Mingus
zusammenstehen, und viele Pflanzen wachsen in diesem Schatten, um sie herum, und auch, dass es alle möglichen Geschöpfe gibt zwischen den Bäumen im Gebüsch und oben in den Blättern. Ich habe es eilig, zum Wald zu kommen. Der Kleine bleibt zurück. Er klagt nicht.
Ich bin im Wald. Es riecht hier noch besser als am Wasser. Es riecht nach Lebendigem, nach Tieren, nach Beeren, nach Pilzen. Papa hat Pilze mitgebracht und getrocknet. Er liebt Pilze. Papa kocht sie für uns. Ich sehe ihn essen und schmatzen. Wo ist er jetzt? Er sagt, wenn man stirbt, zieht man den alten Fleischanzug aus und bekommt einen »nigelnagelneuen«. Das Wort hat mir schon immer gefallen, und ich sage es ein paarmal vor mich hin. Es riecht hier so wunderbar. Es gibt außer uns noch viele im Wald, aber wer sie auch sind, sie verstecken sich.
Ich lege mich auf eine grün bewachsene Stelle, auf der keine Bäume stehen, nur diese harten dünnen Halme, die sich im Wind bewegen. Ich liege da und strecke mich. Insekten surren über mir, und Vögel fliegen über mich hin. Ich schlafe.
Der Kleine findet mich, als die Sonne dabei ist, hinter den Bäumen zu verschwinden. Er legt sich zu mir und zittert.Er hält sich an mir fest. Er hat Angst gehabt, allein zu sein, ohne mich. Ich lecke sein Gesicht.
Als es dunkel ist, fange ich ein kleines Tier. Ich höre es leise graben, dicht neben uns im Dunkeln. Ich rieche seinen verführerischen Duft.
Ich mache Feuer, und wir wickeln das Tier aus seinem Fell und in ein großes Blatt. Es braucht lange, ehe er es gut beißen kann. Der Kleine friert. Er liegt auf mir und schläft, seine Nase in meinem Brusthaar. Er mag meinen Geruch, das kann ich sehen. Ich mag ihn auch, meinen Geruch, aber lieber noch mag ich den Geruch des Kleinen. Er riecht nach Honig und ein bisschen bitter, wie Medizin.
Wir bleiben im Wald. Dreimal wird der Mond rund und schmilzt dann, bis er nicht mehr zu sehen ist. Der Mond wandert, sagt Papa. Der Kleine mag den Mond, und manchmal sitzen wir beide und schauen zu, wie er wandert. Es ist gut im Wald, und wir haben immer zu essen. Es gibt süße saftige Sachen auf den Bäumen und im Gebüsch. Es gibt Wurzeln, die wir ausgraben. Es gibt Blumen, die gut schmecken, und fette Käfer und Maden unter der lockeren Rinde der Bäume. Wir trinken Wasser aus einem Bach, der durch das hohe Gras fließt. Der Bach spricht. Er spricht die ganze Nacht. Der Kleine hockt im Wasser und wäscht seine Haare. Er wäscht auch unsere Kleider und breitet sie in der Sonne aus zum Trocknen. Ich rolle ohne Kleider nass und wie befreit im Moos. Er sieht mir zu. Er schaut mich ganz genau an. Ich glaube, ich gefalle ihm. Er selbst zieht nie alles aus. Er will das nicht. Ich lasse ihn. Er hat nasse Haare und immer noch diesen glänzenden Streifen auf der Stirn. Es ist kein Dreck, es ist Schmuck, wie meine Ketteaus Glasperlen, die ich gemacht habe für Papa. Er wollte sie nicht um seinen Hals. Ich habe sie verloren. Der Kleine nimmt eine rote Beere und macht mir einen Streifen auf die Stirn. Er sammelt alle möglichen Beeren und fädelt sie auf Grashalme, für später, den Rest legt er auf ein großes Blatt und bringt es mir, um es anzuschauen. Ich lobe ihn. Er versteht das sehr gut. Ich könnte immer hierbleiben.
Weiter gehen wir, schon früh am Morgen auf die Hügel zu. Sie sind höher geworden und haben scharfe Zähne, die weiß leuchten gegen den blauen Himmel. Wir laufen den ganzen Tag ohne Pause. Er kann das jetzt, doch ich könnte viel schneller sein ohne ihn. Am Abend verdunkelt sich der Himmel. Wir suchen einen Platz für die Nacht. Die ganze Nacht fällt Regen.
Am Morgen wird es nicht heller. Wir warten. Es regnet und regnet. Wir hocken in einer flachen Höhle, der Wind treibt den Rauch unseres Feuers herein, und wir haben schwarze Gesichter und husten. Wir verschlafen den ganzen Tag und stehen nur auf, um zu essen oder um Holz nachzulegen, nasses Holz, es brennt schlecht und raucht noch mehr.
Ich sehe nur Steine, so weit ich schauen kann. Alles ist flach, und überall liegen große Steine verstreut, dazwischen ein paar Bäume, magere Zwergbäume. Wir warten. Der Kleine hat keine Stimme. Ich spreche mit ihm. Ich singe. Ich erfinde alle möglichen Geschichten. Ich lasse die Steine sprechen. Ich lasse die Bäume sich beim Namen rufen. Ich gebe sogar der Schlange eine Stimme, ehe ich sie packe undsie in meiner Hand ersticke. Wir essen sie. Sie schmeckt uns beiden.
Wir gehen weiter. Die Hügel kommen näher. Wir
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