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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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ihr.«
    Nach dem Frühstück kommt
er mit mir auf mein Zimmer, setzt sich auf einen Stuhl unmittelbar vor mich hin
und erklärt: »Mir schwebt vor, demnächst nach Kuwait zu fliegen. Der Verstorbene
erteilte mir ein Fetwa darüber!«
    »Der Verstorbene?«
    »Sarhan al-Buheri!« Er lacht kurz auf
und sagt dann ohne den geringsten äußeren Bezug zum Vorhergehenden: »Er wollte
mich mit einer seltsamen Logik von der Revolution überzeugen!«
    Da ich ihn fragend anschaue, fährt er
fort: »Er versicherte mir, es gebe keinen Ersatz für die Revolution als
entweder die Kommunisten oder die Muslimbrüder! Und glaubte, mich damit in die
Enge getrieben zu haben.«
    »Aber das ist vollkommen richtig«,
bekräftige ich überzeugt.
    Er lacht spöttisch und meint: »Nein, es
gibt noch eine dritte Lösung!«
    »Und die wäre?«
    »Amerika!«
    Zornig protestiere ich: »Amerika soll
uns regieren!«
    »Warum nicht?« entgegnet er mit
verträumter Ruhe. »Über die liberale Rechte!«
    Verärgert über seine Utopien, fordere
ich ihn auf: »Gehen Sie lieber nach Kuwait, bevor Sie den Verstand verlieren!«
    Die Zeitungen liefern uns
jetzt Nachrichten über das Verbrechen. Seltsame und widersprüchliche
Nachrichten. Mansur Bahi hat zwar den Mord gestanden, aber er hat niemanden von
seinem Motiv überzeugen können. Er hat gesagt, er habe Sarhan al-Buheri
getötet, weil der — seiner Meinung nach — es verdiente, getötet zu werden. Und
warum er es verdiente? Aufgrund niederträchtiger Eigenschaften und Verhaltensweisen,
die jedoch nicht auf ihn beschränkt seien. Und warum er gerade ihn ausgewählt
habe?
    Rein zufällig. Er hätte auch genausogut
jemanden anders wählen können. So gab er zur Antwort. Wer hat sich davon schon
überzeugen lassen! Hat der junge Mann den Verstand verloren? Oder gibt er vor,
den Verstand verloren zu haben?
    Der gerichtsmedizinische Bericht hat
festgestellt, daß der Tod durch das Öffnen der Schlagader des linken Arms mit
einem Rasiermesser eingetreten sei, nicht durch Fußtritte, wie der vorgebliche
Mörder gestanden hat. So ist es wahrscheinlich, daß der Tod durch Selbstmord
erfolgt ist, nicht durch einen Mord.
    Schließlich wird auch die Beziehung des
Toten zu einem großangelegten Versuch, Garn zu schmuggeln, aufgedeckt. Das
bestätigt den Selbstmordverdacht.
    Wir fragen uns, welche Strafe Mansur
Bahi wohl verdient. Ja, es kann wirklich nur eine leichte Strafe sein. Er wird
sein Leben weiterleben können.
    Aber wie muß ihm ums Herz sein? Was
wird er denken?
    Traurig sage ich: »Er ist ein
hervorragender junger Mann. Aber er leidet an einer uns unbekannten Krankheit.
Er muß sich von ihr kurieren lassen!«
    Da steht Zuchra vor mir,
wie ich sie bei der ersten Begegnung gesehen habe, aber viel trauriger. Die
letzten Tage haben mehr zu ihrer Reifung beigetragen als all die Jahre vorher.
Ich nehme ihr die Tasse aus der Hand und verberge meine Beklommenheit hinter
einem Lächeln.
    »Ich gehe morgen früh«, sagt sie, als
sei das ganz natürlich.
    Ich hatte versucht, Mariana dazu zu
bewegen, ihre Meinung zu ändern, aber sie blieb hartnäckig. Andererseits hatte
mir Zuchra gesagt, daß sie selbst dann nicht geblieben wäre, wenn Madame ihre
Ansicht geändert hätte.
    Wieder bekräftigt sie zuversichtlich:
»Ich werde es besser haben, als ich es hier hatte!«
    »Gott sei Dank!« entgegne ich herzlich.
    Sie lächelt sanft und verspricht mir:
»Ich werde Sie nie vergessen!«
    Ich bedeute ihr, sie möge näher zu mir
kommen, küsse sie dankbar auf die Wange und sage: »Ich danke dir, Zuchra!«
    Dann flüstere ich ihr zu: »Du kannst
sicher sein, daß deine Zeit hier nicht verloren war. Denn wer erkennt, wer
nicht für ihn taugt, weiß wie durch ein Wunder, was für ihn richtig und
wünschenswert ist!«
    Wie immer, wenn ich erregt bin, flüchte
ich mich zur Sure »Der Allerbarmer« und lese:
    Der
Allerbarmer lehrte dich
    Den
Koran zum Vortrage.
    Den
Menschen erschuf er
    Und
lehrte ihn die klare Sprache.
    Sonne
und Mond hieß er halten die Bahn.
    Sterne
und Bäume beten ihn an.
    Er
hob den Himmel und setzt ein die Waage,
    Daß
Ihr recht haltet das Gewicht
    und
nicht verkürzt die Waage!
    Die
Erde setzt er um des Menschen willen,
    Fruchtbäume
drauf und Palmen mit Fruchthüllen
    Und
Korn auf Halmen und duftende Basilien.
    Ihr
Menschen und Ihr Genien!
    Welche
Gnade Eures Herrn wollt Ihr verkennen?

Worterklärungen
    Abaya: Mantelartiger
Überwurf aus Wolle.
    Abuqir: Badeort nordöstlich von

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