Millionencoup im Stadion
McDonald’s durch ein Industriegebiet. Ein
Stück voraus kam eine weite Rasenfläche in Sicht, an die sich die Trümmer eines
abgebrannten Gebäudes anschlossen: die ehemalige Lagerhalle der K. Tex.
»Haben Sie eine Vorstellung,
Herr Kraut, warum es die Brandstifter gerade auf die Kisten mit den Trikots
abgesehen hatten? Es gab schließlich noch viele andere interessante und teure
Artikel in Ihren Hallen«, wollte Glockner wissen.
Johannes Kraut, der seit Jahren
erfolgreich im Sportartikelgeschäft tätig war, hatte sofort eine Antwort parat:
»WM-Trikots sind ein Renner unter den Fußballfans. Neben den deutschen Trikots
kann man aber selbstverständlich auch die Trikots der anderen
Nationalmannschaften bei uns in den Geschäften kaufen. Sehr beliebt sind
hierbei von jeher die Trikots der brasilianischen Nationalmannschaft. Dies
liegt vor allem daran, dass die Brasilianer immer noch als Inbegriff der
Fußballkunst gelten. Wer sich auch für frühere Weltmeisterschaften
interessiert, wird übrigens ebenfalls nicht enttäuscht. So lassen sich bei uns
auch Trikots kaufen, die die Teams bei den vorhergehenden Weltmeisterschaften
trugen.« Herr Kraut wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. »Jetzt
steht uns wieder eine WM ins Haus — und damit die wichtigsten Einnahmen des
ganzen Jahres!«
»Die Trikots werden im Ausland
von namhaften Sportbekleidungsherstellern in großer Stückzahl produziert und
unter anderem nach Deutschland exportiert«, mischte sich nun auch Steven, der
auf der Rückbank von Kommissar Glockners Wagen Platz genommen hatte, in das
Gespräch der beiden Erwachsenen ein. Er wollte eines Tages die Firma seines
Vaters übernehmen und kannte sich im Tagesgeschäft deshalb schon gut aus. Fast
täglich half er im Unternehmen, sei es in der Verwaltung des Sport-Imperiums,
sei es in den Lagerhallen. Steven konnte zupacken.
»Aha, ich verstehe.« Kommissar
Glockner nickte verständnisvoll. »Sagen Sie, Herr Kraut, haben Sie vielleicht
Feinde? Hätte jemand einen Grund, Ihr Lager anzustecken?«
Der Fußball-Funktionär musste
nicht lange überlegen. »Ich habe in den vergangenen Jahren einige
Auszeichnungen erhalten, auf Landes- wie auch auf Bundesebene.«
»Und Sie meinen, das könnte
Ihnen jemand neiden?«
»Wissen Sie, Glockner, an der
Spitze ist es immer einsam. Je höher man steigt, desto dünner wird die Luft. Es
gibt hier und da ein paar Menschen, die mir den Erfolg nicht gönnen. Aber dass
es sich dabei um Brandstifter handelt, kann ich mir eigentlich nicht
vorstellen.«
Die drei unterhielten sich noch
ein bisschen über die bevorstehende Fußball-WM und dass dieser Zeitraum als
eine Hochzeit für Produktfälscher galt.
Kraut erklärte, dass der
Welt-Fußballverband FIFA auf viele Fanartikel die alleinigen Rechte besitzt.
Die FIFA fürchtet auch in diesem Jahr wieder große Schäden durch
Produktpiraterie.
»Der Kampf von Polizei und Zoll
gegen die WM-Fälscher ist allgegenwärtig. Viele Sportartikelhersteller arbeiten
seit Langem eng mit dem Zoll zusammen und beschäftigen Dutzende von Anwälten,
die Fälschungen nachgehen«, erklärte Johannes Kraut, der den Markenfälschern
den persönlichen Kampf angesagt hatte. »Stellen Sie sich einmal vor: An den
Außengrenzen der Europäischen Union werden jährlich fast 100 Millionen Fälle
von Fälschungen festgestellt. Eine unglaubliche Zahl! Auf der ganzen Welt wird
der Schaden durch das unerlaubte Nachahmen und Vervielfältigen von Waren auf
rund 300 Milliarden Euro jährlich beziffert!«
»Da muss eine alte Frau lange
für Stricken. Und wie bringen die Fälscher ihre Ware an den Mann oder die
Frau?«, wollte Kommissar nun wissen.
»Das Internet mit seinen
zahlreichen virtuellen Auktionshäusern rückt dabei immer mehr in den
Mittelpunkt krimineller Machenschaften. Durch den zunehmenden Internethandel
hat sich das Problem verschärft. Das muss man sich einmal vorstellen: Nach
Schätzungen entfallen zehn Prozent des Welthandelsvolumens auf den Ex- und
Import von Fälschungen. Zehn Prozent!«
»Ja, dieses Problem ist meinen
Kollegen von Zoll und Polizei seit Langem ein Dorn im Auge.«
Die drei waren angekommen. Der
Polizist stellte sein Auto in einer Seitenstraße ab, und sie stiegen aus. »Das
ist sicherlich ärgerlich, so teure Lizenzprodukte bei einem Brand zu
verlieren.« Kommissar Glockner runzelte die Stirn. »Vor allem wenn es sich
dabei um Brandstiftung handelt. Ob Ihre Versicherung Ihnen den Schaden ersetzen
wird, bleibt
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