Mindstar 03 - Die Nano-Blume
mit der gesunden Hand das Haar. Ein Auge des Jungen war zugeschwollen, und Blut trocknete ihm auf Lippen und Kinn. »Was passiert hier?« fragte sie. »Bitte, ich verstehe das alles überhaupt nicht.«
»Julia!« rief Greg.
Julias Gesicht verschwand vom größten Flachbildschirm und wurde ersetzt von einer Ansicht des Landeplatzes der Colonel Maitland mit dem ausgebrannten Wrack der Pegasus, das noch rauchte. Charlotte schnappte nach Luft.
»Mit diesem Flugzeug sind wir gekommen«, sagte Greg. »Vier Menschen waren an Bord, als die Teksöldner es getroffen haben. Das ist Ihre Alternative. Würden Sie jetzt bitte mitkommen?«
»Ich lasse Fabian nicht im Stich. Nicht, wenn Teksöldner hierher unterwegs sind.«
Fabian blickte mit abgründiger Bewunderung zu ihr auf. Greg sah ein, daß die beiden nicht zu trennen waren. Dabei hatte er Jason Whitehurst genau das versprochen. Wirklich wundervoll!
»Wir fordern Sie nicht auf, ihn im Stich zu lassen, Charlotte«, sagte Julia sanft. »Einen Moment.«
Störungen prasselten in der Verbindung.
Jason Whitehursts Stimme meldete sich aus den Lautsprechern des Musikdecks. »Fabian?«
»Ja, Vater?«
Gregs Cybofax piepte. Er warf einen Blick darauf.
»Du bleibst bei Charlotte und Mr. Mandel«, sagte Jason Whitehurst. »Das ist viel sicherer für dich. Diese verdammten Teksöldner treiben sich überall in der alten Colonel herum. Verdammte schießwütige Bestien sind das. Ich hole dich später ein, muß mich erst überzeugen, daß die Besatzung okay ist, noblesse oblige und all das. Das verstehst du doch, nicht wahr?«
»Ja, Vater.«
Greg zeigte Suzi das Cybofax. Ihr Gesicht blieb reglos, als sie die Nachricht auf dem Bildschirm las.
»Prächtiger Bursche; kleines Abenteuer für dich. Charlotte, meine Liebe, was kann ich sagen? Diese ganzen Probleme tun mir wirklich furchtbar leid. Julia wird später alles erklären. Sie kümmern sich so lange um Fabian, ja?«
»Ja, Sir.«
»Famos.«
Greg zog einen Erste-Hilfe-Kasten von der Wand und fand eine Spritze mit einem örtlichen Betäubungsmittel. Charlotte widersetzte sich nicht, als er ihre Hand nahm. Er drückte die Spritze ans Handgelenk.
Sie stieß ein kurzes, bebendes Seufzen aus, als das Betäubungsmittel wirkte.
»Achten Sie darauf, mit der Hand nicht an irgendwas zu stoßen«, mahnte er sie.
Sie nickte schwach.
Suzi wischte Fabian das Kinn mit einem desinfizierenden Tuch ab.
»Okay«, sagte Greg. »Gehen wir. Julia, wo entlang?«
»Draußen rechts, zur Hülle hinunter, dann aufwärts zum Bug. Ich habe die Route in dein Cybofax übertragen.« Er warf einen Blick darauf und prägte sich die Blaupause der Colonel Maitland mitsamt der eingeblendeten roten Linie ein.
Vor dem MHD-Raum war es kühl. Die Wärmetauscher der technischen Sektion sorgten für eine konstante Zirkulation der Luft in der Lücke zwischen Hülle und Gasbehältern und verhinderten damit, daß sich das Helium überhitzte und dadurch an Hebefähigkeit verlor. Greg fand, daß es vage nach Chlor roch. Das erzeugte einen unangenehmen Geschmack in seinem Rachen.
Er führte die Gruppe den Laufsteg entlang, zurück in die Richtung, aus der er und Suzi gekommen waren. Charlotte und Fabian folgten ihm und hielten sich dabei an den Händen; Suzi bildete das Schlußlicht. Der Neurohormonkater hatte seinen Höhepunkt überschritten, aber Greg konnte die Drüse heute nicht mehr einsetzen, nicht nach zwei Psi-Ausstößen dieser Art.
»Greg, ein bißchen schneller, bitte«, sagte Julia aus dem Cybofax.
»Klar.« Er erhöhte das Tempo.
Eine Ripgun wurde hinter ihnen abgefeuert, und die Schallwellen donnerten kreuz und quer durch die technische Sektion. Es war das Signal für eine ganze Salve.
»Was ist das?« schrie Charlotte durch den Lärm.
»Ripguns.«
»Mann!« sagte Fabian und linste Greg aus dem gesunden Auge an. »Sie meinen Neutralstrahlenwaffen?«
»Kein Vertun.« Sie erreichten die Hülle. Eine stille Reihe von Robotern war neben der Leiter am Quergerüst aufgefahren. Greg hatte nicht die Zeit, Fragen nach ihnen zu stellen. Er bog auf den Laufsteg zum Bug ab, der sich zwischen Gasbehälter und Solarzellenhülle entlangzog. Der Weg bog sich weiter voraus außer Sicht, verloren in grauem Dunst.
Die Ripguns feuerten nicht mehr.
»Geht weiter«, sagte Julia. Die Roboter setzten sich in Bewegung, fuhren auf die Träger der technischen Sektion hinaus.
Fabian sah ihnen neugierig hinterher. »Arbeiten Netzjockeys für Event Horizon?« fragte
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