Mio, mein Mio
begann zu zittern. Es war das erstemal, daß ich Ritter Katos Namen hörte. Ich sprach ihn laut vor mich hin. »Ritter Kato«, sagte ich. Ich fror, als ich das sagte. »Der grausame Ritter Kato«, sagte Jum-Jum. Miramis wieherte auf, und es klang wie ein Schrei. Und dann sprachen wir nicht mehr von Ritter Kato. Gern wäre ich über die Brücke des Morgenlichts geritten, aber zuerst wollte ich meinen Vater, den König, um Erlaubnis bitten. Deshalb kehrten wir zum Rosengarten zurück und ritten an diesem Tage nicht mehr. Wir halfen einander, Miramis zu striegeln, und kämmten ihm die Goldmähne und streichelten ihn und gaben ihm Würfelzucker und Brotrinden, die wir von Jum-Jums Mutter bekommen hatten.
Danach bauten Jum-Jum und ich uns im Rosengarten eine Hütte, und wir saßen in der Hütte und aßen. Wir aßen ganz dünne Eierkuchen mit viel Zucker darauf. Nichts schmeckt mir besser! Benkas Mutter machte sie immer so, und ich durfte manchmal mitessen. Aber die Eierkuchen hier, die Jum-Jums Mutter gebacken hatte, waren noch viel, viel besser.
Es machte großen Spaß, eine Hütte zu bauen. Ich hatte mir immer gewünscht, daß ich das tun dürfte. Benka hatte mir oft erzählt, wie er Hütten baute, draußen bei ihrem Sommerhäuschen auf Vaxholm. Ich wünschte wirklich, daß ich an ihn schreiben könnte, um ihm von unserer Hütte zu erzählen. Von Jum-Jums und meiner. »Junge, Junge, was habe ich für eine großartige Hütte gebaut«, würde ich schreiben. »Junge, Junge, was habe ich doch für eine Hütte gebaut hier im Land der Ferne.«
Kümmern sich die Sterne darum,
wenn man für sie Musik macht?
Am nächsten Tag ritten wir wieder zu Nonno. Zuerst fanden wir ihn nicht. Aber endlich hörten wir hinter einem Hügel seine Flöte. Und dort saß er und spielte sich selbst etwas vor, während um ihn seine Schafe grasten. Als er uns sah, nahm er die Flöte von den Lippen, spuckte ein wenig, lachte und sagte: »Seid ihr wieder da?«
Man konnte ihm ansehen, wie sehr er sich freute, weil wir wiedergekommen waren. Wir holten unsere Flöten hervor, und dann spielten wir drei zusammen. Die Melodien wurden immer schöner, und ich wunderte mich, daß wir so herrliche Weisen erfinden konnten. »Wie schade, daß hier niemand ist, der hören kann, wie gut wir spielen«, sagte ich.
»Das Gras hört uns«, sagte Nonno. »Und die Blumen und die Winde und die Bäume hören, wie wir spielen, und die Weiden, die sich über die Bäche neigen.« »Tun sie das?« fragte ich. »Mögen sie es denn?« »Ja, sie mögen es sehr«, sagte Nonno. Wir spielten eine lange Zeit für Gras und Blumen und Winde und Bäume. Und doch fand ich es schade, daß kein Mensch da war, der uns hören konnte. Und wie ich das denke, sagt doch Nonno: »Wir können nach Hause gehen und meiner Großmutter etwas vorspielen, wenn du willst. Meiner Großmutter, bei der ich wohne.« »Wohnt sie weit weg?« fragte ich. »Ja, aber der Weg wird kürzer, wenn wir beim Gehen Musik machen«, sagte Nonno.
»Ja, ja, der Weg wird nicht lang! Wir müssen nur beim Gehen spielen«, sagte Jum-Jum. Er wollte gern zu Nonnos Großmutter nach Hause gehen, und das wollte ich auch.
In den Märchen gibt es immer alte freundliche Großmütter. Aber eine echte lebende Großmutter hatte ich noch nie gesehen, obwohl es doch sicher recht viele gibt.
Aber eine gesehen – nein, das hatte ich nie, und deshalb dachte ich, es müßte wunderbar sein, wenn wir hingingen und Nonnos Großmutter besuchten. Wir mußten Nonnos Lämmer und Schafe alle mitnehmen. Und Miramis. Eine richtige Karawane wurden wir. An der Spitze gingen Jum-Jum und Nonno und ich, dann folgten alle Schafe und Lämmer und als letzter Miramis. Er trottete langsam, beinah wie Kalle Punt. Wir zogen über die Hügel und bliesen auf den Flöten, während wir gingen. Die Lämmchen wunderten sich gewiß, aber sicher fanden sie es lustig, denn sie sprangen die ganze Zeit munter blökend um uns herum.
Als wir viele Stunden über die Hügel gewandert waren, kamen wir zu Nonnos Haus. Das war auch so ein Haus, wie man es in den Märchen findet, ein kleines, gemütliches Haus unter einem Strohdach, und davor blühte es von Flieder und Jasmin.
»Seid jetzt still, wir wollen Großmutter überraschen«, sagte Nonno. Ein Fenster stand offen, und man konnte hören, wie im Hause jemand beschäftigt war. Wir stellten uns in einer Reihe vor das Fenster, Nonno und Jum-Jum und ich.
»Jetzt fangen wir an«, sagte Nonno. »Eins, zwei, drei.« Da
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