Miles Flint 05 - Paloma
hatten, und nach dem Wenigen, das die Techniker hatten herausfinden können, hatten die Bixiner ihn durch die Tüten hindurch gepackt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits sämtliche Hinweise auf das, was er am Morgen getan hatte, aus seinen Links gelöscht; die Bixiner hatten anscheinend nur daraufgewartet, dass er damit fertig war, um ihn dann auszuschalten.
Das alles war vor zwölf Stunden geschehen. Nyquist wies die Streifenbeamten und Space Traffic an, nach Bixinern in Armstrong Ausschau zu halten (registriert war keiner, was jedoch kaum überraschen konnte), doch er hatte keine Hoffnung, sie wirklich zu finden. Vermutlich hatten sie das erste Shuttle bestiegen, das den Mond verlassen hatte, oder sie hatten ein eigenes Raumfahrzeug benutzt, was immer das sein mochte, um den Hafen zu verlassen. Er würde Space Traffic auch darauf ansetzen, doch er bezweifelte, dass sie viel herausfinden würden.
Die Attentäter waren fort, und der Mann, der ihnen geholfen hatte, war tot. Aber jemand hatte sie angeheuert, und zwar aus einem bestimmten Grund.
Nyquist leitete eine Suche in außerirdischen Justizdatenbanken ein, um herauszufinden, ob es jemals einen Fall gegeben hatte, in dem die bixinische Attentäterzunft sich hatte überzeugen lassen, zu verraten, wer sie bezahlt hatte, um irgendjemanden mit einem Fluch zu belegen.
Palomas Fluch existierte schon seit langer Zeit, doch die Bixiner hatten sie offenbar erst jetzt aufspüren können. Wenn es ihm gelänge, den Grund dafür zu finden, dann würde er vielleicht auch erfahren, wer hinter dem Attentat steckte.
Er griff zu seinem Kaffee, als ein Piepen in seinen Links die Ankunft einer Botschaft ankündigte, ein aufgezeichnetes Bild eines der Techniker, der ihm erklärte, die Bombe, die in der Taube explodiert war, sei sechs Monate zuvor von Paloma selbst deponiert worden. Die Bombe hatte eine Sicherungseinrichtung, die zwei Menschen vor Schaden bewahren sollte: eine war Paloma, die andere Miles Flint. Wer immer das Schiff ohne Paloma oder Flint betrat, würde sterben.
Er schauderte. Die Explosion war in ihm so lebendig, als hätte sie sich erst vor einem Moment ereignet. Er wischte sich das Gesicht ab und war überrascht, keinen Schmutz vorzufinden, kein Blut.
Er zwang sich, tief durchzuatmen. Offensichtlich hatte Flint nichts mit der Bombe zu tun. Vermutlich hatte er nicht einmal gewusst, dass es eine Bombe gab.
Attentäter hatten Paloma umgebracht. Paloma hatte eine Bombe deponiert. Flint hatte mit beiden Fällen, in denen Nyquist ihn als Verdächtigen eingestuft hatte, nichts zu tun. Die Beschuldigungen, aufgrund derer der Haftbefehl ausgestellt worden war, waren nun zweifellos nicht mehr stichhaltig.
Vermutlich sollte Nyquist sich auf die Suche nach Flint machen, um mit ihm zu reden, aber ihn zu finden dürfte nicht einfach werden, solange der Haftbefehl existierte. Nyquist schickte eine Anweisung durch seine regulären Links, in der er den Haftbefehl aufhob und jegliche Beschuldigungen gegen Flint für haltlos erklärte. Außerdem löschte er die Akte, sodass niemand in Flint einen Verbrecher sehen konnte.
Nyquist empfand eine gewisse Erleichterung, nicht nur wegen DeRicci und des potentiellen Konflikts zwischen ihm selbst und ihrem alten Partner, sondern auch, weil er Flint eben doch nicht ganz falsch eingeschätzt hatte. Er hatte dem Mann von dem Moment an, in dem sie einander zum ersten Mal begegnet waren, instinktiv Vertrauen entgegengebracht und sich danach durch den Bombenanschlag von ihm verraten gefühlt.
Nun aber konnte er sich Flints erstklassigen Verstand und seine Kenntnisse im Hinblick auf Paloma vielleicht nutzbar machen, um herauszufinden, wer sie ermordet hatte.
Doch vorher wollte er noch den Mann sprechen, der zuerst mit dem Finger auf Flint gezeigt hatte.
Nyquist wollte mit Justinian Wagner sprechen.
54
V an Alen traf mit Frühstück ein. Was sie bei sich hatte, kam einem wahrhaftigen Festmahl gleich – irgendein Gericht aus künstlichem Ei, ausreichend bearbeitet, dass es wie das echte schmeckte, ein Gericht mit Käse und Reis, ein Obstsalat und alle möglichen Backwaren. Sie stellte das Essen auf dem Konferenztisch in der Nähe der Fenster ab. Und sie sagte nicht hallo.
Flint schaltete den Schirm in dem Moment ab, als sie eintrat, und er sicherte die Daten so, dass nur er Zugriff darauf hatte. Dann entschuldigte er sich für das Durcheinander in der Nähe des Schreibtischs.
»Das ist mir ziemlich egal«, sagte sie. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher