Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
Nachricht habe. Darf ich hereinkommen?«
Susan wurde blaß. »Er ist doch nicht etwa tot?«
»Nein, nein. Aber er liegt im Krankenhaus.«
»Sind Sie gekommen, um mich zu ihm zu bringen? Könn- ten Sie mir das alles nicht auf dem Weg dorthin erzählen?« Miss Hopgood riß sich mit einiger Anstrengung zusammen. »Es ist wirklich schrecklich nett von Ihnen, mich zu benach- richtigen und zu bringen. Augenblick, lassen Sie mich nur meine Handtasche holen. Bin in einer Minute wieder da.«
Das wär’s also mit dem Überredungsversuch, sie solle nicht ins Krankenhaus kommen, dachte Daisy und wandte sich wieder zum Auto. »Miss Hopgood kommt mit zurück zum Krankenhaus«, sagte sie Bister.
Er salutierte. »Geht in Ordnung, Miss. Nur eine Frage: woll- ten Sie, daß ich dort noch warte? Denn ich muß noch ein paar Kartoffeln ausheben, wenn es welche zum Mittagessen geben soll. Die jungen Herren putzen richtige Unmengen weg.«
»Nein, Sie brauchen nicht zu warten.« Daisy war es nur recht, daß er gleich weiter mußte. Alec würde unmöglich von ihr erwarten, daß sie Susan einfach an der Schwelle des Kran- kenhauses absetzte. Wenn sie loszog, um Botts Zimmer zu suchen, wäre Bister schon auf dem Weg nach Hause. Ohne sie. Und keineswegs würde Alec Zeit damit verschwenden, sie nach Bulawayo zurückzubringen, bevor er Lord DeLancey befragte.
Sollte er das doch wollen, würde sie ihn daran erinnern, daß Horace Bott sich ihr schon einmal anvertraut hatte und daß er eventuell davon überzeugt werden könnte, dies noch einmal zu tun, wie zögerlich er sich auch gegenüber Sergeant Tring äußern mochte.
Susan eilte aus dem Haus, und Bister half ihr auf die Rück- bank im Humber neben Daisy, ehe er an seinen Platz hinter dem Steuer zurückkehrte. Obwohl es sicherlich eine neue Er- fahrung für sie sein mußte, daß ein Chauffeur ihr behilflich war, in ein elegantes Automobil zu steigen, war Miss Hopgood viel zu beunruhigt, als daß sie sich daran hätte freuen können.
»Ich bin wirklich dankbar, daß Sie gekommen sind, Miss Dalrymple, und nicht ein Polizist«, sagte sie, als der Humber losfuhr. »Was ist denn mit meinem armen Horace? Geht es ihm sehr schlecht?«
»Nicht gut, fürchte ich. Er ist verletzt – eine Kopfwunde.«
Daisy erinnerte sich an Alecs Ermahnung und erwähnte die Pistole nicht. »Ich weiß nicht, wieviel Blut er verloren hat, aber bei Kopfverletzungen ist das immer eine Menge. Außer- dem ist er in den Fluß gefallen und dabei fast ertrunken. Es kann ihm durchaus hervorragend gehen, wenn wir ihn gleich sehen. Andererseits sind alle möglichen schrecklichen Kom- plikationen nicht auszuschließen. Ich wollte nicht erst das Urteil der Ärzte abwarten, bevor ich Sie hole.«
»Der arme Horace.« Susans Lippen zitterten. Sie wirkte viel jünger, als ihre geradlinige, vernünftige Art sie sonst scheinen ließ, und außerdem ängstlich. Daisy nahm ihre Hand. »Er muß sich ja schrecklich schlecht fühlen.«
»Momentan fühlt er sich wohl gar nichts. Er ist immer noch ohnmächtig. Jedenfalls war er es, als ich losgefahren bin.«
»Ach so. Das … Das ist nicht so gut, oder? Aber er ist wirk- lich sehr, sehr durchtrainiert. Das wird doch sicherlich helfen, nicht wahr?«
»Bestimmt«, versicherte ihr Daisy.
»Wie ist das denn passiert? Hat er sich am Kopf verletzt, als er ins Wasser gefallen ist, oder wie kam das?«
Daisy zögerte. »Es tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Sie meinen eigentlich ›darf ich Ihnen nicht sagen‹, das merke ich doch. Sind die Coppers immer noch hinter ihm her? Was hat er denn angestellt?«
»Wahrscheinlich nichts. Alles ist im Moment sehr verwir- rend. Alec – mein Verlobter – ich hatte Ihnen doch erzählt, daß er ein Detective ist? – hat auch nicht die geringste Ahnung, was hier eigentlich vor sich geht«, sagte Daisy und leistete Alec im Geiste Abbitte.
Susan wirkte erleichtert. »Ihr Freund hat die Sache in die Hand genommen? Er wird ja nicht versuchen, alles so zu dre- hen, daß Horace etwas angestellt hat, wenn es einer von den oberen Zehntausend da auf Bulawayo war.«
»Bestimmt nicht!«
»Nein, Sie wären ja auch nicht in ihn verliebt, wenn er nicht anständig wäre. Ich bin froh, daß er den Fall untersucht. Mein armer Horace. Vermutlich hat es noch niemand seiner Mam und seinem Dad erzählt. Er ist ihr einziges Kind. Tante Flo wird bestimmt herkommen wollen, aber mit der Bahn dauert das ja ewig.«
»Tante? Ich wußte gar nicht, daß er Ihr Vetter ist.«
»Horace?
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