Mike - Eine andere Liebe
ich von
alledem halten sollte. Ich wohne jetzt schon drei Wochen bei dir ohne dich
genauer zu kennen. Denkst du, mir geht es besser? Ich wusste ja nicht einmal,
dass du mich schon vorher vom Sehen kanntest. Aber ich habe mich jetzt schon so
an dein Haus gewöhnt . . . ‹‹ Ron sah zufrieden auf und bestellte für sie noch etwas
zu trinken. Den restlichen Abend verbrachten sie gemütlich zusammen und redeten
noch über vieles. Dabei vermied Mike, mehr von sich zu erzählen. Er wollte es
erst, wenn sie wieder allein waren. Langsam schlenderten sie am Strand nach
Hause zurück. Sie setzten sich noch gemütlich in ihre Sessel und genehmigten
sich noch einen Drink vor dem Schlafengehen. Die Getränke lösten Mikes
Spannung. ››Ich möchte dir die Wahrheit über mich sagen‹‹, begann Mike leise.
››Du musst das nicht . . . Wirklich‹‹, unterbrach ihn Ron. ››Doch, ich möchte
es. Wirklich, damit du weißt, mit wem du es zu tun hast. Lass mich ruhig.‹‹
Mike machte eine Pause. ››Also. Ich bin von Chicago hierher getrampt. Die Tour
war nicht ganz ohne Schwierigkeiten. Nachdem ich meinen Job verloren hatte,
habe ich mit meinem Freund Dick als Callboy für ›einsame Herren‹ gearbeitet.
Kurz gesagt, wir haben angeschafft. Für ein bisschen Geld haben wir uns
verkauft und haben mit uns fast, fast alles machen lassen, um ein paar Dollar
mehr zu bekommen.‹‹ Mike sah in sein Glas und drehte es zwischen seinen Händen.
››Ich war oder ich bin ein billiger Stricher . . . Dick war meine erste Beziehung
zu einem Jungen . . Dann, nach den letzten Freiern, ist er verschwunden . . .
Ich habe es mit der Angst bekommen und bin weg. Wie sagt man so schön, alles
stehen und liegen lassen.‹‹ Das Reden fiel ihm schwer. ››Ich habe schon bei
allen unseren Freunden angerufen, aber keiner konnte mir etwas sagen . . .
Keiner weiß, wo er ist . . . ‹‹ Mike begann leise zu schluchzen. Ron nahm Mike
das Glas aus der Hand, legte ihm die Hand zum Trost auf die Schulter. ››Ist
schon gut. Leg dich schlafen. Ruhe dich aus‹‹, sprach Ron leise mit einem
mitfühlenden Ton. Er blieb noch im Wohnzimmer und sah Mike nach, wie er in sein
Zimmer ging. Ron saß in Gedanken versunken im Sessel. Nach einer Weile stand er
auf und ging zu Mike, der auf dem Bett lag und sein Gesicht im Kissen verbarg.
Er setzte sich zu ihm, strich Mike über sein Haar. ››Ich kenne diesen Gefühl.
Ich weiß, was jetzt in dir vorgeht.‹‹ Ron nahm die Decke und deckte ihn zu,
löschte das Licht und ging ins Wohnzimmer zurück. Er musste nicht fragen, er
kannte diese Momente. Er kannte diesen Schmerz, jemanden zu vermissen. Auch
seine Freundschaft zu Brad war mehr als nur eine Freundschaft. Beide verlebten
hier nicht nur schöne Tage, trotzdem fanden sie immer wieder zusammen und
mussten nach ihrem Streit lachen. Bis zu dem Tag, als er auf dem Anrufbeantworter
eine Nachricht aus der Klinik fand, in der man ihn bat, dringend zu kommen. Je
näher er der Klinik kam, um so unerträglicher wurde eine Ahnung. Als er endlich
angekommen war und nach Brad suchte, teilte man ihm nur einfach mit, das er vor
15 Minuten verstorben sei. Wie kalt und lieblos konnten Menschen nur sein,
dachte er damals. Die Tage danach waren eine Zeit der Qual und des Verlustes.
Das ganze Haus erinnerte ihn an Brad. Als er sich endlich wieder im Griff
hatte, räumte er alle Erinnerungen in Kartons und versteckte sie im Schuppen,
er wollte sie nie wieder sehen. Brads Fahrrad versteckte er unter einer Plane,
es hatte bei diesem Unfall nicht einen Kratzer abbekommen. Am nächsten Morgen
war Mike schon früh auf den Beinen, hatte das Frühstück schon fertig und rief
laut durch das Haus nach Ron. ››Du bist schon auf? Ich denke, du brauchst heute
nicht zu deiner Arbeit.‹‹ ››Ja, stimmt auch, aber ich konnte nicht mehr
schlafen und nach gestern Abend . . . ‹‹ ››Du musst dir keine Vorwürfe
machen.‹‹ ››Was machen wir heute?‹‹, fragte er schnell, um das Thema zu
wechseln. ››Hast du etwas Bestimmtes vor?‹‹, wollte Mike mit einem fragenden
Blick wissen. ››Ich dachte, wir fahren mit dem Wagen ein wenig rum. Nehmen
alles Mögliche mit und dann werden wir mal sehen. Einverstanden?‹‹ Mike nickte
zustimmend. Sie fuhren die Küstenstraße entlang. Mike sah sich aufgeregt um.
Vieles hatte er schon gesehen, was er von ››seinem‹‹ Strand aus durchstreifen
konnte. Die Aussicht, die sich ihm jetzt bot, war etwas Neues. In der
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