Miles Flint 04 - Das Marsgrab
schlicht Menschliches tun und Hände schütteln müssten, würde es Tage dauern. Wir aber müssen viel mehr tun als das.«
Dann starrte das Disty Weiss’ Hände an. Es hatte Weiss’ Vorpreschen als friedlich erkannt, hatte es verstanden und ignoriert.
»Monate?« Weiss sah Flint an. »Von Monaten haben Sie nichts gesagt.«
»Ich wusste nichts davon«, entgegnete Flint. »Aber ich habe Ihnen gesagt, dass ich mit diesen Ritualen nicht vertraut bin. Wie dem auch sei, meine Einladung gilt.«
»Einladung?«, fragte das Disty.
»Ich habe ihnen gesagt, ich würde sie zum Mond zurückbringen, sollten sie ihre Meinung ändern.«
Die Disty um ihn herum kamen in Bewegung, und Flint fühlte ihre Aufregung, als wäre die ein eigenständiges Wesen.
Flint bekam eine Gänsehaut, und er musste sich Mühe geben, um nicht die Messer anzustarren.
»Dazu haben Sie keine Befugnis!«, sagte das Anführer-Disty.
»Doch, die habe ich«, widersprach Flint. »Das sind Freiwillige. Sie sind hier, weil sie es so wollen, nicht weil man sie gezwungen hat. Sie haben das Recht, ihre Meinung zu ändern.«
Nun musterten sämtliche Disty die Überlebenden. Weiss sah sich über die Schulter zu den anderen um. Vajra zuckte die Achseln. Marcos blickte zu Boden. Der Rest rührte sich nicht.
Endlich ergriff der Anführer mit seinen langen Fingern Weiss’ Hand und schüttelte sie unbeholfen. »Wir wissen Ihre Geste zu schätzen. Wir sind Freundlichkeit nicht gewohnt. Wir werden Ihr Entgegenkommen nicht ausnutzen, und wir werden Sie für die geopferte Zeit entschädigen.«
»Wir werden lange von unseren Familien getrennt sein«, sagte die blauhaarige Frau, McEvoy, und sie hörte sich furchtsam an.
»Das ist uns bewusst«, sagte das Disty. »Vielleicht finden wir eine Lösung, mit der allen gedient ist. Wenn Sie mit mir kommen würden, könnten wir über Ihre Wünsche verhandeln, doch das können wir nicht in Gegenwart Ihres Piloten tun, denn er wird an den Ritualen nicht teilhaben.«
»Wir werden dieses Schiff nicht verlassen, bevor wir unsere Entscheidung getroffen haben«, sagte Weiss und ließ die Hand des Disty los.
»Einverstanden. Vielleicht können wir auch hier vertraulich miteinander sprechen?« Das Disty sah Flint an.
»Natürlich«, sagte der. »Aber bevor ich mich zurückziehe: Was ist mit Norton? Er ist der Siebte.«
»Er ist ein Verbrecher. Wir haben keine Verwendung für ihn.«
»Vielleicht doch«, widersprach Flint. »Ich glaube, er ist derjenige, der das Skelett über dem Massengrab deponiert hat.«
»Der Mörder?« Diese Frage stammte von einem anderen Disty.
»Der einer einzelnen Frau, ja«, präzisierte Flint. »Für das Massaker ist er nicht verantwortlich.«
»Dann ist das etwas anderes«, sagte der Anführer. »Wir haben doch Verwendung für ihn.«
»Er wird sich unserer Entscheidung fügen müssen, wie immer sie ausfällt«, sagte Weiss.
»Wir verhandeln nicht mit Kriminellen«, verkündete das Disty. »Für ihn haben wir eine andere Verwendung.«
»Wie anders?«, fragte Flint. »Er ist verwundet. Ich bin nicht sicher, ob er Anstrengung verkraften kann.«
»Darüber werden wir sprechen, wenn wir hier fertig sind. Halten Sie ihn für uns bereit!«, sagte das Disty.
Weiss bedachte Flint mit einem kaum wahrnehmbaren Stirnrunzeln. Flint zuckte mit den Schultern. Dann verließ er den Raum und ging zur Hauptkabine. Dort benutzte er seine internen Links, um das Gespräch zu überwachen, auch wenn er nicht allzu genau hinhörte.
Er wollte nichts über die Rituale erfahren. Er wollte so wenig wie möglich in all das verwickelt werden.
Aber er wollte wissen, ob alles in Ordnung war.
64
D as kann doch nicht Ihr Ernst sein!«, brauste DeRicci auf. »Auf keinen Fall setze ich mich mit dieser Blutsaugerin von Reporterin zusammen! Die bläst Lügen zu Nachrichten auf!«
Die Generalgouverneurin faltete die Hände. Sie saß an DeRiccis Schreibtisch, als wäre es ihr eigener. DeRicci war es allmählich müde, diese Frau in ihrer Nähe zu nahen. Konnte sie denn nicht irgendein anderes Büro mit Beschlag belegen?
»Ich bin der Ansicht, Sie sollten darüber nachdenken«, sagte die Generalgouverneurin. »Ihr Ruf hat ernsten Schaden genommen. Den könnten Sie mildern, solange die Öffentlichkeit noch nicht weiß, dass die Krise beigelegt ist.«
DeRicci sah sich zu den Wandschirmen um. Alles, was die Öffentlichkeit zu sehen bekam, waren die Schiffe vor der Grenze des Mondorbits. Inzwischen hatten sich bereits
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