sich Stressfalten. Davon würde sie noch mehr bekommen, viel mehr, bis die ganze Sache vorbei wäre. »Was weißt du über ihn? Und über seine Frau?«
Suzanne nahm sich einen der Campingstühle, klappte ihn auseinander und setzte sich. »Ihn kenne ich überhaupt nicht. Bin ihm nie begegnet, außer am 22. Seine Frau war meine Kundin. Ich sollte ihre Wohnung neu einrichten, und wir haben viel Zeit mit der Planung verbracht. Sie war schwierig, hat ständig ihre Meinung geändert. Darum habe ich sie häufiger gesehen, als eigentlich üblich ist. Sie war keine nette Frau. Ihren Mann kenne ich nur von den Fotos, die überall in der Wohnung standen. Das heißt … bei meinem letzten Besuch nicht mehr, an dem 22., als sie starb.«
»Da waren alle Fotos weg?«
»Ja. Und Marissa war … ich weiß nicht. Aufgeregt. Sie konnte nicht still sitzen. Sie machte ständig Bemerkungen und Andeutungen und sah mich dabei an, als müsste ich sie verstehen. Ich habe nur herausgehört, dass sie glaubte, in Kürze zu sehr viel Geld zu kommen.«
Für John war der Fall vollkommen klar. »Sie hat ihn erpresst. Sie wollte eine satte Scheidungsabfindung von ihm kassieren und drohte ihm, irgendwelche Details seiner Geschäfte an die Presse zu geben oder ihn bei der Polizei anzuzeigen. Was auch immer, sie wollte ihn jedenfalls bloßstellen, wenn er nicht zahlte.«
»Womit?«
John seufzte und stand auf. Er konnte es ihr ebenso gut sagen. Während er redete, plante er die nächsten Schritte. Innerhalb einer Viertelstunde könnten sie gepackt haben und abfahren. Welcher Flughafen wäre am besten? Nicht Portland, nicht Seattle. Vielleicht Boise. Bis zum Morgen könnten sie es nach Boise schaffen. Den Yukon mit ausgewechselten Nummernschildern stehen lassen. Er hatte zwei falsche Pässe in der Hütte, aber keinen für eine Frau. Er musste in eine Kleinstadt bei St. Louis fahren, wo ein erstklassiger Fälscher saß. Der würde ihm für Suzanne einen Satz Papiere anfertigen. In der Zwischenzeit würden sie beide für ein paar Wochen im Mittleren Westen untertauchen, dann den nächsten Abschnitt der Reise antreten.
Es tat ihm leid, die Hütte aufgeben zu müssen. Er hatte eine Menge gutes Material hier unten. Noch mehr bedauerte er, seine neue Firma aufgeben zu müssen. Doch er hatte auf schmerzliche Weise lernen müssen, sich nicht mit Bedauern aufzuhalten. Die Lage ließ sich nicht ändern.
»Peter Carson ist kein Unternehmer, Honey«, sagte er und stieg bereits die Leiter hinauf. Sie folgte ihm verwirrt. Er lief ins Schlafzimmer und zog seinen Seesack hervor. »Er ist der Kopf der russischen Mafia an der Westküste und hat bei allen möglichen üblen Verbrechen die Hand im Spiel, einschließlich Menschenhandel. Er steht außerdem unter dem Verdacht, Flugzeugteile zu fälschen. Erinnerst du dich an den Absturz von Flug 901?«
Suzanne nickte entsetzt.
»Das FBI hat den Kauf der fehlerhaften Unterlegscheiben bis zu Carson zurückverfolgt, das heißt, zu einer Firma, die ihm gehört, aber sie konnten ihm nichts nachweisen. Was sie in der
Weitere Kostenlose Bücher