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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
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Sie hatte aber zwei Schwestern, die allerdings lange vor ihr gestorben sind. Ernas Schwestern bekamen sehr wohl Kinder.«
    Dann schwieg sie still. Als Fanni ins Wohnzimmer zurückkehrte, sah Frau Praml sie auffordernd an. Fanni sagte folgsam: »Elsie Kraft und Rosie Hübler sind Cousinen, Erna Sallers Nichten.«
    »Richtig!« Frau Praml klatschte in die Hände. »Sie sind ein Schlauberger, Frau Rot.«
    Schlauberger ?
    »Es gab«, fuhr Frau Praml fort, »auch noch drei Neffen. Einer ist bei einem Unfall umgekommen, einer hat sich erhängt, und einer ist an einem Nervenleiden gestorben. Bleiben genau zwei rechtmäßige Erben für das Saller-Anwesen.«
    »Aber Frau Saller hat ein anders lautendes Testament hinterlassen«, sagte Fanni unbesonnen.
    Frau Praml stutzte, schien jedoch dann zu der Ansicht zu gelangen, dass Fanni den einzig logischen Schluss gezogen hatte, und sagte: »Sie nicht.«
    Fanni schwieg vorsichtshalber.
    »Vor zwei Monaten, bei der Testamentseröffnung, hat sich herausgestellt, wie die ganze Sache gelaufen ist«, erklärte Frau Praml. »Das Saller-Anwesen stammt – wie der Name sagt – von den Sallers. Das waren Ernas Schwiegereltern. Als sich mit den Jahren zeigte, dass Erna und ihr Mann keine Kinder bekommen würden, haben die alten Sallers von ihrem Sohn verlangt, die Erbfolge so zu regeln, dass nichts, absolut nichts der Familie seiner Frau zufallen sollte. Ernas Mann muss eine Zeit lang ziemlich in der Zwickmühle gesteckt haben. Die Nichten und Neffen waren ihm vermutlich egal, aber seine Frau wollte er nicht unversorgt zurücklassen, falls er vor ihr starb. Rosie nimmt an, er hat sich von einem Anwalt beraten lassen, denn von selbst wäre er bestimmt nie auf diesen Nacherben-Dreh gekommen. Jedenfalls hat er in seinem Testament bestimmt, dass ihn seine Frau zwar beerbt, dass aber nach deren Tod das Vermögen wieder an die Saller-Linie zurückfällt.«
    Frau Praml verschnaufte.
    Fanni wagte einzuwenden: »Dort gehört es doch auch hin – oder?«
    Frau Praml hob lehrerhaft den Zeigefinger. »Bürokratisch gesehen vielleicht, moralisch gesehen sicher nicht.«
    Weil Fanni wieder schwieg, fragte Frau Praml: »Sie wissen es nicht?«
    Fanni schüttelte den Kopf. Was würde das Es denn nun wieder sein?
    Frau Praml sagte es ihr. »Die alten Sallers hatten bloß zwei Kinder: den Buben, der in den Kriegsjahren die Erna geheiratet hat, und ein Mädel, Anna. 1945 – sie war noch keine zwanzig – ist die Anna abgehauen und hat nie wieder von sich hören lassen.«
    Fanni wartete auf die Pointe.
    Frau Praml steuerte bereits darauf zu: »Wer waren also die Einzigen, an die sich die Erna und ihr Mann im Alter halten konnten? Ernas Nichten! Und glauben Sie mir, Frau Rot, Elsie und Rosie haben sich liebevoll um die beiden gekümmert. Erna litt – schon als ihr Mann noch lebte – stark unter Arthritis, und deshalb ging ihr im Haushalt nichts mehr von der Hand. Aber Elsie und Rosie waren immer da, sie haben gekocht, gebügelt, geputzt …«
    Wie zum Teufel, fragte sich Fanni, bringen es die beiden fertig, auf so vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen – Saller-Haushalt, Pfarrhaushalt, Frauenbund, Kirchenchor und dazu noch die eigene Familie?
    Power, Fanni, Engagement, Einsatz, soziale Kompetenz.
    Fanni horchte auf, als der Name Sprudel an ihr Ohr drang. »… Annas Bankert, der in seinem ganzen Leben noch nie etwas von Birkenweiler und seiner dortigen Verwandtschaft gehört hat, erbt jetzt das Saller-Anwesen.«
    Fanni presste beide Hände auf den Mund, um nicht laut herauszuprusten.
    Bankert!
    Frau Praml missverstand die Geste. »Sehen Sie, Frau Rot, nun ist Ihnen klar, wie niederträchtig Ernas Mann gehandelt hat. Nach dem Tod seiner Eltern hätte er noch gut zwanzig Jahre lang Zeit gehabt, das Testament wieder zu ändern.«
    Fanni nickte abwesend.
    Offensichtlich hatten bisher weder Frau Praml noch eine der anderen Frauen den Namen des Saller-Erben mit dem Namen des Kommissars in Verbindung gebracht, der vor ein paar Jahren – im Verein mit Fanni Rot – bei der Aufklärung der Mordtat an Mirza Klein aus Erlenweiler die Hauptrolle gespielt hatte.
    Sobald aber Sprudel leibhaftig auftauchte, würde Frau Praml dahinterkommen, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte.
    Sie hatte den zweiten Latte macchiato geleert, machte aber keine Anstalten, aufzustehen und zu gehen.
    Fanni wartete.
    Frau Praml zupfte unschlüssig am Tischtuch, schob die Zuckerdose hierhin und dorthin. Plötzlich sah

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