Mini-Dame mit Maxi-Schnitt
ankommt, schickt sie ihn zum Teufel. Eine
schlimmere Blamage gibt es nicht, als sich von der Rivalin sagen lassen zu
müssen, daß man betrogen wird .«
Sie griff nach einem Stück
schwarzen Samt, der auf dem Arbeitstisch lag. »Aber weder Tod noch
Liebesintrigen dürfen die Freidel -Kollektion in Frage
stellen. Das hat mir Dion vor ein paar Minuten auseinandergesetzt. Verdammt
noch mal — wo ist meine Schere ?« Sie suchte erfolglos
zwischen den Stoffen und öffnete dann ärgerlich eine Schublade. »Ich weiß
genau, daß ich sie nicht hier reingelegt habe. Warum...« Ihr Gesicht verlor
plötzlich alle Farbe. »Danny!«
»Hat sich Libby mit Freidel
drin versteckt ?« fragte ich fröhlich.
»Danny, bitte !« Ihre Stimme schwankte. »Sehen Sie sich das an !«
Ich trat neben sie und sah in
die geöffnete Schublade hinunter. Da lag die Schere. Die Schneiden hatten
dunkelrote Flecken.
»Sie werden ein großes Lob von
Leutnant Schell einheimsen«, sagte ich mit neutraler Stimme. »Er hat heute
morgen das ganze Haus durchsucht, die Mordwaffe aber nicht gefunden .«
»Mein Gott«, flüsterte Lenore.
»Wollen Sie damit sagen, daß Stephanie mit meiner Schere umgebracht wurde ?,
»Sie sollten anfangen sich zu
überlegen, was Sie Leutnant Schell erzählen wollen«, sagte ich. »Die Schere
gehört Ihnen, und Sie haben noch gestern abend Freidel damit um Ihren
Arbeitstisch gejagt, wenn Sie sich daran erinnern können .«
»Danach hab’ ich sie auf den
Tisch geworfen und bin rausgegangen, zu Ihnen .« Sie
starrte mich mit großen runden Augen an. »Seitdem hab’ ich sie nicht mehr zu
Gesicht bekommen — bis jetzt, das schwöre ich .«
»Mich brauchen Sie nicht zu
überzeugen«, meinte ich wahrheitsgemäß. »Nur den Leutnant.«
5
Wie Freidel vorausgesagt hatte,
konnte man bis zehn Uhr abends ohne weiteres etwas zu essen bekommen; sich also
um drei etwas zum Lunch zu besorgen, war gar kein Problem. Schell war dagewesen
und schon wieder fort; die Mordwaffe hatte er mitgenommen. Er hatte Lenore gute
vierzig Minuten ausgequetscht und sie dann erst mit rotgeränderten Augen in ihr
Zimmer entlassen. Ich hatte nicht gerade mit einem Orden gerechnet, aber
immerhin mit einigen Dankesworten. Jedoch alles, was ich von Schell bekam, war
ein wütender Blick, als er sich verabschiedete, und ein Kopfschütteln auf meine
Frage, ob er schon irgendwelche Fortschritte zu verzeichnen habe.
Gerade als ich meinen letzten
Bissen verzehrt hatte, betraten Luman und Reilly das Eßzimmer, was ich dankbar
notierte, sonst hätten sie mir möglicherweise noch den Appetit verdorben.
Dickwanst trug wieder einen teuren und formlosen Anzug, während Reilly mit
seinem schwarzen Rollkragenpullover, der passenden Hose und den
Bastsohlenschuhen von gestern wie ein eleganter Fassadenkletterer aussah.
»Da ist ja unser toller
Privatdetektiv«, höhnte Luman.
»Sollten Sie nicht lieber
arbeiten? Viel Zeit bleibt Ihnen nicht mehr .« Fragend
sah er seinen Assistenten an.
Reilly warf einen Blick auf die
Wanduhr, die sein Handgelenk zierte. »Noch 4 Stunden und 23 Minuten«, sagte er.
»Um herauszufinden, wer die
Kollektion zerschnippelt«, fuhr Luman fort. »Daß Sie den Mord aufklären,
erwartet kein Mensch von Ihnen. Das überlassen Sie ruhig einem Profi wie Schell .«
»Paß bloß auf, Art«, sagte
Reilly mit unangenehmem Grinsen. »Vielleicht schmeißt er dir jetzt das Essen
ins Gesicht, wie er gestern abend mir den Martini in die Augen gekippt hat, als
ich nicht aufpaßte .«
»Sie scheinen es ja mächtig mit
der Zeit zu haben«, sagte ich zu Luman. »Warum wohl?«
»Tüchtigkeit«, schnaubte er.
»Zeit vergeuden, heißt Geld vergeuden. Wenn man nicht aufpaßt, geht es mit
einem bergab .«
»Na, Sie haben jedenfalls keine
Zeit vergeudet, mich rauszugraulen. Damit haben Sie sofort nach meiner Ankunft
begonnen«, sagte ich. »Vielleicht stelle ich tatsächlich einen zeitvergeudenden
Faktor in Ihrer Kampagne dar, die Freidel -Kollektion
zu unterminieren, damit sie ein Reinfall wird und Sie die beiden anderen mit
einem Butterbrot auskaufen können .«
Lumans Gesicht nahm wieder
diese dunkelrosa Farbe an, während seine Schweinsäuglein mich bösartig
anstierten. »Sie sind wohl des Teufels, Boyd! Wer hat Ihnen diesen Unsinn
verzapft? Kempton wahrscheinlich. Wenn Freidels Vorführung ein Reinfall wird,
verliere ich mehr Geld, als ich durch das billige Aufkaufen der Aktien wieder
reinbekäme. Wenn Sie etwas von Zahlen verstehen,
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