Milchblume
vielen anderen möglichen und unmöglichen Örtlichkeiten.
Wenn Jakob nachts wach in seiner Kammer lag, dachte er darüber nach, von wem diese stete Leidenschaft, diese womöglich unstillbare Sehnsucht wohl ausging, von ihm oder von ihr. Jakob erinnerte sich daran, den Huber-Bauern einmal mit einer Kuh erwischt zu haben und glaubte schon, damit die Antwort zu haben, als eines Tages die Bäuerin nach ihm verlangte.
Es war an einem Samstag, und die Wochentagswäsche stand an. Die Tage zuvor hatte die Bäuerin bereits die Reinigung der Kleidung erledigt. Der Schweiß stand auf ihrer Stirn, als sie alle Stücke mit Waschrumpel und Kernseife bearbeitete, und Jakob hatte beobachtet, wie das Fleisch ihrer kräftigen Oberarme bei jeder Bewegung kompakt und schwer hin und her wippte. Nun war die wöchentliche Körperwäsche an der Reihe. Wie in den meisten Höfen in Legg gab es auch am Huber-Hof zu jener Zeit noch keine Badewanne, aber ein großes Schaff. In das wurde heißes Wasser gekippt, das zuvor im Schiff des Ofens aufgekocht worden war. Der Bauer war mit seinen Reparaturarbeiten im Schuppen noch nicht fertig, und deshalb wunderte sich Jakob, dass er schon jetzt von der Bäuerin zum Baden ins Haus gerufen wurde. Er war es gewohnt, als Letzter dranzukommen und nach seinem Bad gleich die Kleidung für die nächste Wochentagswäsche im Schaff einzuweichen. So löste sich der Schmutz später leichter aus dem Gewebe.
Am Eingang streifte Jakob die Schuhe ab, ging ins Haus, klopfte an die hölzerne Tür der Küchenstube und trat ein, nachdem er die resolute Stimme der Huber-Bäuerin »na komm schon endlich« hatte sagen gehört. Als er seinen Kopf in die Stube streckte, fuhr ihm der Schreck in die Glieder. Ein Irrtum, schoss es ihm durch den Schädel, um Himmels willen, sie hat den Bauern gerufen, nicht mich. »Entschuldigung!«, rief Jakob, und weil der Schreck ihm wieder erlaubte, sich zu bewegen, wollte er raus, so schnell wie nur irgend möglich, drehte sich also um, stürzte nach vorn, stieß sich den Kopf am niedrigen Türstock und taumelte nach draußen, während sein Gehirn die strengen Worte der Bäuerin verarbeitete, die gelautet hatten: »Komm sofort zurück und wasch mich.«
Es begann damit, dass Jakob der Bäuerin den Rücken einseifen musste, um ihn dann auf ihr Geheiß zu schrubben und zu kneten. Jakob machte das nicht gern, ganz und gar nicht, aber es war ihm schließlich angeschafft worden, und da er doch Knecht war, so sagte er sich, gehöre wohl auch diese furchtbarste aller bisherigen Arbeiten zu seinen Pflichten. Bei jeder Walkbewegung wälzte sich das Fett der Bäuerin in einer breiten Rolle nach oben, und danach wieder nach unten. Es war wie die Wellenbewegung eines weiten Meeres und Jakob musste sich zwingen, nicht weiter hinzusehen. Andernfalls, das spürte er, würden ihn diese Wellenberge seekrank machen, ohnmächtig womöglich. Er schloss die Augen.
»Gut so«, schnurrte die Bäuerin. »Gut so, Jakob. Brav. Sehr brav.«
Eine ganze Weile noch musste Jakob der Huber-Bäuerin Rücken und Nacken massieren, dann sagte sie: »Wenn du willst, kannst du auch meine Brüste einseifen.« Noch bevor Jakob die Tragweite dieser Aufforderung bewusst werden konnte, drehte sich die Bäuerin zu ihm um, dass das seifige Wasser im Schaff nur so schwappte. Ihr massiger Körper tauchte aus dem warmen Meer wie der eines fleischigen, runden Ungeheuers, und vor Jakobs Augen erhoben sich zwei Köpfe, die sich als Brüste der Huber-Bäuerin herausstellten. Sie schienen ihm derart groß und schwer, dass er fürchtete, sie müssten aufgrund ihrer abnorm gewichtigen Masse alsbald vom Rumpf abreißen. Ein Eindruck, der sich verstärkte, als die Bäuerin ihre Brüste vor den Augen ihres Knechts hin- und herschwenkte, ganz so, als wolle sie ihn damit hypnotisieren.
Irgendetwas murmelnd besah Jakob die Brüste, überlegte sich so manches in seinem Kopf, kam aber mit keinem Gedanken sehr weit, geschweige denn zu einem halbwegs sinnvollen Ende. Während die dampfenden Brüste weiter vor seinem Gesicht schwankten, erwog Jakob, sie sicherheitshalber zu stützen, damit sie nicht womöglich tatsächlich abrissen. Er überlegte, ob es nicht besser sei, ihr Baumeln durch beherztes Zugreifen anzuhalten, zum Stehen zu bringen, damit er endlich klar überlegen konnte, was in einer derartigen Situation am besten zu tun sei. Und weil die Bäuerin all diese Gedanken zwar nicht kannte, sich aber auf Jakobs verzagtes Gesicht und seine weit
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