Mika, Bascha
in
Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung, die am
Ende ein Loblied auf die Unterwürfigkeit der Frau anstimmt. Oder Bridget Jones
in Schokolade zum Frühstück, die sich
für Männer gerne zum Obst macht. 2
Selbst
wenn wir diesen Liebesschrott wie am Fließband konsumieren - eigentlich
glaubten wir doch, wir hätten die literarischen und filmischen Vorbilder
dorthin verbannt, wo sie hingehören: zwischen Buchdeckel und auf Leinwände.
Klar interessieren uns Männer. Klar sind sie uns wichtig. Aber dass wir wie
Motten um sie kreisen, erst bei dem verzweifelten Versuch, uns ihrem Licht zu
nähern, dann bei der mühseligen Aufgabe, uns ihren Schein zu erhalten — sind
das wirklich wir aufgeklärten Zeitgenossinnen?
Nehmen wir
ein schlichtes Beispiel. In den sechziger Jahren, damals deutete sich die
Gleichberechtigung für Frauen erst zart an, kreischten sich Hunderttausende
Mädchen in Ohnmacht beim Anblick langmähniger Popmusiker. Beim Dienst am Idol
verloren sie buchstäblich die Besinnung. Ähnliche Gefühlseruptionen kriegen
weibliche Fans auch heute noch mühelos hin. Anbetung ist Frauen knapp fünfzig
Jahre später noch immer selbstverständlich. Und der Fan-Kult ist dabei nur der
hysterische Ausdruck eines alltäglichen weiblichen Verhaltens: Beziehungen
mit schwärmerischen Gefühlen aufzublasen, bis sie in den siebten Himmel
entschweben. Und immer heißt das Idol: Mann. 3
All das
Gerede um neue weibliche Selbstentwürfe, und dass es in unserer
individualisierten Gesellschaft keine vorgezeichneten Lebenswege mehr gibt.
Statt sich in bestehende Strukturen einzufügen, muss sich heute angeblich
jeder selbst erfinden und im Dickicht der Freiheit seine eigenen Pfade
schlagen. 4 So weit der gängige Diskurs. Doch wie kommt es dann, dass
sich die Paarmodelle, die Millionen von Frauen leben, kaum von denen früherer
Generationen unterscheiden?
All das
Gerede um weibliche Autonomie. Doch was verschafft uns Frauen öffentlich und
privat garantiert Anerkennung? Wenn wir das Projekt Mann erfolgreich
bewältigen. Wenn wir es schaffen, unserem Singledasein zu entfliehen. Egal, wie
zufrieden Frauen im Job, durch Freundschaften oder Hobbys sind, wenn sie keinen
Liebhaber vorweisen können, dichtet man ihnen sofort eine Leerstelle an. Dann
werden wir betrachtet wie ein schlaffes Dinkelkissen: bedauernswert unausgefüllt.
Für den einsamen Wolf gibt es tausend coole Vorbilder. Und umgekehrt? Die
Paarbindung ist der gesellschaftliche Gradmesser für weibliches Glück — und wir
selbst sind es, die dieser Rolle nachjagen und auch andere Frauen unter diesem
Vorzeichen bewerten.
All das
Gerede um weibliche Eigenständigkeit. Und dann, wie ich es bei einer jungen,
begabten Kollegin erlebt habe, lässt sich eine zweiunddreißigjährige Frau von
ihrem Vater drängen, sich endlich einem Mann an den Hals zu werfen. Selbst mit
Beruf, Geld und eigener Wohnung könne sie nicht ohne Beschützer dastehen, die
arme Kleine; ob ein Kerl ohne Haare, dafür mit Bauch, völlig egal, Hauptsache
ein Mann, der für sie die Verantwortung trage - so sprach der Vater. Und seine
Tochter hörte ihm nicht nur zu, sondern glaubte auch, ohne Mann in der Welt
verloren zu sein. Fühlte sich nicht wie ein Fisch ohne Fahrrad, sondern wie
Fischfrikassee.
Diese
notorische Partnersucht lässt sich bereits bei sehr jungen Frauen beobachten.
Viele von ihnen sind es seit ihrem dreizehnten, vierzehnten Lebensjahr gewohnt,
einen Freund zu haben, und fühlen sich bedeutungslos, wenn sie mal ohne
dastehen. Sie haben kaum Chancen, sich im Erwachsenwerden allein zu erfahren
und jenseits einer Beziehung auszuprobieren.
Eine ganze
Industrie lebt von der Angst der Frauen, in Sachen Mann zu versagen: von
Zeitschriften über Ratgeber bis zum Therapiebetrieb. Für Männer gibt es nichts
Vergleichbares. Die kaufen sich lieber Computer- und Automagazine, als sich in
Beziehungssachen kirre machen zu lassen. Tausende Psychologen nähren sich vom
Wunsch der Frauen nach Bindung und von deren Fixierung auf ein männliches
Wesen. Wäre diese Berufsgruppe nur auf Rat suchende Männer angewiesen, müsste
sie bald verhungern.
»Die
Beziehung ist für Frauen das wichtigste Thema. Das ist wirklich noch immer so,
ich erlebe es ständig. Für Männer gilt das viel weniger. Die haben andere
Probleme, ihr Verhältnis zu Frauen ist nur eines unter anderen.« Eva Jaeggi ist
eine sehr bekannte österreichische Psychoanalytikerin und Verhaltenstherapeutin,
die seit Langem in
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