Mindstar 03 - Die Nano-Blume
Daniella wissen.
»Ja.«
»Ich mag Victor.«
»Ich auch«, sagte Matthew.
»Dann sind wir schon zu dritt.«
»Geht es um Daddy?« fragte Matthew.
»Matthew!« schalt ihn Daniella. »Du hast gesagt, du würdest nicht danach fragen.«
Er war in rebellischer Stimmung und blickte finster drein.
Julia tätschelte ihrer Tochter die Hand. »Ist schon in Ordnung. Ja, es geht um Daddy. Ich habe eine Menge Leute losgeschickt, die nach ihm suchen.«
»Onkel Greg wird ihn schon finden«, erklärte Matthew hartnäckig.
»Meine Güte, ihr bekommt wirklich alles mit, was?«
Daniella zuckte verlegen die Achseln. »Christine hat gesagt, er würde hinter jemandem herjagen. Er hat das seit Jahren nicht mehr gemacht.«
»Daddy und Onkel Greg haben zusammen im Krieg gekämpft, siehst du«, stellte Matthew eifrig fest. »Leute, die sowas machen, tun später alles füreinander.«
Julia seufzte. »Es war eigentlich kein richtiger Krieg, Liebling.«
»Was dann?«
»Eine sehr traurige Zeit. Nach der Erwärmung ist die Lage außer Kontrolle geraten, wurde chaotisch und unschön. Es waren aber nur ganz wenige Leute an der Spitze, die allen anderen große Schwierigkeiten bereitet haben.«
»Daddy hat immer gesagt …«
»Können wir das Thema bitte beenden?«
»Da, siehst du!« sagte Daniella triumphierend.
Matthew schlürfte geräuschvoll seinen Zitronensaft.
»Onkel Greg wird ihn doch finden, oder?« fragte Daniella, die ihr Selbstvertrauen auf einmal verloren hatte.
»Euer Onkel Greg ist der Beste«, sagte Julia. Sie hätte am liebsten ja, natürlich, gesagt, aber dann wäre sie auch gezwungen gewesen, irgendwann Royan zum Vorschein zu bringen. Sie fragte sich, ob sie den Kindern wirklich einen Gefallen tat, wenn sie sie dermaßen abschirmte. Wenn Nachrichten von den Außerirdischen im Fernsehen kamen – und das würden sie –, war mit Wutanfällen und mürrischer Laune zu rechnen, weil sie ihnen nichts davon erzählt hatte. Aber bis dahin hatten sie ein paar Tage mehr, in denen sie auf dem Grundstück von Wilholm herumtoben konnten, ein paar Kindheitstage mehr, wie sie Julia nie gehabt hatte, mit vielen Freunden und ohne Sorgen.
Ihr Cybofax piepte, und sie sank an die Rückenlehne zurück. War eine halbe Stunde mit den Kindern wirklich so viel verlangt?
»Geh schon dran, Mammi«, sagte Daniella. »Nimm ab. Die einzigen Leute, die deine Nummer haben, sind superwichtig. Es ist wahrscheinlich der König.«
»Ich glaube nicht, daß selbst William dabei viel helfen könnte«, murmelte sie teils zu sich selbst, als sie das Mikroplättchen hervorzog. Kanal zu den SelfCores öffnen. Wer ist es?
Michael Harcourt, antwortete NN-Kern eins. Es ist ein offizieller Anruf in seiner Eigenschaft als Industrieminister, also haben wir Kirsten gesagt, sie soll durchstellen. Die Regierung hat sich endlich entschlossen, dich auf die atomare Strukturierung anzusprechen. Anscheinend hatte das innere Kabinett fast den ganzen Vormittag lang eine Krisensitzung, seit das Verteidigungsministerium den Premier über die atomare Strukturierung informiert hat.
Wirklich? Bleibt bitte online; ihr müßt vielleicht Daten für mich interpretieren.
Natürlich.
»Ist es der König?« fragte Matthew und versuchte, ernste Miene zu machen.
Julia lachte. »Nein. Wie wäre es, wenn ihr zwei euren Tee im Gartenhaus beendet, während ich den Anruf entgegennehme?«
Matthew stürzte sich auf den Schokoladenkuchen und packte den Kuchenteller mit beiden Händen. Daniella nahm das Tablett mit dem Krug Saft und den Gläsern.
»Es macht uns wirklich nichts aus, Mammi«, sagte sie.
Julia zwang sich ungeachtet ihrer Schuldgefühle zu einem Lächeln und war beunruhigt, wie schwer ihr das fiel. »Und gebt Brutus nichts von dem Kuchen ab!« rief sie ihnen nach.
Michael Harcourt war ein spezialgefertigter Klon für das Parteibüro der Neokonservativen; sämtliche Kabinettsmitglieder der Partei schienen aus irgendeinem Bottich zu stammen, fand Julia. Aus demselben Bottich, und sie wollte verdammt sein, wenn es nicht fast dieselben Chromosomen waren. Er war fünfzigirgendwas, alt genug, um Vertrauen zu erwecken, aber noch keinesfalls darüber hinaus, tadellos gepflegt, der Anzug nicht zu teuer, silbergraues Haar, befehlsgewohntes Gesicht, der ganze Tonfall auf herkunftsneutral getrimmt. Perfekte Zähne lächelten Julia vom kleinen Bildschirm des Cybofax an. »Ms. Evans, ich bin sehr dankbar, daß Sie meinen Anruf so kurzfristig entgegennehmen.«
Aalglatter Mistkerl,
Weitere Kostenlose Bücher