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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott …«
    Doch plötzlich ließ ihn ein Funke zu seiner Rechten innehalten. Neben einem schwarzen Lieferwagen versuchte ein schlanker Mann mit Schnurrbart, eine Zigarette zwischen den Lippen, einem uralten Messingfeuerzeug eine Flamme zu entlocken. Als er merkte, wie ihn der Kreuzzügler anstarrte, schaute er auf.
    »Hallo«, sagte er, »können Sie mir vielleicht helfen?«
    Der Kreuzzügler gab keine Antwort. Die Zigarette schwenkend machte der Mann einen Schritt auf ihn zu.
    »Entschuldigen Sie, hätten Sie vielleicht Feuer?«
    Da der Kreuzzügler noch immer nicht reagierte, wiederholte er seine Bitte zuerst auf Hebräisch, dann Französisch. Schließlich sogar noch in gebrochenem Englisch. Endlich zog der Kreuzzügler seine Hand aus der Sportjacke, doch kaum hatte er sie in die Hosentasche gesteckt, trat der Schnurrbärtige einen weiteren Schritt vor und verpasste ihm einen Kinnhaken.
    Der Kreuzzügler landete bäuchlings auf dem Betonboden. Augenblicklich schwang sich sein Angreifer rittlings auf sein Kreuz und drückte dem nach Luft Schnappenden eine Pistole an den zur Seite gedrehten Kopf.
    »Ganz ruhig, Mr Travis«, sagte Mustafa, dessen Englischkenntnisse sich schlagartig verbessert hatten. »Der Einzige, den Sie jetzt noch töten können, sind Sie selbst, und dafür wird Ihr Jesus Sie nicht belohnen.«
    Die linke Hand in der Hosentasche gefangen, den rechten Arm schräg nach oben, atmete der Kreuzzügler tief durch, aber anstatt sich zu entspannen, verkrampfte er dann plötzlich, und sein Gesicht nahm einen noch tieferen Rotton an.
    »Keine …« Mustafa stockte, als er etwas roch. Rauch? Mit einem Schrei bäumte sich der Kreuzzügler unter ihm auf. Instinktiv drückte Mustafa ab, doch die Pistole versagte, und er wurde abgeworfen. Schnell rappelte er sich auf, aber der Kreuzzügler war ebenfalls schon auf den Beinen,etwas Blankes, Glänzendes in seiner Hand, und als Mustafa mit seiner Waffe ausholte, stieß er damit zu. Der Schmerz war scharf, gleichzeitig brennend und eisig, und Mustafas Schlüsselbein war plötzlich nass. Er ließ seine Pistole fallen und griff mit beiden Händen nach seinem Hals. Seine Knie gaben nach, und er fiel auf den Rücken. Nun stand der Kreuzzügler mit erhobenen Armen über ihm, ein Kabel führte von der linken Hand in seine Jacke. Dann nahm er seine Litanei wieder auf, jetzt mit lauterer Stimme, um die sich nähernden Schreie – »Halt! Fallen lassen!« – zu übertönen: »Und ich glaube an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünden, und ich erwarte die Auferstehung der To…«
    In diesem Moment fielen zwei Schüsse. Mustafa, dessen Gesichtsfeld sich bereits einzuengen begann, schaute noch gebannt zu, wie Travis einen Augenblick schwankte, während sein linker Daumen krampfhaft zuckte, bevor die Knie einknickten und die Leiche vornüber auf ihn fiel.
    »So Gott will«, flüsterte Mustafa noch, dann wurde es Nacht vor seinen Augen – doch nicht ganz, denn eine Frau in Zimmermädchenuniform, eine noch rauchende Pistole in der Hand, beugte sich über ihn und rief ihn bei seinem Namen.
    Das Nächste, woran sich Mustafa erinnerte, war, dass er in einem Krankenhausbett lag und seine Augen mit der Hand gegen das durchs Fenster hereinfallende Licht abschirmen musste, da gerade die Vorhänge aufgezogen worden waren. Während er geblendet die am Fußende des Bettes stehende dunkle Gestalt zu erkennen versuchte, durchfuhr ihn kurz der Gedanke, es könnte der Satan sein, doch das war natürlich Unsinn, denn der Satan war keine Lichtgestalt und schlich sich zudem von hinten an und flüsterte einem ins Ohr.
    »Hast du al-Jazira geschaut?«, fragte die Gestalt.
    Nein, es war definitiv nicht der Satan, nur sein Chef.
    »Hallo, Faruk«, krächzte Mustafa mit so heiserer Stimme, sodass er instinktiv nach seinem Hals tastete, an dem ein dicker Verband die Schnittwunde bedeckte.
    »Ich frage deswegen«, fuhr Faruk fort, »weil diese Fernsehjournaillen von al-Jazira sich in letzter Zeit angewöhnt haben, unsere Kreuzzügler als ›Mordattentäter‹ zu titulieren.« Er schüttelte den Kopf. » Mord -Attentäter … was soll das

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