Milchblume
aufgerissenen Augen einen Reim machen konnte und ahnte, dass der Bursche mit der Situation hoffnungslos überfordert war, sagte sie: »Na komm schon, Jakob. Greif ruhig zu. Du brauchst dich nicht zu fürchten. Greif ruhig ordentlich zu.«
Gott sei Dank, dachte Jakob. Denn nun wusste er, was zu tun war.
»Nein, vielen Dank, nein!«, sagte er, viel zu laut, stotternd und mit heißem Kopf. Die Bäuerin machte ein enttäuschtes Gesicht, fing sich aber rasch und bot Jakob mit bemüht sanfter Stimme an, ihm den Rücken einzuseifen, wenn er schon keinen Gefallen an ihren Brüsten fände.
»Danke nicht«, brachte Jakob mit Mühe heraus, mehr gab ihm sein Geist im Augenblick beim besten Willen nicht ein.
Er versuchte zu atmen.
»Nein, vielen Dank, nein«, schaffte er es dann, angestrengt jene Worte zu wiederholen, die ihn zuvor schon gerettet hatten. »Nein, vielen Dank, nein«, sagte er noch einmal, sicherheitshalber.
Verärgert musste die Bäuerin erkennen, dass ihre erprobte Verführungskunst in diesem Fall nicht fruchtete. Woraufhin sie ihre Strategie änderte. »Du ziehst dich jetzt sofort aus und setzt dich in das Schaff da«, fuhr sie ihren Knecht an und wies mit fleischigem Arm die Richtung an.
Weil sein verzagter Gesichtsausdruck sie fürchten ließ, der Bursche könne auf der Stelle losheulen und damit alles verderben, fügte sie in mütterlichem Ton hinzu, er könne schließlich nicht dreckig und stinkend bei ihnen am Hof arbeiten. Das gehöre sich doch wirklich nicht, er sitze schließlich mit ihnen am Tisch. Oje, dachte Jakob, denn er stellte fest, dagegen nichts Rechtes einwenden zu können. Geschlagen nickte er. Dann entledigte er sich umständlich seiner Kleidung, versuchte, so gut es ging, sein Geschlecht zu bedecken, und stieg rasch ins Badewasser, als würde ihn das vor dem Zugriff der Bäuerin retten, als sei das Schaff ein ihr verbotener, nicht zugänglicher Ort. Die Huber-Bäuerin indes war nackt, stand tropfend und dampfend neben ihm – und lächelte. Jakob wusste vor Scham nicht, wohin er blicken sollte.
»Na also«, raunte sie, nun wieder gurrend zärtlich, »schau, war ja höchste Zeit. Der Dreck rollt sich bei dir ja schon im Nabel zusammen.« Als sie Jakob den Rücken einseifte, ihn behutsam rieb, schrubbte und massierte, wich langsam die Nervosität aus ihm, die aber sofort wieder auflebte, als er spürte, dass ihre fleischige Hand nun auch seine Brust bearbeitete und von dort immer tiefer wanderte, mit kreisenden Bewegungen und irgendwie wohltuend, aber gehörte sich das denn, schließlich war sie die Frau vom Huber-Bauern und er in Silvia verliebt, andererseits war Silvia seine Schwester, und so gesehen konnte sie ja auf Körperliches nicht eifersüchtig sein und er würde sich nicht schuldig machen, aber dann wiederum, na ja. Jedenfalls: Jakob machte sich in diesen Sekunden allerlei Gedanken. Und als es ihm schien, er könne das Abwägen des Für und Wider bald, wirklich bald zu einem Ende bringen, da hatte die Bäuerin bereits mit sicherer Hand sein Glied umfasst und begonnen, gekonnt ihre Hand auf und ab zu bewegen.
Als sie Jakob ihre Zunge ins Ohr steckte, betrat der Bauer die Stube. Jakob und die Bäuerin bemerkten ihn erst, als er dicht neben ihnen stand und »ja Kruzifix noch einmal!« schrie. Jakob schnellte aus dem Wasserschaff, sprang mit steifem Glied in der Stube umher, gleichermaßen den Schlägen des Bauern ausweichend wie auch seine Kleidungsstücke vom Fußboden fischend, glitt mehrere Male aus, rutschte dabei polternd gegen Tisch, Sesselbeine und Kredenz, und schaffte es schließlich, ins Freie zu flüchten.
Wider Erwarten rannte ihm der Bauer nicht hinterher. Vielmehr stand er breitbeinig und noch immer in seinen schweren Stiefeln in der Stube und besah seine Frau. Seine Blicke ruhten auf ihren Hüften. Der dichte Dampf im Zimmer verbarg die Schwächen ihres Leibes. Als sich Jakob vorsichtig wieder näherte, hörte er weder Geschrei noch Schläge. Die Geräusche, die er vernahm, vermittelten ihm vielmehr den Eindruck, als vergnügten sich der Huber-Bauer und die Huber-Bäuerin wieder in aller Eintracht miteinander.
***
Das Schlimmste an meiner Knechtschaft am Hof des Huber-Bauern war die Trennung von Silvia. Als ich mich von ihr verabschiedet habe, wussten wir zwar, dass es keine wirkliche Trennung war. Ich war ja nur hundert Meter weiter. Aber für uns war es trotzdem schlimm. Wir haben, glaube ich, beide das Gefühl gehabt, dass wir nun noch stärker getrennt
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